Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 493

 

Standort:

Kurt - Schumacher - Straße 11,  D 41747 Viersen

GPS:

5115' 12,4" N   06o 22' 27,4" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1971

Tag der Eintragung als Denkmal

5. Januar 2010

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Wohnhaus in Viersen

 

Denkmalbeschreibung:

Das eingeschossige Wohnhaus liegt 15 m von den Straßen zurück auf einem über 1.500 m² großen Grundstück. Es präsentiert sich zur Straße zurückhaltend und öffnet sich zum Garten hin. Daher ist die Ansicht des Hauses zeittypisch zweigeteilt: nach vorne sind lediglich hochgesetzte Fensterbänder, die alle mit längs ausgerichteten Gitterstäben zusätzlich gesichert sind, unterhalb der Traufe in die ansonsten geschlossene, weiß geschlämmte Außenwand eingesetzt, während die rückwärtige Gartenseite großzügig in Glas (Schiebetüren) geöffnet ist. Den oberen Abschluss bildet ein über die Umfassungsmauern hinausgehendes Flachdach mit 80 cm hoher, dunkel gehaltener Attika. Der Hauseingangsbereich, der durch einen Rücksprung der Außenwand loggiaförmig gebildet wird, befindet sich neben der rechtsseitig errichteten Garage. Die Haustüranlage, senkrecht verarbeitete, weiß gestrichene Holzverbretterung ohne Lichtdurchlass, ist straßenseitig nicht einsichtig, da sie durch eine Wandvorlage der linkseitigen Außenmauer verdeckt wird.

 

Das Haus besitzt eine durchaus bemerkenswerte Konzeption, deren Kern die Entwicklung der Räume um einen kleinen Innenhof bildet. Die Wohnräume mit Kamin, Essecke und Wohnbereich gehen dabei fließend ineinander über, die Funktionsräume sind davon durch eingestellte Wandscheiben abgetrennt. In einen der Flügel ist ein Schwimmbad integriert. Das Schwimmbad ist von allen Räumen einsehbar und liegt auf gleichem Niveau.

 

Die Innendecken sind ebenso wie der unterseitige Abschluss der Attika holzsichtig, dunkel gebeizt verschalt. Sämtliche Öffnungen erstrecken sich ohne Unterbrechung vom Boden bis zur sturzlosen Decke. Die Profile der Türen und Fenster sind dunkel zu den weißen Innenwänden abgesetzt. Aufeinandstoßende, verschiedene Materialien sind jeweils durch Fugen (Schattenfugen) voneinander getrennt, wie z.B. Wand - Decke oder Holzblockrahmen - Putzflächen. Ein schönes Detail sind die verschiedenfarbigen Terrakotta-Fliesen im Eingangsbereich innen und außen, so dass auch hier ein fließender Übergang entsteht. Sie wurden auf Wunsch der Bauherren, angeregt durch einen Besuch des Quirinus-Münster in Neuss, von der Niederrheinischen Baukeramik (NBK) in Emmerich nachgearbeitet. Eine weitere Auftragsarbeit der NBK war die Längswand im Schwimmbad. Nach einem Entwurf des Architektens Janssen ist ein Farbenverlauf von hell unten im Beckenbodenbereich bis dunkel im oberen Deckenbereich im blautürkisenen Farbspectrum durch rechteckige, liegende Fliesenformate hergestellt worden.

 

Die Firma NBK wurde 1907 vom Firmengründer Heimann in Emmerich-Vrasselt zur Herstellung von Dachziegeln und Fliesen gegründet. Von Anfang an wurden Fliesen für prominente Bauaufgaben nach Entwürfen von Architekten entwickelt und hergestellt. Ein Beispiel dafür ist die Düsseldorfer Tonhalle, die 1926 nach dem Entwurf von Wilhelm Kreis errichet wurde. Bis heute sind 150 Prestige-Projekte weltweit ausgeführt worden. Insbesondere die Fassadenbekleidungen wie am Museum Brandhost in München, am Museum of Art und Design in New York, am Tokio Midtown Tower oder an der University of Science und Technology in Saudi-Arabien sind weltweit einzigartig.

 

Dr. Albert Schürzholz war von Juli 1968 bis September 1989 Chefarzt der Chirurgie am allgemeinen Krankenhaus in Viersen. In den Jahren von 1970 bis 1972 wurden unter seiner Leitung eine Intensivstation und eine Anästhesieabteilung eingerichtet.

 

Der Architekt Hans Wilhelm Janssen, Jahrgang 1938, machte zunächst eine Maurer- und Bauzeichnerlehre und studierte anschließend Architektur an der Werkkunstschule in Krefeld. Der damalige Direktor Professor F.G. Winter, der sich in der Tradition des Bauhauses sah, prägte Janssen entscheidend. Nach dem Studium arbeitete er zunächst in verschiedenen größeren Architekturbüros. Zu seinen ersten Aufträgen als selbständiger Architekt in Viersen seit 1970 gehört die Planung und Errichtung des Wohnhauses für das Ehepaar Schürholz. 1996 wird der Sitz des Architekturbüros nach Mönchengladbach verlegt.

 

Architekturgeschichtlich und stilistisch repräsentiert das Wohnhaus prägnant Zeitgeist und Entwurfshaltung seiner Zeit, der frühen 1970er Jahre. Es steht einerseits ganz in der Tradition der klassischen Moderne als weißer Kubus mit Flachdach, dem Ineinandergreifen von Innen und Außen und der Ablehnung traditioneller „bürgerlicher“ Gestaltungs- und Raummuster. Vorherrschend ist eine Reduktion, Konzentration und Strenge der Form und des Materialeinsatzes. Der Rückgriff auf das Bauhaus zeigt sich auch in der nahezu geschlossenen Fassade des tief auf dem Grundstücke stehenden Gebäudes und seiner Öffnung zum Innenhof und Garten. Die besondere Qualität der inneren Grundrisskonzeption und Raumentwicklung wird durch die absolut originale Erhaltung und dem erkennbar gehobenen Anspruchsniveau erlebbar.

Das außergewöhnlich qualitätvoll gestaltete Wohnhaus der 1970er Jahre ist aufgrund seiner weitgehend original erhaltenen Substanz und Ausstattung ein bemerkenswert anschauliches Zeugnis von Architektur und Wohnkultur seiner Zeit.

 

Das Gebäude ist daher bedeutend für Viersen. An der Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Es ist daher gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz NRW ein Baudenkmal.