Denkmale in der Stadt Viersen |
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Lfd. - Nr. 467 |
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Standort: Eligiusplatz 2, D 41751 Viersen - Dülken GPS: 51o 14' 58,7" N 06o 19' 56,2" O Zuständigkeit: Privat Baujahr: Ende des 18. Jahrhunderts, um 1830 Tag der Eintragung als Denkmal 23. Januar 2007 Quellenhinweis: Beschreibung der Denkmalbehörde
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Altes Waisenhaus in Dülken
Denkmalbeschreibung: Das Haus Eligiusplatz 2 (ehemals Lange Straße 96) in Dülken, bekannt als „Altes Waisenhaus", ursprünglich ein Wohnhaus mit Hofgebäude (wahrscheinlich Manufaktur), geht in seiner heutigen Form auf die Unternehmerfamilie Cornely zurück. Die Familie Cornely zählte im 18. und 19. Jahrhundert zu den bedeutenden Unternehmern in Dülken. In der Einwohnerliste 1801 wird der Besitzer des Hauses an der damaligen Langen Straße, an Stelle des heutigen „Alten Waisenhauses", als Melchior Cornely, Bierverkäufer, angegeben. Andere Familienmitglieder waren v.a. Goldschmiede und Kaufleute. Auch Johann Cornely (1787-1868) wird zunächst als Goldschmied (1813), später als Kaufmann bezeichnet. Um 1820 gründete er mit Matthias Gierlings in Dülken eine Baumwollfabrik. Neben anderem öffentlichem Engagement stiftete er 1833 zusammen mit H.A. Kamp und Gierlings die höhere Schule im ehemaligen Kreuzherrenkloster. Etwa zur selben Zeit, um 1830, ließ er sein eigenes Anwesen an der Langen Straße zu einem stattlichen klassizistischen Wohnhaus umbauen. Von seinen Söhnen besitzt Gustav August 1865 eine Wollspinnerei in Dülken, während sein Bruder Friedrich Leopold Notar in Aachen ist. Der Dülkener Zweig der Familie verzieht gegen Ende des 19. Jahrhunderts wohl vollständig nach Aachen, wo Gustav August im Alter als Rentner und Weingutsbesitzer firmiert. Auf dem Dülkener Friedhof ist der von den Kindern gestiftete Grabstein für Johann Cornely und Familie erhalten und als Denkmal geschützt. Gustav August Cornely schenkte das Haus an der Langen Straße 1889 der Katholischen Kirchengemeinde St. Cornelius "behufs Einrichtung und Unterhaltung eines katholischen Waisenhauses". Als "St. Josefs Waisenhaus" betrieben Schwestern von der göttlichern Vorsehung aus Steyl hier bis zur Errichtung eines Neubaus 1912 das von Cornely gestiftete Waisenhaus. Danach wurde es überwiegend als Wohnhaus (mit Saal im Hintergebäude) genutzt. 1970 ging es in städtischen Besitz über und wurde 1978-80 unter Leitung von Architekt Heinz Döhmen durchgreifend für kulturelle Nutzungen (Bibliothek, Versammlungsstätte etc.) umgebaut. Der Ursprung des Hauses ist unbekannt. Auf dem
Urriss von 1825 ist das Hinterhaus bereits im heutigen Umfang
eingetragen, das Vorderhaus hingegen ist noch kleiner als das heute
vorhandene. Wahrscheinlich handelte es sich noch um ein zweigeschossiges
fünfachsiges Gebäude mit seitlicher Durchfahrt, ähnlich dem
benachbarten Haus Kamp. Ausweislich der klassizistischen Formensprache dürfte
der Umbau, d.h. Erhöhung um ein Geschoss mit neuer Dachgestalt und
vereinheitlichter Fassade, um 1830 durch Johann Cornely entstanden sein,
sodass sich das Anwesen seitdem aus einem repräsentativen vorderen
Wohnhaus und einem wahrscheinlich gewerblich genutzten Hofgebäude
