Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 517

 

Standort:

Bismarckstraße 19, D 41751 Viersen

GPS:

5115' 44,9" N   06o 22' 59,5" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1924

Tag der Eintragung als Denkmal

5. Oktober  2015

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Wohnhaus Josef Freihoff

 

 

Denkmalbeschreibung:

Geschichte
Das Haus Bismarckstraße 19 wurde 1924 durch den Architekten Josef Felix Friedrich Freihoff als Wohnhaus für sich und seine Familie errichtet. Die heutige Bismarckstraße bestand als Weg schon Ende des 19. Jahrhunderts, zur Wohnstraße ausgebaut wurde sie aber erst in den 1920er Jahren. Sie verlängerte damit die bereits existierende Florastraße zwischen Süchtelner und Rahserstraße und trug zunächst auch ihren Namen, bevor sie 1933 umbenannt wurde. Von der Süchtelner Straße kommend wurde zunächst auf der rechten Seite (ungerade Hausnummern) gebaut. Die linksseitige Bebauung ist demnach bedeutend jünger.

Beschreibung
Das zweigeschossige Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss ist ein freistehendes Gebäude und liegt, wie in der Bismarckstraße üblich, etwas zurückgesetzt von der Straße. Es hat ein tiefgezogenes, das Erscheinungsbild prägendes Giebelmansarddach. Drei Fassadenseiten sind verklinkert; lediglich die Rückseite ist verputzt. Die verklinkerten Wände sind im Blockverband gemauert. Bei diesem Mauerverband wechseln sich Binder- und Läuferschichten ab. Dabei sind die Läufer gegenüber den Bindern um einen halben Kopf versetzt eingebaut. Im Blockverband wird jede Stoßfuge in der darunter und darüber liegenden Schicht verdeckt.

An der linken Seite des Hauses ist ein schmaler, zurückgesetzter Anbau angeordnet, in dem sich der Hauseingang befindet. Dieser liegt frontal zur Straße und ist über vier Stufen aus Werkstein zu erreichen. Der verputzte Sockel des Hauses ist bündig mit der obersten Stufe ausgebildet. Der hölzerne Ortgang der giebelständigen Fronten ist plastisch konturiert. Die Holzverkleidung hat dezente Schmuckelemente am Traufabschluss. Eine vorspringende Ziermauerung befindet sich an den Gebäudeecken und rahmt das Haus ein. Die Fenster in der straßenseitigen Fassade sind symmetrisch angeordnet. Sie besitzen sowohl im Erdgeschoss, als auch im Obergeschoss Schlagläden aus Holz. Als gestalterische Besonderheit sind die gemauerten Rundbögen über den Erdgeschossfensteröffnungen zu sehen. Jedes Fensterbrett wird optisch durch eine Reihe von vorspringenden Ziegelköpfen hervorgehoben. Während die Fenster im Erdgeschoss ursprünglich zwei Schiebefenster mit ungeteilter Scheibe sind, finden sich im Obergeschoss drei zweiflüglige Sprossenfenster.

Über dem Eingang sind die Klinker in Anlehnung an den Dreiecksgiebel im 45° Winkel gesetzt. In der originalen Haustüre aus Holz ist ein liegend ovales Fenster mit Sprossung eingesetzt. Die dezenten Verzierungen der Tür erinnern an Jugendstilmotive. Ein einfaches Rundbogenoberlicht ist über der Eingangstür ausgebildet. Die schmiedeeiserne Rankenhilfe in Rundbogenform und die als Laterne gestaltete Eingangsbeleuchtung fügen sich problemlos in das Gesamtbild ein. Auch das Türschloss aus Messing mit seinem besonderen Schließmechanismus ist noch im Original erhalten. Seitlich im Anbau befinden sich drei kleine Sprossenfenster, welche in diagonalem Muster vergittert sind. Unter diesen Fenstern ist ebenfalls eine vorspringende Binderreihe ausgebildet. Am hinteren Ende des Anbaus befindet sich eine Mauer, mit der ein hölzernes Tor eingefasst ist, durch welches man in den Garten gelangt.

Nach vorne zur Straße schließt die ursprüngliche Einfriedung das Grundstück ab. Der Mauersockel ist mit einem Ziergitter versehen und zwischen zwei Mauerpfeilern befindet sich ein zweiflügliges Tor (stilgleich dem Gitter), welches zur Eingangstüre führt. Wie die Fassaden ist auch die Einfriedungsmauer im Blockverband gemauert. Zwischen den Gitterstäben finden sich dezente Schmuckelemente in Kreisform.

Die Fenster in der weiß verputzten, rückwärtigen Fassade sind asymmetrisch angeordnet. Zwei der Fenster im Obergeschoss sind als zweiflüglige Sprossenfenster ausgebildet. Auch die Hintertür weist eine Sprossenoptik auf. Das Küchenfenster links neben der Hintertür ist sogar vierflüglig. Die übrigen Fenster sind einfach ausgeführt, eines davon als Rundbogenfenster. Sowohl die Türöffnung, als auch die Fensteröffnungen sind mit schmalen, gestrichenen Rahmen, teils mit ornamentierter Verdachung, farbig von der verputzten Wand abgesetzt. Das gleiche gilt für den hölzernen Ortgang. Der Garten ist über vier Stufen zu erreichen. Das Geländer, welches den Abgang auf beiden Seiten einfasst, ist aus dünnen Metallrohren gefertigt und im Original erhalten.

