Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 520

 

Standort:

Barionstraße 16 - 16a, D 41751 Viersen - Süchteln

GPS:

5115' 45,7" N   06o 19' 17,8" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1929-30

Tag der Eintragung als Denkmal

1. Dezember  2015

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

St. - Josef - Wohlfahrtsheim

 

    

Denkmalbeschreibung:

Geschichte
Das ehemalige St.-Josef-Wohlfahrtsheim, auch genannt „et klösterke“, wurde 1929/30 am östlichen Rand der „Kircheninsel“ von Dornbusch errichtet. Bauherr war die Katholische Pfarrgemeinde, vertreten durch den bekannten Pfarrer Wilhelm Barion. Der Entwurf stammt von dem Architekten und Bauunternehmer Leonhard Palm aus Breyell.

Beschreibung
Es handelt sich um ein mit dem Eingang zur Kirche hin gerichtetes, zweigeschossiges Gebäude auf annähernd quadratischer Grundfläche mit einem eingeschossigen, winkelförmigen Anbau rückwärtig nach Osten, zur Straße hin leicht über die Flucht hinaustretend und mit einem Nebeneingang im Winkel. Die Außenwände sind einheitlich klinkerverkleidet, das abgeschleppte Walmdach des zweigeschossigen Teils kragt deutlich hervor (Unterseite verbrettert). Der eingeschossige Teil ist flach gedeckt; seine Dachfläche war ursprünglich als „Liegehalle“ (vermutlich mit einer Pergola-Überbauung) konzipiert. Aus dem Anbau ragt ein Schornstein nach oben, der die ehemals darunter befindlichen Küche und Spülraum des Josefsheims markiert.

Die Außenwände sind als Lochfassaden mit glatt eingeschnittenen Öffnungen gestaltet, belebt vor allem durch die lebendigen Materialwirkungen des Backsteins/ Klinkers. Variierte Versatztechniken finden sich insbesondere an Fensterstürzen und -brüstungen sowie am seitlich mit Blick zur Kirche angeordneten Hauseingang, hier mit nach innen gerundetem Gewände und einem gemauerten Kreuzrelief darüber. Hervorzuheben sind ferner die beinah schon plastisch durchgestalteten Backstein-Brüstungsmäuerchen auf dem eingeschossigen Anbau (ehemals Liegehalle).

Die Öffnungen sind im Prinzip regelmäßig und achsensymmetrisch in den Wänden verteilt; die Straßenseite weicht hiervon jedoch insofern ab, als hier im Erdgeschoss eine Gruppe von fünf miteinander verbundenen schlanken Lanzettfenstern die ehemals dahinter befindliche Hauskapelle markiert (das links daneben befindliche Fenster wurde nachträglich eingebaut). Wichtig für das Erscheinungsbild sind auch die an vielen Fenstern vorhandenen Fensterläden.

Das Innere ist an die Bedürfnisse eines zweiteiligen Wohnhauses hin angepasst, wesentliche Merkmale des Ursprungsbaus sind aber erhalten. Neben den beiden Eingängen zählt dazu in der Grundrissorganisation v.a. die Erschließung durch einen Mittelflur, den man durch den Haupteingang mit einer durchfensterten zweiflügligen Haustür aus Holz mit Oberlicht betritt. Die originale hölzerne Treppe besitzt zeittypisch weitgehend geschlossene Brüstungen mit leicht abgesetztem Handlauf. Erhalten sind ferner alte Dielenböden und Rahmenfüllungstüren. Die Fenster sind erneuert, die liegende Sprossenteilung kommt aber dem Original nahe.

Denkmalwertbegründung
Das ehemalige Josefsheim ist als eine langjährige karitative öffentliche Einrichtung bedeutend für die Stadt Viersen, Ortsteil Süchteln-Dornbusch, dessen ab 1855 (Bau einer Kapelle) entstandene „Kircheninsel“ außerdem in hohem Maße durch die hier auf engem Raum befindlichen kirchlichen Einrichtungen und Häuser - Kirche, Pfarrerwohnung, Küsterwohnung, Josefsheim – geprägt ist.

