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Denkmale in der Stadt Viersen |
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Lfd. - Nr. 511 |
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Standort: Friedhof Löh, Block 11, Grabstelle 1054 - 1059d, D 41751 Viersen GPS: 51o 15' 11,7" N 06o 22' 57,9" O Zuständigkeit: Privat Baujahr: 1902 Engel 1911 Grabanlage Tag der Eintragung als Denkmal 16. Januar 2013 Quellenhinweis: Beschreibung der Denkmalbehörde
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Grabstätte Familie Joseph Heckmann in Viersen
Der Grabstein Heckmann steht auf der Rückseite der Grabanlage
Denkmalbeschreibung: Geschichte Im Mittelalter wurden die
Toten direkt neben der Kirche auf den Kirchhöfen bestattet. Diese
unmittelbare Nähe der Kirche sollte auch die Nähe zu Gott
symbolisieren. Mit schwindendem Einfluss der Kirche und dem Sieg der
Aufklärung gewann die Sorge um die Gesundheit der Lebenden und den
damit verbundenen hygienischen Erwägungen mehr Gewicht als die Sorge um
das Seelenheil der Toten. So führten die Missstände auf dem
katholischen Friedhof an der Pfarrkirche Remigius – üble Gerüche,
Mehrfachbestattungen in einem Grab – sowie auf dem evangelischen
Friedhof hinter der Kreuzkirche – Trinkwasserbelastung – dazu, dass
1866 ein kommunaler Friedhof an der Löh angelegt wurde. Bei der Gestaltung bevorzugt
man „Parkfriedhöfe“, die Landschaftsgärten nachempfunden wurden.
Der Viersener Friedhof ist dafür ein schönes und gutes Beispiel. Die gärtnerische
Nachahmung der Natur dient der Beförderung der Vorstellung, dass der
Hingeschiedene in den Schoß der Natur zurückkehrt. Er bleibt nicht bei
den Lebenden, wie auf den mittelalterlichen Friedhöfen, sondern wird
der Erde zurückgegeben, von der er genommen war. Den beiden großen
Konfessionen trug man bei der Anlage des Friedhofs Löh Rechnung, in dem
man zwei Friedhofskapellen errichtete und dem jeweiligen Leichenzug
einen separaten Zugang auf den Friedhof durch ein repräsentatives Tor
ermöglichte. Unmittelbar an den Friedhofskapellen finden sich auf großen
Grabstätten mit meist imposanten Grabsteinen die wichtigen Familien und
Persönlichkeiten, die die Stadt Viersen in wirtschaftlicher,
politischer, gesellschaftliche und/ oder kirchlicher Hinsicht prägten. Beschreibung In unmittelbarer Nähe der
katholischen Friedhofskapelle auf dem Friedhof Löh, dem Hochkreuz und
der Priestergruft steht auf einem ca. einen Meter hohen mehrfach
gestuften Sockel aus schwarzen schwedischen Granitplatten ein Sarkophag
aus dem gleichen Material. Dieser ruht an allen seinen vier Ecken auf mächtigen
Pranken aus Bronze, die Raubkatzenpfoten imitieren. Ihre Krallen sind
deutlich zu erkennen. Über ihn beugt sich, mit der rechten Hand einen
Palmzweig auf dem Sargdeckel legend, ein lebensgroßer, naturalistisch
gearbeiteter Grabengel aus Bronze. Sein linker Arm liegt angewinkelt am
Körper an. Das bodenlange, fließende Gewand mit reichlichem Faltenwurf
legt sich mit seinem Saum über einen Teil des gestuften Sockels. Die
Tunika hat einen rechteckigen Halsausschnitt, deren umfassende Borte
rundum mit erhabenen Sternen geschmückt wird. Sein linkes Bein ist
angewinkelt und steht auf der obersten Stufen. Sein nackter Fuß schaut
unter dem Gewand hervor. Sein linkes Bein ist leicht nach hinten
ausgestreckt und ruht eine Stufe tiefer. Seine körpergroßen
ausgebreiteten Flügel zeigen ein deutlich ausgearbeitetes Federkleid.