zusammensetzte. Der Komplex des „Alten Waisenhauses"
setzt sich aus dem vorderen ehemaligen Wohnhaus, einem annähernd ebenso
großen Hofhaus und einem schmalen seitlichen Verbindungstrakt (1978-80
erneuert) zusammen. Das Wohnhaus präsentiert sich in der Form des
Umbaus um 1830 als dreigeschossiger traufständiger Backsteinbau mit
Satteldach, acht Fensterachsen breit gelagert, mit einem kräftigen
Kranzgesims auf Balkenkopfkonsölchen und einem flachen,
zwerchhausartigen Dreieckgiebel mit gleichartigem Gesims und
Thermenfenster. Das Erdgeschoss spiegelt noch die ältere Aufteilung
eines fünfachsigen Hauses mit seitlicher korbbogiger Durchfahrt und
Hauseingang in der dritten Achse von rechts, d.h. vor dem Umbau 1830 in
der mittleren Achse, wider. Die Hausfront ist vor das benachbarte Haus
Kamp (Lange Straße 94) gezogen, wodurch im rechten Giebel eine
Fensterachse zur Seite ausgebildet wird. Das rückwärtige Hofgebäude ist ein schlichtes zweigeschossiges Backsteingebäude mit Satteldach. Bemerkenswert ist hier vor allem der große Gewölbekeller, der auf umfängliche Lagerhaltungen hindeutet und damit als ursprünglichen Zweck des Hauses ein Manufakturgebäude vermuten lässt. Erhalten ist ebenfalls der aus dem Umbau 1895 hervorgegangene Saal im Ober- und Dachgeschoss, die tonnenartige Decke wurde 1978-80 eingebracht. Seitliches Zwischengebäude und das Innere des Vorderhauses wurden beim Umbau 1978-80 neu gestaltet. Dabei ist das Raumgefüge in Teilen erhalten geblieben, z.B. die Ablesbarkeit von Mittelflur-Erschließung (mit alten Blausteinplatten) und Durchfahrt im Vorderhaus, ebenso in großen Teilen der Dachstuhl. Das „Alte Waisenhaus" ist eines der wenigen erhaltenen Patrizierhäuser im Dülkener Ortskern (vergleichbar den Häusern Specken - Lange Straße 14/16 - und Thum - Lange Straße 85). Es wird dementsprechend auch schon seit Jahrzehnten als Baudenkmal bezeichnet, dessen wahrzeichenhafte Wirkung durch zahlreiche Abbildungen an prominenter Stelle belegt ist. Mit seinem stattlichen Baukörper und der markanten Front ist es eine ortsbildprägende Dominante im südlichen Bereich des Ortes, in seiner Wirkung durch die Schaffung des Eligiusplatzes im Rahmen der Stadtsanierung und das Ensemble mit dem benachbarten Haus Kamp noch gesteigert. Der Zusammenhang von Vorder- und Hofhaus veranschaulicht idealtypisch die frühindustrielle Einheit von Wohnen und Arbeiten. Vor allem auch im Kontrast zum benachbarten Haus Kamp mit seinen älteren Bauformen lässt sich außerdem zeigen, wie wirtschaftlicher Erfolg und Repräsentationsbedürfnis einen standesgemäßen Umbau des Gebäudes veranlassten. Die historische Bausubstanz des „Alten Waisenhauses" hat zwar durch den Umbau 1978/80 v.a. im Inneren stärkere Einbußen erlitten, ist insgesamt aber noch bestimmend und anschaulich vorhanden. Das „Alte Waisenhaus", Eligiusplatz 2, ist daher bedeutend für Viersen (Dülken). Aus den beschriebenen Gründen besteht an seiner Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse aus wissenschaftlichen, insbesondere orts- und architekturgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz NW um ein Baudenkmal. Der Denkmalwert bezieht sich auf Vorder- und Hinterhaus, ohne den 1978/80 neu errichteten Zwischentrakt.
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