Zur Geschichte und Funktion des Hauses heißt es in der Pfarrgeschichte: „Herr Pfarrer Barion wünschte und plante schon seit langer Zeit eine Schwesternstation für seine Gemeinde Dornbusch. 1929 nahm er Kontakt auf mit dem Mutterhaus der Kongregation der Schwestern der Christlichen Liebe in Paderborn und bat um Schwestern. Laut Vertrag vom 01.08.1929 wurden ihm 4 Schwestern für Mai 1930 zugesagt. Bereits am 08.09.1929 fand die Grundsteinlegung des Neubaues eines Schwesternheimes statt und am 19.03.1930 wurde das Haus schon eingeweiht. Das Heim wurde unter den besonderen Schutz des hl. Josef gestellt und daher ‚St. Josefsheim’ benannt. Seit dem 02.07.1930 wurde das Allerheiligste in der kleinen Hauskapelle aufbewahrt. Am 22.05.1930 kommen die ersten 4 Schwestern in Dornbusch an. Sie leiteten das St. Josefsheim vom 22.5.1930 bis 30.09.1965. – Von 1930 bis 1965 führten die Schwestern eine ambulante Krankenpflege und Nachtwachen in Dornbusch und den dazugehörenden kleinen Ortschaften durch. (…) Von 1930 bis 1965 wird das St. Josefsheim als kleines Altenheim geführt. Im Oktober 1930 wird die erste Frau als Dauergast aufgenommen und damit der ‚Grundstein’ für ein kleines Altenheim gelegt, das sich in der Folgezeit durch weitere Aufnahmen bis auf 12 Altenheimplätze erweiterte. Von 1931 bis 1950 wird das Heim zusätzlich auch als kleines Erholungsheim genutzt das heißt: Nicht belegte Altenheimplätze und einige andere Zimmer des Hauses wurden für Ferien- und Erholungsplätze zur Verfügung gestellt. Von 1931 bis 1938 wurden auch organisierte Müttererholungen durchgeführt, so dass das St. Josefsheim schon bald ein beliebtes Erholungsheim war.“ Weitere Nutzungen neben Einquartierungen in und nach dem Zweiten Weltkrieg waren eine Handarbeits- und Nähschule (1930-63) und hauswirtschaftliche Kurse, Exerzitien, Betreuung von Diaspora-Kommunionkindern usw. Mit Errichtung eines neuen großen Altenheims in Anrath 1964/65 endete die Tätigkeit der Schwestern in Dornbusch.

In architekturgeschichtlicher Hinsicht handelt sich um ein gut erhaltenes Zeugnis der Architektur der 1920er Jahre, durchaus zeittypisch in der Verbindung moderner Elemente wie der lebendigen, dekorativen Gestaltung mithilfe der Materialeigenschaften des Backsteins/ Klinkers (Farbe/Versatz) mit traditionellen Elementen wie der konventionellen geschlossenen Grundform des Baukörpers einschließlich Steildach (zeitgenössisch bisweilen spöttisch als „Kaffeemühle“ bezeichnet). Typologisch interessant ist die spezifische Ausprägung für den Zweck als „Wohlfahrtshaus“ (so die Bezeichnung im Bauantrag), insbesondere durch den eingeschossigen Anbau, der im Inneren Wirtschaftsräume enthielt und vor allem auf seinem Dach eine „Liegehalle“, was modernen Erkenntnissen zu Hygiene und Therapie durch Frischluft und Sonne entsprach und vielfach im Heilstättenbau (Sanatorien, Krankenhäuser) zur Anwendung kam. Die Gründung eines „Wohlfahrtshauses“ kommt unter diesem Namen in den 1920er Jahren häufiger vor, was für die Sozialgeschichte der staatlichen oder kirchlichen Fürsorge in diesen wirtschaftlich instabilen Zeiten interessant ist (klosterähnliche Häuser zur Alten-, Armen – oder Krankenbetreuung sind natürlich ein wesentlich älteres Phänomen); für die architekturgeschichtliche Forschung dieser Einrichtungen sind auch kleine Einrichtungen wie jene hier in Dornbusch als Dokument von wissenschaftlichem Interesse.

Der Planverfasser des Hauses, Leonhard Palm (1878-1953), zählte zur Bauzeit zu den in der Region meistbeschäftigten Bauunternehmern. Er betrieb seit ca. 1910 sein Baugeschäft „L. Palm“ in Breyell, seine Gattin stammte aus Rennekoven, das ja zur Pfarrei Dornbusch gehörte. Sein Sohn Willy Palm führte als Architekt das Geschäft nach 1945 weiter.

Das ehemalige Josefsheim, Barionstraße 16/16a in Dornbusch ist bedeutend für Viersen. Seine Erhaltung und Nutzung liegt aus den genannten wissenschaftlichen (architektur-, sozial- und ortsgeschichtlichen) Gründen im öffentlichen Interesse. Es handelt sich daher gemäß §2 Denkmalschutzgesetz NW um ein Baudenkmal.

Quellen/ Literatur
·      Materialsammlung (Bauakte) Stadt Viersen, Untere Denkmalbehörde
·      Denkmalinformationssystem BODEON im LVR-ADR / Sammlung des Verfassers
·      Zur Erinnerung an die Einweihung der Mariahilf-Kirche in Dornbusch am 22. August 1892, Viersen 1992, Seite 108-114.
·      Josef Funken: Breyell – aus der Geschichte. Nettetal 1980, Seite 286 (zum Baugeschäft Palm)