Der Kopf ist leicht zur Seite geneigt. Sein Blick geht zu dem Palmzweig
in seiner rechten Hand. Der ernste, in sich gekehrter Gesichtsausdruck
und das lange gescheiteltete Haar verweist auf die Nazarener, wie zunächst
die Anhänger Jesu nach seinem Kreuzestod bezeichnet wurden. In der
Kunst wurden Raffael und Albert Dürer als Nazarener bezeichnet, da sie
ihr Haar ebenfalls so lang gescheitelt trugen. Heute werden als
Nazarener Künstler des 19. und frühen 20. Jahrhunderts bezeichnet,
deren künstlerisches Werk religiösen Inhalt hatte. Sie sahen sich der
vorreformatorischen Zeit verpflichtet. Lustvolle Engel des Barocks
wurden von ihnen strikt abgelehnt. Engel spielen in vielen
Kulturen eine wichtige Rolle. Im Judentum, im Islam und im Christentum
sind Engel Boten oder Geistwesen, die als Vermittler zwischen Himmel und
Erde fungieren. Als Grabengel sollen sie eine Verbindung zwischen dem
Verstorbenen und seiner Familie herstellen. Als Schutz für den
Verstorbenensoll der Engel ihn auf seiner letzten Reise begleiten. Der
Palmzweig verstärkt diesen Wunsch. Er erinnert an den Einzug Jesus in
Jerusalem und seine Begrüßung durch das Volk. Er steht für die
Auferstehung der Toten und ihren Empfang im Jenseits. Der Mittelteil des triptychal
angeordneten Plattensockels trägt einen Dreiecksgiebel und die
Inschrift JOS. HECKMANN JOSEPH
HECKMANN GEB. 9.
FEBRUAR 1855, GEST. 9. AUGUST 1919 HEDWIG
HECKMANN GEB. SCHMITZ GEB. 12.
OKTOBER 1855, GEST. 17. JULI 1931 LEOPOLD
HECKMANN GEB. 24. JUNI 1886, GEST. 4. JULI 1947
Dr. JOSEPH
HECKMANN GEB. 14.
JANUAR 1881 ZU VIERSEN GEST: 7. APRIL
1905 IN MÜNCHEN Du achtest die
ewige Kunst, und fandest
sie droben im Licht rechte Seite KLAUS HECKMANN GEB: 27.
FEBRUAR 1921 GEFALLEN IN RUSSLAN ALS LEUTNANT
6.2.1943 Wenn auch in
fremder Erde du ruhst, Der Heimat treuestes Gedenk bleibt bei
dir. Die Inschriften sind in
vergoldeter Fraktur in den Stein eingelegt. Davor befinden sich zwei
Namenstafeln: Aenni Heckmann geb. Hupertz 1891 – 1970 Clara Schmitz Geb. 23.7.1859 Gest. 6.3.1948
Die Grabanlage wird
eingefasst von einer kniehohen Mauer aus Granit. Die Mauer besteht aus
mehren Teilen, die an den Ecken und im Bereich des Zugangs zur
Grabanlage durch quadratische, wenig erhöhte Pfeilern begrenzt werden.
Diese sind nach oben an den Kanten abgerundet und weisen als Abschluss
eine quadratische Fläche auf. Die Grabstelle ist komplett
unterkellert. Eine schwere Betonplatte verschließt den Einstieg. Durch
die Bepflanzung ist er nicht wahrnehmbar. Der Grabkeller, der über eine
Eisenleiter betreten werden kann, weist 10 Grabkammern auf, jeweils 5 in
einer Reihe. Diese werden in der oberen Reihe durch weiße Marmorplatten
komplett verschlossen. In der unteren Reihe sind wesentlich kleinere weiße
Marmortafel in die Verschlussplatten eingelassen worden. Auf beiden
Tafeln finden sich in eingelegter vergoldeter Schrift die Namen und
Lebensdaten der Toten. Zwischen den Namenstafel der oberen Reihe hängen
zwei reich verzierte Kerzenlichthalter aus Gusseisen. Der Fußboden ist
mit weißen und schwarzen Fliesen im Schachbrettmuster belegt. Familie Joseph Heckmann ist der Sohn
von Leopold Heckmann sen., der 1830 in Köln geboren wurde. Seine Frau
Maria Schaub stammte aus Elberfeld, einer Hochburg der Textilindustrie
im 19. Jahrhundert. Durch die günstigen Arbeitsbedingungen in der
Samtbranche in Viersen angelockt, gründete dieser gemeinsam mit seinem
Schwager Karl Schaub im Jahr 1853 die Sammet- und Seidenfabrik an der
Lindenstraße (heute Standort des Kreispolizeidienstgebäudes). Er
wohnte mit seiner Familie gegenüber seiner Fabrik in einer
herrschaftlichen Villa. Leopold Heckmann sen. engagierte sich in vielfältiger
Weise in seiner neuen Heimatstadt Viersen. Er gehörte zu den Gründern
des Viersener Verschönerungsvereins und war Mitglied des
Quartett-Vereins, des Männergesangsvereins „Liedertafel“ und des
Turnvereins. Er stiftete großzügig Geld für Bedürftige, aber auch für
Kunstwerke wie z.B. das Chorgestühl in der Pfarrkirche St. Joseph in
Erinnerung an die Kommunionen seiner beiden Enkel Joseph und Leopold. Im
Jahr 1914 trat Leopold Schaub sen. als Teilhaber der Firma Schaub &
Heckmann aus. Maria Franz Peter Joseph
Heckmann, der Namenspatron der Grabstätte, ist das einzige Kind von
Leopold und Maria Heckmann. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass er in
die Firma seines Vater und seines Onkels eine Tätigkeit aufgenommen
