Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 502

 

Standort:

Rektoratstraße 60,  D 41751 Viersen 

GPS:

5115' 41,7" N   06o 23' 33,1" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1928

Tag der Eintragung als Denkmal

14. Dezember 2012

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Wohnhaus in Viersen

 

Denkmalbeschreibung:

Geschichte

Das Haus Rektoratstraße 60 wurde 1928 durch den damals in Viersen ansässigen Architekten Adolf von Feldmann als Wohnhaus für den Kaufmann Richard Hilgers in der ehemaligen Cäcilienstraße 13 errichtet. Die Cäcilienstraße führte von 1912 bis 1970 von der Innenstadt ins Rahser. Heute ist sie eine Stichstraße der Rektoratstraße.

Beschreibung

Das zweigeschossige Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss steht straßenbündig in der Reihe. Es wird zu einem durch die Ausbildung der Backsteinarchitektur aus hartgebrannten Klinkern in seiner Horizontalen und zum anderen durch das asymmetrische Zwerghaus und zwei Fensterachsen in seiner Vertikalen gegliedert. Im Erdgeschoss wechseln sich horizontale Backsteinreihen durch vor- und zurückgesetzter Mauerung ab. Den Abschluss bildet eine vorstehende Reihe mit senkrecht stehenden Klinkerköpfen. Das Kellergeschoss ist nur durch zwei Fenster auf Straßenniveauhöhe erkennbar. Beide sind mit Fenstergittern, die verschiedene geometrische Formen aufzeigen, gesichert. Der Hauseingang ist durch zwei Stufen leicht erhöht und eingenischt. Aufwendige Zierformen des Backsteinexpressionismus heben ihn aus der Fassade hervor. Die Hauseingangstür weist zwei längliche Glaseinschnitte mit oberen rundbogigen Abschlüssen und eine filigrane geometrische Vergitterung auf. Rechts und links sind auf den beiden abgeschrägten Mauerflächen die originalen Außenwandleuchten erhalten. Die Wandflächen des Obergeschosses und des Zwerggiebels sind zurückliegend glatt vermauert. Lediglich die Fensterleibungen werden durch im Wechsel vermauerten Ziegelköpfen und –läufern betont. Die breiten Traufgesimse werden durch fünf Ziegelreihen aus vorspringenden Ziegelköpfen ausgebildet.

Rückwärtig ist die Fassade bis ins Kellergeschoss, das als Souterrain ausgebildet ist, glatt verputzt. Lediglich ein Erker, der einen Viertelbogen von der Grundstücksgrenze zum Wohnhaus schlägt, setzt einen gestalterischen Akzent. Vergitterte Wohnraumfenster lassen Tageslicht in die Waschküche und Küche im Kellergeschoss fallen. Im Obergeschoss wird der Erker als Balkonanlage weitergeführt. Als Geländer finden sich die gleichen filigranen geometrischen Motive wie in den Fenstervergitterungen wieder. Im Dachgeschoss sind zwei Dreiecksgauben zur Belichtung aufgebracht.

Im Inneren ist das Haus bemerkenswert in seiner Grundrissstruktur und seinem Ausbau original erhalten. Man betritt das Haus in einem Windfang, der mit einer steinernen Stufenanlage auf das Niveau des Erdgeschosses führt. Windfang und Diele sind durch eine zweiflügelige Rahmenfüllungstür mit Einschnitten aus Glas mit Würfelstruktur getrennt. Die innenliegende Diele wird durch eine gerade, dreiläufige Holztreppe geprägt, die durch einen kassettierten Glaseinschnitt als Oberlicht in der Decke belichtet wird. Das Treppengeländer ist als verputzte Wandfläche geschlossen. Ein Handlauf aus Messing mit einem geschwungenen Anfangsstück und einer Kugel und verschieden großen Scheiben als Handlaufkopf bilden den Abschluss. Von der Diele aus führen geschlossene glatte Rahmenfüllungstüren und leicht profilierten Türlaibungen in die Wohnräume, die ursprünglich die Funktionen Herrenzimmer, Speisezimmer und Zimmer der Dame übernahmen. Die Räume untereinander werden jeweils durch zweiflügelige verglaste Rahmenfüllungstüren wie in der Diele abgetrennt. In den Wohnräumen ist Parkett in französischem Fischgrät verlegt. Besonders bemerkenswert sind die erhaltenen Möbelstücke des Herrenzimmers wie ein in die Nische eingepasstes Sofa und ein Wandschrank. Von der Diele aus führt seitlich hinter einer ebenfalls verglasten Tür eine zweiläufige Treppe in den Keller und in den Bereich der Garderobe und Gästetoilette. Optisch wird der Bereich der Diele und der Garderobe durch eine durchgängige Schwarz-Weiß-Verfliesung des Fußbodens verbunden.

Im Kellergeschoss befanden sich ursprünglich die Küche und die Waschküche mit direktem Austritt nach draußen. Ein Aufzug der Kölner Firma Friedrich Schmitz für Speisen und Wäsche führt bis heute durch alle Geschosse.

Im Obergeschoss erschließt der Flur die beiden zur Straße gelegenen Kinderzimmer und das zum Garten gelegene Elternschlafzimmer mit dem vorgelagertem Balkon auf dem Erker. Die großzügig bemessene Ankleide kann sowohl von der Diele als auch vom Elternschlafzimmer betreten werden und führt in das Bad, das ebenfalls in einer Schwarz-Weiß-Verfliesung ausgeführt ist. Eine geradläufige, rechts und links eingemauerte Holztreppe führt vom Flur in das Dachgeschoss. Licht fiel auch hier ursprünglich durch einen Glaseinschnitt auf den Treppenlauf. Neben dem Trockenboden mit der Belichtung durch die beiden Dreiecksgauben befanden sich ein Fremdenzimmer im Bereich des Zwerggiebels und Mädchenzimmer in der Dachschräge.

