Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 504

 

Standort:

Heinz - Luhnen - Straße 13,  D 41751 Viersen - Dülken

GPS:

5115' 19,2" N   06o 20' 11,7" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1924 / 1925

Tag der Eintragung als Denkmal

18. Dezember 2012

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Halbvilla in Viersen - Dülken

 

Denkmalbeschreibung:

Beschreibung

Das Haus Heinz-Luhnen-Straße 11 und 13 ist ein 1924/25 entstandenes, repräsentatives Doppelwohnhaus. Der Entwurf stammt von dem Mönchengladbacher Architekten A. Herrmann. Bauherren waren für die linke Haushälfte (Heinz-Luhnen-Straße 11) der Bauunternehmer Matthias Gorissen, für die rechte Haushälfte (Heinz-Luhnen-Straße 13) der Fabrikant Lambert Heimes.

Das frei stehende, breit gelagerte und zweigeschossige Gebäude mit hohem gaubenbesetzen Walmdach liegt von der Heinz-Luhnen-Straße abgerückt, hinter einem Vorgarten mit Einfriedung. Es ist über Sockel verputzt. Die Fassadengliederung erfolgt in harmonisch ausgewogener Proportionierung durch das Zusammenspiel von Gesimsen, Öffnungsformaten, Kreuzstockgliederung mit Sprossen der Fenster und Fensterläden. Während der Zugang zur linken Haushälfte von der Seite aus erfolgt, besitzt der rechte Teil einen Vordereingang über seitlich ausschwingender Freitreppe, der von einem halbrunden, auf vier Säulen ruhenden Austritt mit Balusterbrüstung überfangen wird. Die Treppe wird seitlich begrenzt von s-förmig geschwungenen Ziergeländern, die am Antritt auf Kugeln enden. Hinter dem Austritt ist im Obergeschoss eine mittlere Pseudo-Fenstertür angeordnet, die von schmalen Öffnungen begleitet wird.

Diese repräsentative Mittelachse wird flankiert von jeweils einer weiteren Fensterachse mit zweiflügeligen, gesprossten Kreuzstockfenstern. Ihre Putzrahmung ist schlicht, jedoch fein profiliert. Die Obergeschossfenster sitzen auf einem geschosstrennenden Sohlbankgesims auf. Bei geöffneten Fensterläden entsteht optisch der für die Fassadenwirkung überaus wichtige Effekt eines dichten rhythmisierten Bandes aus abwechselnd Öffnungen, Läden und schmalen Wandflächen.  

Zwei der insgesamt vier kleinen Dachhäuschen gehören zu dieser Haushälfte und fügen sich in die Fassadengliederung und -achsialität ein.

Die Gartenseite des Hauses Heinz-Luhnen-Straße 13 wird beherrscht von einem breiten, dreiachsigen Wintergarten, dessen Fenster (an Längs- und Schmalseite) rundbogige, radial gesprosste Oberlichter besitzen. Sein Dach dient dem Obergeschoss als Austritt (dahinter ursprünglich Eltern- und Kinderschlafzimmer). Neben dem Wintergarten führt ein Zugang ins Innere. Ansonsten sind Gliederungsprinzip und Detailgestaltung der Vorderfront hier und an der seitlichen Schmalseite fortgeführt. Bei letzterer fällt im Erdgeschoss ein flacher Standerker auf, der in drei Seiten polygonal, im Sockel gerundet aus der Wand ausgestülpt ist. Das daneben liegende kleine Doppelfenster besitzt eine sicher ursprüngliche Vergitterung, auf der vorderen Hausecke ist ein Fahnenhalter angebracht.

Am Haupteingang führt die originale Haustür, in deren Fenster ein geometrisches Schmuckgitter mit den Initialen „HL“ des Bauherren eingefügt ist, in das Innere. Von geringen Veränderungen abgesehen ist der ursprüngliche, für ein Haus dieser Statur typische Grundriss erhalten. Darüber hinaus zeugen noch bemerkenswert viele wandfeste Ausstattungsdetails von der bürgerlichen Wohnkultur seiner Erbauer. Nach einem schmalen Windfang mit halbhoher Wandverkleidung gelangt man durch eine zweiflügelige Fenstertür in eine zentrale, quergerichtete Diele, von der aus die Wohnräume und das an der Vorderseite neben und über dem Eingang liegende Treppenhaus zentral erschlossen werden. Ein heller Marmorboden mit dunklem Randstreifen bezeugt den noblen Charakter der Ausstattung. Heizkörperverkleidungen und originale Rahmen-Füllungstüren sind erhalten. Die beiden zum Garten gelegenen Räume, im Entwurfsplan Speise- und Herrenzimmer, sind heute zu einem Raum verbunden - die ehemalige Raumgröße wird durch den erhaltenen Unterzug, der auch beidseitig die profilierte Deckenkehle fortführt, noch belegt.

Der Anlauf zur zwischen Wandscheiben hochgeführten, originalen Holztreppe ist als geschwungene Volutenform ausgebildet; im Obergeschoss bilden einfache Stäbe mit Handlauf Brüstung und Geländer der zweiläufig geraden Treppe mit Wendepodest. Auch dort erschließt eine zentrale Diele die Räume; unter einem Rundbogen führt eine schmale Treppe ins ursprünglich mit „Mädchenzimmer“ teilausgebaute Dachgeschoss.