hatte. In seinen vielfältigen Nachrufen wurde auf seinen Dienstgrad als
Oberleutnant der Landwehr und damit im Zusammenhang stehend auf seinen
Vorsitz im Landwehr-Unterstützung- und Kriegerverein verwiesen. Wie
sein Vater engagierte er sich in einigen sozialen Einrichtungen wie der
städtischen Armenverwaltung, im Vorstand des Verwaltungsrates des
katholischen Waisenhauses, im Vorstand des Vaterländischen
Frauenvereins und im Kuratorium des städtischen Gymnasiums. Seine
besondere Liebe galt aber der Musik, eine Leidenschaft die in seinem
Familienkreis begeistert geteilt wurde. Seine Frau Henriette Ottilie
Hedwig Schmitz war Tochter des Viersener Arztes Aloys Schmitz, der mit
seinen „Medizinischen Topographie“ ein authentisches Bild des
Alltags der Menschen im Viersener Raum gegeben hat. Sie hatte neun
Geschwister, u.a. ihre unverheiratete Schwester Clara, an die ein
Gedenkstein auf der Grabanlage erinnert. Joseph und Hedwig Heckmann hatten drei Söhne. Franz Aloys Joseph Leopold, Lorenz Aloys Leopold und Aloys Lorenz Leopold. Der mittlere Sohn Lorenz verstarb nach wenigen Tagen und findet auf der Grabanlage keine Erwähnung. Der älteste Sohn Joseph beendete sein Jurastudium im Jahr 1904 mit seiner Promotion an der Universität Rostock. Anschließend wechselte er nach München, um sich dem Studium der Musik, insbesondere der Komposition zu widmen. Nur zwei seiner Werke sind bei Musikverlagen im Druck erschienen, ein drittes gaben die Eltern posthum nach seinem plötzlichen Tod im Alter von 24 Jahren heraus. Sein gesamter Nachlass verbrannte bei einem Bombenangriff auf das elterliche Haus an der Lindenstraße. Der jüngste Sohn Leopold, genannt Pölli, führte die Tradition der Familie fort, ein künstlerisch und musikalischen Haus zu führen. Er gründete nach dem Zweiten Weltkrieg einen nach ihm benannten Künstlerkreis. Ein Bild seines Malerfreundes Heinrich Nauen zeigt ihn als Cellospieler. An seine Frau Anna Luise Hubertina Heckmann, geborene Hubertz, erinnert ein weiterer Gedenkstein. Ihr gemeinsamer Sohn Klaus fiel als Leutnant 1943 in Russland. Künstler Die Bronzefigur ist im Gewand
unten signiert: Heinrich Stockmann wurde am
5.9.1859 in Einen an der Ems (Kreis Warendorf) geboren. Nach einer
Holzschnitzer- und Bildhauerlehre studierte er von 1885 bis 1887 an der
Kunstakademie Düsseldorf. Er war Mitbegründer des „Vereins zur Förderung
der Bildhauerkunst in Rheinland und Westfalen“ mit Sitz in Düsseldorf,
wo er von 1885 bis 1894 ansässig war. Seinen späteren Wohnsitz hatte
von 1897 bis 1906 in Köln. Heinrich Stockmann schuf eine
Reihe von Denkmälern wie das Königin-Luise-Denkmal (1888) und die
Kaiser-Wilhelm-Büste (1900) in Mühlheim an der Ruhr, die beiden
Zweikaiserdenkmale in Wuppertal-Ronstdorf (1888-1890) und Moers (1890),
das Kaiser-Friedrich-Denkmal (1893) in Heilbronn oder das
Kaiser-Wilhelm-Denkmal (1898) in Bottrop. Zudem war Preisträger von
Wettbewerben für Denkmäler, die zu Ehren von Kaiser Wilhelm I., Kaiser
Friedrich III und Kaiserin Augusta aufgestellt werden sollten. Er gehörte
auch zu Bildhauern, die im Jahr 1900 über die Kölner
Bildhauervereinigung den Auftrag erhielten, 71 Figuren für die oberen
Geschosse des Kölner Rathauses zu erschaffen. Die von Heinrich Stockmann
erschaffenen Grabmäler für bedeutende Familien zeigen ein
Zusammenspiel von monumentalen steinernen Anlagen und bronzenen,
lebensgroßen Figuren. So schuf er für die Familie Hoeltgen auf dem Düsseldorfer
Nordfriedhof eine tempelartige Anlage, in deren Portikus eine männliche
Figur mit ausladenden Gesten steht. Das Familiengrab Schürenberg/ Funke
auf dem Ostfriedhof in Essen besteht aus einem Obelisken auf einem hohen
Postament mit seitlichen halbhohen Pfeilern, deren Konsolen mit
bronzenen Voluten, Wappen und Urnen geschmückt werden. Davor steht eine
lebensgroße Figur einer trauernden Frau. Auf dem Melatenfriedhof in Köln
schuf er für die Familie Schanzleh die gleiche Grabsteinanlage wie für
die Familie Joseph Heckmann. Einzig der rote Granit unterscheidet die
beiden Grabdenkmäler. Es ist nicht auszuschließen, dass die Familie
Heckmann die Grabanlage auf einem Spaziergang über den Friedhof Melaten
wahrgenommen hat. Es gab familiäre Kontakte durch Leopold Heckmann
sen., der in Köln geboren und aufgewachsen war. Heinrich Stockmann gehörte
zu den Künstlern, die überregional tätig waren. Er verstand es den
Zeitgeist in seinen klassizistisch geprägten Entwürfen einzubringen.