Expressionismus

Architekturgeschichtlich und stilistisch repräsentiert das Wohnhaus in seiner Architektur den Backsteinexpressionismus. Dieser entstand zeitlich parallel zur klassischen Moderne des Bauhauses. Während man dort für die Abschaffung jeglicher Zierformen eintrat, entwickelten die Architekten des Expressionismus jedoch eine prägnant ornamentale Formensprache mit kantigen, oft spitzen Elementen. Wichtigstes Baumaterial waren der namensgebende Backstein (Ziegel) sowie Klinker. Große Beliebtheit, gerade für die Gestaltung von Fassaden, erzielte der hartgebrannte Klinker. Hervorstechendes Merkmal des Backsteinexpressionismus ist die allein durch Setzung des Backsteins zu Mustern erreichte Lebendigkeit von Fassaden. So ließen sich große Wandflächen beleben. Man setzte die kantigen Steine in vielen Spielarten aneinander und schuf vielfältige Ornamentik.  

Architekt

Der Architekt Adolf Theodor von Feldmann wurde am 14.09.1899 in Hannover als Sohn der Eheleute Max und Annamaria von Feldmann geboren. Sein Vater war Hauptmann des 1. Hannoverschen Infanterieregiments Nr. 74. Sein Großvater war der preußische Generalmajor Adolf von Feldmann, seine beiden Onkel Hans von Feldmann und Otto von Feldmann durchliefen ebenfalls Offizierskarrieren und waren ab den 1920er Jahren politisch aktiv. Adolf von Feldmann kam vermutlich als Bauleiter des Neubaus der Viersener Post an der Freiheitsstraße im Jahr 1926 nach Viersen. In der Zeit von 1928 bis 1934 errichtet er vorwiegend Einfamilienhäuser für eine intellektuelle Oberschicht. So zählen u.a. die Ärzte Dr. Gustav Schneider (Gladbacher Straße 79) und Dr. Walter Müller (Schulstraße 24, heute Lambersartstraße), der Hauptlehrer Aloys Kaldenbach (Dr.-Heggen-Straße 10), der Rechtsanwalt Peter Püllen (Burgstraße 3) und der Direktor Alfred Königs (Burgstraße 5) zu seinen Bauherren. Sein bedeutendster Auftrag war die Errichtung des Laboratoriums des Niersverbandes (Rahser Straße 315). Zeitgleich errichtete er auch das Wohnhaus für den Regierungsbaumeister des Niersverbandes Schmitz-Lenders (Hohe-Busch-Straße 22). Sein Büro führte er zunächst in der Schulstraße 24a, später in der Langemarkstraße 14, heute Freiheitsstraße 179. Er war Mitglied des Bund Deutscher Architekten und im Deutschen Werkbund. Ferner war er vereidigter Sachverständiger der Industrie- und Handelkammer Mönchengladbach-Rheydt-Neuss.

1935 gab Adolf von Feldmann seine Selbstständigkeit auf und ließ sich mit seiner Familie in Hamburg nieder. um eine bedeutende militärische Laufbahn einzuschlagen. Am 30.05.1970 ist von Feldmann in Essen verstorben.

In den sieben Jahren seiner Selbstständigkeit überzeugte Adolf von Feldmann als Architekt durch seine vom Expressionismus geprägten Entwürfe. Dabei findet sich das Motiv des asymmetrischen Kastenzwerghauses nahezu durchgängig bei seinen Einfamilienhäusern. Hinzukommt seine Gestaltungssicherheit in den Details, insbesondere im Umgang mit dem Ziegelstein oder keramischen Baustoffen. Sein Entwurfstil hebt ihn von seinen Kollegen im Stadtgebiet ab. Seine kubischen Baukörper nehmen die Ideen der Modernen auf, ohne jedoch die strikte Konsequenz der Bauhausarchitekten zu erreichen. Er ist auch der einzige Viersener Architekt und BDA-Mitglied neben Willy Esser, der im Viersen/Süchteln/Dülken-Band der viel beachteten Buchreihe „Deutschlands Städtebau“ 1930 mit einer Annonce überregional für sich wirbt.

Denkmaleigenschaft

Das Wohnhaus Rektoratstraße 60 weist neben Ornamentik der Fassadengestaltung in der Formensprache des Backsteinexpressionismus auch einen ursprünglichen Grundriss, eine originale Innenausstattung sowie erhaltene Möbelstücke des Herrenzimmers auf. Dabei ist die Handschrift des beauftragten Architekten von Feldmann ablesbar, der in gleicher Formensprache u.a. das Nierslabor an der Rahserstraße entworfen hat.

Als qualitätvoll gestaltetes Wohnhaus der 1920er Jahre ist das Haus Rektoratstraße 60 bedeutend für Viersen. Das außergewöhnlich qualitätvoll gestaltete Wohnhaus der 1920er Jahre ist aufgrund seiner weitgehend original erhaltenen Substanz und Ausstattung ein bemerkenswert anschauliches Zeugnis von Architektur und Wohnkultur seiner Zeit. Wegen seines den Zeugniswert stützenden originalen Erhaltungszustandes in Verbindung mit den beschriebenen architekturgeschichtlichen Merkmalen liegen Erhaltung und Nutzung des Hauses aus wissenschaftlichen, hier architekturgeschichtlichen Gründen im öffentlichen Interesse. Es ist daher gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz NRW ein Baudenkmal.