Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 526

 

Standort:

Heinz - Luhnen - Straße 17, D 41751 Viersen - Dülken

GPS:

5115' 20,5" N   06o 20' 12,1" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1935

Tag der Eintragung als Denkmal

12. Juli 2017

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Wohnhaus Arthus Baums

 

 

Denkmalbeschreibung:

Beschreibung
Das Wohnhaus Heinz-Luhnen-Straße 17 wurde 1935 nach einem Entwurf des während der Planung in Düsseldorf ansässigen Architekten Wilhelm Baums errichtet. Bauherr war Arthur Baums, Prokurist bei der Dülkener Zwirnerei Hoogen & Co. und ein Verwandter (Cousin) des Architekten.

Es handelt sich um ein freistehendes Wohnhaus, zweigeschossig auf quadratischer Grundfläche, mit Zelt- bzw. Pyramidendach (Hohlziegel) und einem kurzen Schornsteinkopf in der Spitze. Es ist von der Straße durch einen Vorgarten mit Einfriedungsmauer etwas abgerückt und fügt sich damit in die Reihe der freistehenden Wohnhäuser an der Heinz-Luhnen-Straße ein.

Die Außenwände des Hauses sind über ziegelverkleidetem Sockel weiß verputzt, mit Gliederungselementen vor allen an den Öffnungen, ebenfalls aus Ziegeln. Auffallend und charakteristisch ist, dass sich keine regelmäßigen oder symmetrischen Fenster- oder Türachsen finden, sondern die Öffnungen sind scheinbar „frei“ und mit unterschiedlichen, überwiegend liegenden bis hin zu band- und schlitzförmigen Formaten verteilt, zum Teil sogar – mit kleinen Eckpfeilern – um die Hausecken gezogen. Die Fenster haben stehende Binnenteilungen. Gestalterische Akzente setzen ferner dreieckige, als dünne Platten vorkragende und verklinkerte Eingangsverdachungen mit integrierten Leuchtkörpern.

Der in der Straßenfront rechts von der Mittelachse platzierte, etwas vorgezogene Hauseingang wird von breiten, lisenenartigen Ziegelverkleidungen flankiert und von einem durch vorstehende Ziegel streifig profilierten Sturz überfangen, so dass sich ein abstrahiertes Portalmotiv ergibt. Mittig über der Tür findet sich eine der dreieckig vorgezogenen Verdachungen, darüber ein schlitzartiges Oberlicht. Die Haustür aus Holz ist original, mit einem zentralen, stehenden Schlitzfenster. Eine fünfstufige Kunststeintreppe zwischen ziegelverkleideten, gerundeten Wangenmauern führt zu dem über Sockel leicht erhöhten Eingang hinauf. Das filigrane Metallgeländer der Treppe ist ebenso original wie – gemäß Befunduntersuchung – die rote Farbe, die sich auch an anderen Metallteilen (Einfriedungsmauer, Geländer Nebeneingang, Fenstervergitterungen) sowie als Begleitstrich an den dunkel gestrichenen Holzfenstern findet.

An das Eingangsgewände schließt sich nach links ein horizontales Ziegelband an, in das die Eckfenster links, mit einem kleinen Eckpfeiler, integriert sind. Sturz und Sohlbank sind mittels leicht vorstehenden Klinkern als Linien akzentuiert.

Die seitlichen und rückwärtigen Außenwände sind wie die Vorderseite verputzt mit entsprechend der Raumgestaltung im Inneren gesetzten Fensteröffnungen ohne starre Achsenteilungen, zum Teil auch mit größeren geschlossenen Wandflächen, die das kubische des Baukörpers betonen. An der Gartenseite ist außerdem die dem Ess-/Wohnzimmer vorgelagerte überdachte Terrasse prägend.

Die backsteinsichtige Einfriedungsmauer zur Straße besteht aus einem relativ hohen Sockel mit kleinen Pfeilerköpfen, zwischen die horizontal ein Metallstab gespannt ist. Eingangstor zum Hauseingang und das zweiflügelige Tor zur seitlichen Hofzufahrt (für eine nachträglich einzubringende Garage ?) sind ebenfalls als rechtwinklige Stabgitter ausgeführt. Der Zuweg zum Hauseingang liegt zwei Stufen erhöht über Straßenniveau und ist wie andere Wegflächen im Garten mit Bruchsteinplatten belegt.