Dabei traf er in seiner Sepulkralkunst den Geschmack der zu Reichtum
gekommenen Oberschicht. Heinrich Stockmann starb im
Jahr 1906 in Bonn. Denkmalwert Die 1911 errichte Grabanlage
ist in ihrer heterogenen Zusammenfügung von aufwendigen Materialien und
monumentaler Grabfigur typisch für den repräsentativen Anspruch des
damaligen Bürgertums, zu der die Familie Heckmann zählte. Mit Anlegung
des neuen Friedhofs auf der Löh spiegelte sich auch in der
Ausgestaltung der Grabstätte die gesellschaftliche Stellung in den
Familiengräbern nieder, eine typische Entwicklung der Sepulkralkultur
des 19. Jahrhunderts. Während die weniger Bemittelten in einem
Reihengrab, meist schmucklos und räumlich getrennt, bestattet wurden,
erwarben sich die gehobenen bürgerlichen Kreise Gruften und zierten
ihre Gräber mit aufwendigen Denkmälern. Auch mit dem Standort ihres
Wahlgrabes zeigten sie ihre herausgehobene Stellung in der Gesellschaft.
In unmittelbarer Nähe zur katholischen Totenhalle und neben dem 4,00 m
hohen neugotischen Grabkreuz aus Sandstein für den Oberpfarrer Josef
Schroeteler steht die Grabanlage der Familie Joseph Heckmanns an der
prominentesten Stelle, die auf dem katholischen Teil des Friedhofs Löh
zu vergeben war. Da der Friedhof als öffentlicher Park konzipiert war
und zum Sparziergang einladen sollte, konnte sich die Familie Heckmann
der über den Tod des einzelnen hinausgehenden Aufmerksamkeit sicher
sein. Der monumentaleGrabstein
zeigt zudem die Möglichkeiten, die durch die Technisierung und
Industrialisierung auch in der Bearbeitung von Grabdenkmälern im
Verlauf des 19. Jahrhunderts vorangeschritten waren. Der Transport des
Hartgesteins durch Eisenbahnen und Dampfschiffen brachte eine große
Auswahl, auch aus fernen Regionen und Ländern. Verbesserte technische Möglichkeiten
erlaubten die Bearbeitung härtester Materialien, so dass ein aus
mehreren Blöcken sowie dem Sarkophag bestehender Grabstein der Familie
Joseph Heckmann überhaupt herstellbar war. Die Engelsplastik spiegelt
die Frömmigkeit und Nähe der Familie zur katholischen Kirche wider. Er
interpretiert den Glauben an die Auferstehung. Mit der Wahl des Kölner
Bildhauers Heinrich Stockmann demonstrierte die Familie ihren
Kunstverstand. Er gehörte zu den arrivierten Künstlern der
Sepulkralkunst zwischen 1887 bis 1906 in Deutschland. Dabei ist
unerheblich, dass die Engelsfigur kein Unikat ist und schon vor Ankauf
der Grabste lle im Jahr 1911 gefertigt worden ist. Aus wissenschaftlichen,
insbesondere kunstlerischen und lokalhistorischen Gründen liegen
Erhaltung und Nutzung der Grabanlage der Familie Joseph Heckmann gemäß
§ 2 (1) Denkmalschutzgesetz im öffentlichen Interesse.
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