Im schmalen  Eingangsbereich befindet sich die originale Wandfliesung, welche ca. 1,20 m hoch ausgebildet ist. Als Besonderheit ist die Anordnung der Treppe zu sehen, welche sich im Wohnbereich befindet und nicht im Eingangsflur. Es handelt sich um die originale Holztreppe, welche gerade und dreiläufig mit gleichsinnigem Richtungswechsel ausgebildet ist. Der erste Treppenpfosten hat eine besondere, gestalterische Form, welche jugendstilhaft anmutet. Der vom Erdgeschoss aus sichtbare Teil der Geländerbrüstung ist geschlossen; erst später sind schlichte, runde Treppenpfosten zu finden, welche sich jeweils nach oben und unten leicht verjüngen. Der Handlauf weist eine leichte Profilierung auf, ist darüber hinaus allerdings nur farbig vom Rest des Treppengeländers abgesetzt. Die Trittstufen sind nicht farbig gestrichen und sorgen so für einen Kontrast. Die Decke im Wohnbereich weist mit ihren farbig gestrichenen Unterzügen noch eine gestalterische Besonderheit auf. Außerdem findet sich in der Mitte des Wohnbereiches eine Kaminstelle. Ein Großteil der ursprünglichen Rahmenfüllungstüren aus den 1920er Jahren ist noch vorhanden, ebenfalls wie ein Wandschrank im Obergeschoss. Die Türlaibungen weisen eine leichte Profilierung auf.

Architekt und Bauherr
Josef Felix Friedrich Freihoff wurde am 05. März 1896 in Meckendorf, Gelsenkirchen geboren. Am 09. Februar 1922 zog er nach Viersen, wo er seine erste Ehefrau Theresia Maria Tacke kennenlernte. Am 20. August 1924 heiratete das Paar. Im gleichen Jahr begann Josef Freihoff mit dem Bau des Wohnhauses auf der Bismarckstraße. Er war Architekt und Bauingenieur und führte zusammen mit Gustav Rutsch die Firma Freihoff & Rutsch, Hoch-, Tief- und Eisenbeton-Baugeschäft. Der Firmensitz war auf der Große Bruchstraße 44.

Neben seinem Wohnhaus, welches Freihoff für sich und seine Familie geplant und errichtet hat, lassen sich ihm noch folgende Bauten zuordnen: als ausführender Bauunternehmer realisierte er 1928/29 den Entwurf der Architekten Paul Sültenfuß und Kuno Seidel aus Düsseldorf für das Pfarrhaus der katholischen Kirche St. Notburga. Desweiteren baute er 1930 die Turnhalle auf der Wilhemstraße 12 um. 1935 plante er die St. Konradkapelle in Neersen, Willich auf dem Grenzweg.

Das Ehepaar Freihoff bekam zwischen 1926 und 1934 drei Töchter. Aus der Melderegisterkarte ist ersichtlich, dass er am 6. April 1936 nach Düsseldorf ging, auch in der Gewerbekartei ist dieses Datum als Abmeldedatum eingetragen. Spätestens 1956 siedelte er dann nach Castrop-Rauxel über. Auch dort war er weiterhin als Architekt und Bauunternehmer tätig. Zusammen mit Karl Schmitt war er Inhaber der Ziegel- und Beton-Werke GmbH in Castrop-Rauxel.

Seine erste Frau starb schließlich am 29. März 1958. Am 18. März 1959 ging Josef Freihoff mit Hedwig Friederike Rinckenberg in Recklinghausen seine zweite Ehe ein. Am 26. Oktober 1972 verstarb Josef Felix Friedrich Freihoff in Dortmund.

Bewertung
Bei dem Wohnhaus Bismarckstraße 19 handelt es sich um ein in bemerkenswerter Weise erhaltenes Beispiel eines Wohnhauses gehobenen Anspruchs der 1920er Jahre. Das Gebäude kann als eine Art des Landhauses gesehen werden, welches sich ganz stark an traditionalistische, durchaus biedermeierliche Formen anlehnt. Dies lässt sich im Äußeren besonders durch das niederrheinische Material Backstein und das große, tiefgezogene Giebelmansarddach erkennen. Besonders wird dies im Inneren des Hauses beim Wohnraum mit seiner stiegenartigen Treppe und der Kaminstelle sichtbar. Dort werden die traditionellen Bauernhausformen ziemlich exakt übernommen und teilweise etwas abgewandelt.

Vergleicht man das Haus Bismarckstraße 19 beispielsweise mit dem Haus Bismarckstraße 13, welches im gleichen Jahr erbaut wurde, so werden zwei völlig unterschiedliche architektonische Haltungen deutlich. Außerdem ist der eher volkstümliche Traditionalismus, bis hin zum aus dem traditionellen Bauernhaus entlehnten Wohnraum, hervorzuheben. Das Haus Bismarckstraße 5/7, welches ein Jahr später gebaut wurde, tritt zwar auch sehr traditionell auf, ist in seiner Erscheinung allerdings eher herrschaftlich-würdevoll.

Als qualitätsvoll gestaltetes Wohnhaus eines bekannten Bauunternehmers der 1920er Jahre ist das Haus Bismarckstraße 19 einschließlich seiner Einfriedungsmauer bedeutend für Viersen. An Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen, hier architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Es ist daher gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz NRW ein Baudenkmal.

Quellen
-     Bauakte der Stadt Viersen
-     Stadtarchiv Gelsenkirchen
-     Amtsgericht Viersen
-     Adressbuch Viersen, Dülken, Süchteln, Kaldenkirchen 1930/31
-     Einwohner-Adressbuch für die Städte Viersen, Dülken, Süchteln 1936 und 1950