Das Innere des Hauses ist um eine zentrale Diele mit seitlich rechts liegendem Treppenhaus herum organisiert, die über einen kleinen Windfang hinter dem Hauseingang zu erreichen ist. Die Diele wird vom Windfang aus indirekt belichtet mittels Durchfensterung der Zwischentür (liegende Teilung) und ein schmales liegendes Buntglasfenster mit rechtwinkligen Farbfeldern; der Windfang selbst erhält Licht durch das kleine Fenster der Haustür, das Oberlicht darüber und zusätzliche seitliche Schlitzfenster im Portalvorbau. Boden und Wand des Windfangs sind mit Natursteinplatten (Solnhofer Platten) verkleidet, ebenso der Boden in der Diele. Die hölzerne Treppe ist platzsparend gewendelt mit geschlossener Brüstung und farbig abgesetzten Stufen und Handlauf. Licht erhält das Treppenhaus durch liegende Schlitzfenster, die im Obergeschoss zu einer Dreiergruppe zusammengefasst sind. Unter der Treppe befindet sich an der rechten Außenwand ein Nebenausgang, der in die seitliche Zufahrt führt.

Neben der Diele besitzen die beiden Wohngeschosse jeweils drei Räume: das Erdgeschoss mit ursprünglich einem Wohn-/Herrenzimmer zur Straße, einem etwas größeren Ess-/Wohnzimmer zum Garten hin (mit Sitzecke im Essbereich und vorgelagerter überdachter Terrasse) und rechts daneben einer Küche. Annähernd entsprechend verteilt wurden im Obergeschoss Schlafzimmer und Bad angeordnet.

Beide Wohnzimmer im Erdgeschoss sind mit Parkettböden ausgelegt und erhalten durch die am Außenbau charakteristisch in Erscheinung tretenden, beiderseits eines kleinen Eckpfeilers „um die Ecke geführten“ Fenster Tageslicht, beim gartenseitigen Ess-/Wohnzimmer mit integrierter Terrassentür. Untereinander sind die beiden Wohnzimmer durch eine zweiflügelige Schiebetür verbunden.

Erhalten sind die bauzeitlichen Holzfenster mit zeittypischer Teilung und einem nach außen hin markanten, zweifarbigen (schwarz mit rotem Begleitstrich) Anstrich. Windfang und Diele, aber auch die weiteren Räume enthalten in außergewöhnlich vollständiger Weise originale Details und Elemente, die insgesamt das Raumbild entscheidend prägen. Hierzu zählen z.B. der eingebaute Briefkasten neben der Haustür, die Lichtschalter, die Türbeschläge mit modern gestalteten Drückern, Kleiderhaken mit mittig angebrachtem Spiegel an der Treppenhauswand in der Diele, die erhaltenen Zimmertüren samt Rahmen und in den Wohn- und Sanitärräumen Waschbecken, Wandfliesen oder auch ein eingebauter Wandtresor neben dem Bett im Schlafzimmer. Typisch für die platzsparende und praktische Raumorganisation auf nicht allzu großer Grundfläche sind auch die bauzeitlichen Einbauschränke vor allen im Obergeschoss und im für ein Mädchenzimmer (mit Waschgelegenheit und Einbaubett) ausgebauten Dachgeschoss.

Die dem Ess-/Wohnzimmer vorgelagerte Terrasse ist überdacht und allseitig mit einer halbhohen Brüstung geschlossen; ein Treppenabgang führt in den in Art eines „Senkgartens“ niedriger gelegenen Garten. Dieser ist in seiner leicht aufgelockerten geometrischen Struktur ebenfalls original erhalten und wird bestimmt von einer zentral angeordneten Rasenfläche mit einem umlaufenden Bruchsteinplattenweg, der als Fläche auch der Terrasse vorgelagert ist und in den seitlich am Haus vorbeiführenden Durchgang übergeleitet ist. Kleine Kantsteine oder Mäuerchen begleiten den Weg und grenzen insbesondere rückwärtig eine wieder leicht erhöht liegende Pflanzzone ab.

Begründung des Denkmalwerts
Als Bestandteil der Reihe architektonisch hochwertiger Bauten an der Heinz-Luhnen-Straße und ehemaliges Wohnhaus eines leitenden Angestellten eines bekannten Industriebetriebes in Dülken ist das Haus Heinz-Luhnen-Straße 17 bedeutend für Viersen. Seine qualitätvolle Gestaltung in einer für seine Zeitstellung ungewöhnlichen, aus der Entstehungsgeschichte jedoch ableitbaren Formensprache ist außen und innen in den wesentlichen Elementen substanziell anschaulich erhalten. An der Erhaltung und Nutzung dieses intakten Zeugnisses des Bauens der 1930er Jahre, von der Hand eines anspruchsvollen Architekten besteht daher aus künstlerischen und wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Im Zusammenhang der Heinz-Luhnen-Straße mit ihrem Ensemble hochwertiger freistehender Wohnhäuser überwiegend der 1920er Jahre kommen städtebauliche Gründe hinzu. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal.

Bedeutung für Viersen
Das Wohnhaus Heinz-Luhnen-Straße 17 ist bedeutend für Viersen, da es hinsichtlich Gestaltung und Erhaltung ein herausragendes bauliches Zeugnis der Architektur und Wohnkultur der 1930er Jahre in der Stadt ist, nach jetzigen Kenntnisstand wohl das am besten erhaltene im Stadtgebiet. Es dokumentiert daher in hohem Maße einen gehobenen Wohn- und Lebensstil, wie er innerhalb des in der entwickelten Dülkener Industrie tätigen Bürgertums durchaus verbreitet gewesen sein dürfte. Seine Gestaltung, die zwischen dem modernen Bauen der 1920er Jahre und dem konservativeren Stil der 1930er Jahre changiert, ist für die Baugeschichte in Dülken und Viersen, aber auch weit darüber hinaus für die Architekturgeschichte von großem Interesse.

Von Bedeutung für das Stadtbild von Viersen-Dülken ist das Haus ferner als integraler Bestandteil der Heinz-Luhnen-Straße. Die Heinz-Luhnen-Straße war im Stadtbauplan von 1894 (Stadtbaumeister Ulrich) als Victoriastraße bereits vorgesehen. Erst 1919 jedoch wurde der Bereich zwischen Friedrichstraße und Viersener Straße als Hindenburgstraße angelegt. Sie ist die geradlinig direkte Verbindung von Stadtkern und Bahnhof. Im Gegensatz zum Beispiel zu der benachbarten Friedrichstraße mit ihrer gründerzeitlichen Reihenbebauung ist die heutige Heinz-Luhnen-Straße in diesem ab 1919 entstandenen Abschnitt geprägt durch eine aufgelockerte Bebauung freistehender Wohnhäuser, zum Teil gehobenen Anspruchs. Das Haus Heinz-Luhnen-Straße 17 ist integraler Teil dieser charakteristischen Bebauung.

Künstlerische Gründe für die Erhaltung und Nutzung
Es handelt sich um einen qualitätvoll durchgestalteten Architektenentwurf, der geschickt und ansprechend Stilelemente des Neuen Bauens (kubische Grundform, Proportion und unregelmäßige Verteilung der Öffnungen, das heißt Auflösung von Symmetrien und Achsen; weißer Verputz) und des Backsteinexpressionismus (Ziegelgliederungen am Außenbau, dreieckige Verdachungen; Farbigkeit bei Fenstern und Metallelementen; Lichtführung im Inneren) einbindet in eine durchaus traditionalistische Grundkonzeption des freistehenden Einfamilienhauses mit Steildach.

Wissenschaftliche Gründe für die Erhaltung und Nutzung
Aufgrund seiner eigenwilligen Gestaltung und der praktisch vollständigen Erhaltung seiner ursprünglichen Merkmale ist das Haus ein sehr aussagefähiges Zeugnis der Architektur der 1930er Jahre und für die Baugeschichte daher von großem Interesse. Es zeugt allgemein von Baustil und Wohnkultur dieser Zeit, doch ist es dabei für seine Bauzeit 1935 sehr ungewöhnlich gestaltet und zumindest im Äußeren selbst für sachkundige Experten nur schwer zu datieren. Es zeigt daher, dass trotz zunehmender stilistischer und formaler Vereinheitlichung unter den Bedingungen des Nationalsozialismus offensichtlich auch noch individuelle Lösungen möglich waren, zumindest im privaten Wohnhausbau. Hätte das Haus kein Zeltdach, das es in dieser Hinsicht zur zeittypischen „Kaffeemühle“ (Spottbegriff für die seinerzeit modischen zweigeschossige Häuser auf annähernd quadratischer Grundfläche mit allseitig abgewalmten Dachflächen) macht, sondern wäre flach gedeckt, wäre es ohne weiteres auch in die Hochphase der Moderne in der Weimarer Republik datierbar.

Originalität und Qualität der Gestaltung legen auch nahe, dass es sich um den Entwurf eines ambitionierten und beachtlichen Architekten handelt, was von den bislang über ihn bekannten Fakten und Bauten durchaus unterstützt wird. Wilhelm Baums wurde 1896 in Goch geboren, als Sohn des dort bekannten Lehrers und Gründers des Gartenbau- und Verschönerungsvereins der Stadt, Karl Baums, der selbst aus Dülken gebürtig war. Wilhelm Baums tritt ab der zweiten Hälfte der 1920er Jahre in der durch ihre Industrie durchaus dynamischen Stadt Goch mit zahlreichen Neubauten, meist Wohn- oder Wohn-/Geschäftshäusern im Stil der traditionalistischen Backsteinarchitektur in Erscheinung. Über Goch hinaus gehendes Aufsehen fand er um 1930 mit seinem Siegerentwurf im Wettbewerb für ein Mädchengymnasium in Goch (nicht ausgeführt) und einem Geschäftshaus am Markt, beide zwar ortsüblich klinkerverkleidet, jedoch in konsequent kubischer, das „Neue Bauen“ der Moderne aufnehmender Gestalt. Insbesondere das Haus am Markt fand in Fachkreisen wegen seiner innovativen Haltung und seiner experimentellen Konstruktion als Stahlskelettbau wohlwollende Beachtung, erregte vor Ort jedoch die Gemüter, da es auf die benachbarten frühneuzeitlichen Giebelhäuser des Gocher Marktes formal keine Rücksicht zu nehmen schien. 1932 verzog Baums nach Düsseldorf, ob aus privaten Gründen, wegen schlechter Auftragslage in Goch oder um stärker an progressiven Architekturentwicklungen teilzunehmen, ist anhand der Quellenlage bis jetzt nicht zu klären. Es sind dort allerdings auch keine weiteren Bauten von Baums bekannt, wobei die Weltwirtschaftskrise in jener Zeit das Bauwesen auch weitgehend zum Erliegen gebracht hatte. 1935 hat sich Wilhelm Baums dann von Düsseldorf nach Dülken abgemeldet, wo er das Haus in der Heinz-Luhnen-Straße für seinen Cousin errichten konnte. 1938 ist er von hier aus in die ostpreußische Kreisstadt Gumbinnen verzogen.

Zusammen mit dem Entwurf für das Mädchengymnasium und dem Geschäftshaus am Markt in Goch belegt das Wohnhaus in Dülken, dass es sich bei Wilhelm Baums um einen Architekten gehandelt haben muss, der dem Bauen der Moderne gegenüber aufgeschlossen und bestrebt war, dieses auch im kleinstädtischen Rahmen und unter widrigen Verhältnissen umzusetzen.

Städtebauliche Gründe für die Erhaltung und Nutzung
Das Wohnhaus Heinz-Luhnen-Straße 17 ist zudem von städtebaulicher Bedeutung als fester Bestandteil der Folge von freistehenden Wohnhäusern gehobener Qualität an der Heinz-Luhnen-Straße, die der Straße zwischen Innenstadt und Bahnhof ein charakteristisches und wertvolles Gepräge geben.

Das Wohnhaus Heinz-Luhnen-Straße 17 ist einschließlich Einfriedigung und Garten ein Baudenkmal gemäß §2 Denkmalschutzgesetz NRW. Es ist bedeutend für Viersen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht aus künstlerischen, wissenschaftlichen und städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse.

Quellen und Literatur
Bauakte / Materialsammlung der Stadt Viersen / Untere Denkmalbehörde
Denkmalinformationssystem BODEON im LVR-ADR
Dipl.-Ing. W. Baums, Architekt, Goch. Werbeschrift des Architekten, um 1930 (Stadtarchiv Goch)
http://www.goch.de/de/inhalt-4/karl-baums/