Architekturgeschichtlich repräsentiert das Doppelhaus Heinz-Luhnen-Straße 11/13 einen typischen Stil gehobenen, villenartigen Wohnhausbaus der ersten Hälfte der zwanziger Jahre, der relativ bruchlos auf ältere Vorkriegstendenzen zurückgeht. Insbesondere neoklassizistische Elemente wie das Portal und der rückwärtige Wintergarten sind Würdeformen, die Rang und Anspruch des Bauherren transportieren. Verbunden sind diese Formen mit einer ansonsten eher sachlichen, die Horizontale betonenden Baukörpergestaltung, die ihren gestalterischen Reiz primär aus Verteilung und Proportionierung ihrer Öffnungen bezieht. Der trotz der Veränderungen an Heinz-Luhnen-Straße 11 immer noch bemerkenswert gute Erhaltungszustand des Hauses macht es zu einem anschaulichen Zeugnis solcherart traditionalistischen Bauens, einer der wichtigen - konservativen - Strömungen in der Baukunst in Deutschland im 20. Jahrhundert.

Architekt

Leider ist über den Architekten A. Herrmann bislang nur wenig bekannt. In Mönchengladbach und Rheydt ist er laut den Forschungen von Scherschel zwischen 1903 und 1910 mit Bauten nachgewiesen, doch zeigt das Dülkener Beispiel, dass Herrmann noch wesentlich länger gearbeitet haben muss. In Mönchengladbach ist er für  verschiedene Bauaufgaben (Wohnhäuser, Mietshäuser, Kontorgebäude) belegt, darunter auch jener der repräsentativen Fabrikantenvilla. Dass Herrmann auch außerhalb Mönchengladbachs für herausgehobene Bauvorhaben wie das Haus Heinz-Luhnen-Straße 11/13 herangezogen wurde, zeugt von einem nennenswerten Renommee seines Büros. In Viersen sind bislang das Wohnhaus Carl-von-Ossietzky-Straße 4 (1903) und das Wohn- und Geschäftshaus Hauptstraße 137/139 (1905; ehemals Pongs & Zahn, später Kaufhaus Katzenstein und Jost) als Werke von Herrmann identifiziert. Darüber hinaus plante er einen Teil des seinerzeit größten Unternehmens in Dülken, der „Niederrheinischen Flachsspinnerei AG“ am Bruchweg (Spinnsaal von 1905-10).

Bauherr

Laut Recherche des Stadtarchivs Viersen wird der Name des Bauherrn Lambert Heimes im Adressbuch Dülken 1925 zum erstenmal erwähnt. Der Zusatz "Appreturbesitzer" (Appretur = Textilzurichtung und -veredlung) legt nahe, dass er Inhaber der Fa. Johann Heimes war, die ursprünglich in Süchteln beheimatet war und 1897 die Dülkener Appreturfabrik Jordan Terstappen übernommen hatte (Feldstraße). Es handelte sich dabei um einen recht großen Betrieb, der 1904 in ein neues Kesselhaus investierte und zwischen 1898 und 1913 stets um die 50 Arbeiter beschäftigte. Sehr wahrscheinlich existierte die Firma bis zum 2. Weltkrieg  (letzter Nachweis Adressbuch 1936).

Die Heinz-Luhnen-Straße war im Dülkener Stadtbauplan von 1894 (Stadtbaumeister Ulrich) als Victoriastraße bereits vorgesehen. Erst 1919 jedoch wurde der Bereich zwischen Friedrichstraße und Viersener Straße als Hindenburgstraße angelegt. Sie ist die geradlinig direkte Verbindung von Stadtkern und Bahnhof. Im Gegensatz z.B. zu der benachbarten Friedrichstraße mit ihrer gründerzeitlichen Reihenbebauung ist die heutige Heinz-Luhnen-Straße in diesem ab 1919 entstandenen Abschnitt geprägt durch eine aufgelockerte Bebauung freistehender Wohnhäuser, z.T. gehobenen Anspruchs. Das Haus Heinz-Luhnen-Straße 11 und 13 ist integraler Teil dieser charakteristischen, für Dülken ungewöhnlichen und repräsentativen Bebauung.

Das Wohnhaus Heinz-Luhnen-Straße 13 in Dülken, Teil des Doppelhauses Heinz-Luhnen-Straße 11 und 13, ist bedeutend für Viersen als qualitätvolles Zeugnis der gehobenen Bau- und Wohnkultur der zwanziger Jahre in der damals selbstständigen Stadt Dülken und als prägender Bestandteil der Reihe architektonisch hochwertiger Bauten an der Heinz-Luhnen-Straße.

Es ist zudem das Wohnhaus des Inhabers eines seinerzeit bekannten Industriebetriebes in Dülken.

Seine Erhaltung und Nutzung liegen im öffentlichen Interesse aus wissenschaftlichen, insbesondere den dargelegten architekturgeschichtlichen Gründen, als in den wesentlichen Teilen anschaulich überliefertes Zeugnis der Baukunst der zwanziger Jahre. Im Zusammenhang der Heinz-Luhnen-Straße mit ihrem Ensemble qualitätvoller freistehender Wohnhäuser überwiegend der 1920er Jahre kommen städtebauliche Gründe hinzu. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal.