Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 461

 

Standort:

Regentenstraße 37,  D 41748 Viersen - Oberrahser

GPS:

5115' 58,7" N   06o 23' 18,6" O

Zuständigkeit:

Stadt Viersen

Baujahr:

1911

Tag der Eintragung als Denkmal

30. August 2005

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Kath. Volkschule St. Notburga in Oberrahser

Denkmalbeschreibung:

Die Schule Regentenstraße 37 in Viersen ist bedeutend für Viersen. An Erhaltung und Nutzung des Altbaus von 1909 -11 besteht aus wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und ortsgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal.

Geschichte
Als große städtebauliche Maßnahme der wachsenden Industriestadt Viersen wurde noch vor dem Ersten Weltkrieg mit der Erschließung und Bebauung des Rahser als Wohngebiet begonnen. Als Ausgangspunkt wurden zunächst mit dem Straßenkreuz Regenten- und Nauenstraße zwischen Oberrahser- und Rahserstraße die ersten Straßen angelegt sowie mit Kirche und Schule zwei Dominanten und Eckpfeiler für Städtebau und Gemeinwesen geplant. Während sich die Errichtung der Notburga-Kirche noch bis 1929 hinzog und schließlich exzentrisch in der Siedlung erfolgte, wurde ein erster Bauabschnitt der Volksschule 1911 ausgeführt. Auf einem Lageplan aus ca. 1918/19 ist die damals noch freie Lage der neuen Schule eindrucksvoll abzulesen (Geschichte und Pläne zu Rahser siehe Gutachten Denkmalbereich Rahser 1997).

Vorgesehen und bei der Regierung in Düsseldorf als Aufsichtsbehörde 1909 auch beantragt war eine vierzehnklassige Volksschule - eine für Viersen bemerkenswerte Größe, die auf die geplante Dimension der neuen Siedlung im Rahser verweist. In ihrem Genehmigungsbescheid wies die Regierung die Stadt darauf hin, dass das Grundstück für eine solch große Schule einschließlich Schulhof bei Zugrundelegung von üblicherweise 70 Schülern pro Klasse zu klein bemessen war. Auch kritisierte sie die im ursprünglichen Entwurf nicht optimale Belichtung der Klassenzimmer, woraufhin um eines besseren Lichteinfalls willen der Klassenbereich vorgezogen und das eigentlich risalitartig vorgesehene Treppenhaus zurückgenommen wurde. Zusätzlich wurden die Raumteiler zu den an den Stirnseiten der Flure angeordneten Lehrer- und Lehrsammlungszimmern als durchfensterte Oberlichter ausgeführt, so dass die Mittelflure etwas mehr Tageslicht erhalten konnten. Nach der Einarbeitung dieser Änderungswünsche konnte dann 1910 mit der Ausführung begonnen werden. Zu der vorgesehenen Erweiterung ist es erst - nach neuem Plan - in den fünfziger Jahren gekommen.

Beschreibung
Der Altbau der Schule an der Regentenstraße besitzt über einem hohen Sockel zwei Vollgeschosse sowie ein ausgebautes Mansarddach. Der Sockel ist backsteinverkleidet, die Fassaden darüber sind allseitig verputzt, wobei Ecken, Traufe und zur Regentenstraße auch die Achse des mittleren großen Flurfensters farbig (an der Traufe metopenartig) abgesetzt sind.

An den querrechteckigen Baukörper mit pro Geschoss zwei Klassen an einem quer angeordneten Mittelflur ist ein Treppenhaus mit Satteldach angesetzt, an dessen fensterlosen Giebel später die Erweiterung hätte angebaut werden sollen. Innerhalb der Gesamtplanung hätte der ausgeführte Teil somit lediglich einen Eckflügel gebildet.

Die Klassenzimmer treten an den Stirnseiten des Gebäudes als Gruppen von jeweils vier hoch-rechteckigen Fenstern zu Tage. Breiter als diese ursprünglich zweiflügeligen Fenster (heute erneuert) sind diejenigen von Treppenhaus und Flur, wo ursprünglich vierteilige Öffnungen mit zusätzlichen Ober- und Unterlichtern vorgesehen waren. Im Treppenhaus ist ein solches altes Fenster erhalten. An den Sockelfenstern sind noch die vom Stadtbauamt entworfenen geometrischen Vergitterungen zu sehen (vgl. auch Klosterschule).

Das Treppenhaus besitzt an beiden Traufseiten einen Eingang, jeweils von einer eigenen Verdachung überfangen, mit wohl ursprünglicher zweiflügeliger Holztür und von einem schmalen Flurfenster begleitet. An der Seite der Regentenstraße führt eine Freitreppe mit geschwungener Wangenmauer hinauf, während vom Schulhof aus der Zugang ebenerdig erfolgt und erst im Inneren eine Treppe auf Erdgeschossniveau führt.

Im Inneren ist der ursprüngliche Grundriss noch im wesentlichen erhalten. Das Treppenhaus nimmt eine ungewöhnlich monumentale steinerne Treppe auf, mit gedrungenen Eckpfeilern und Balusterbrüstung; ihr vorgesetzt und an der gegenüberliegenden Wand übernimmt ein normal-breiter hölzerner Handlauf praktische Funktionen. Die beinah manieristisch zu nennende Gestaltung dieser für das kleine Schulhaus unangemessen großen Treppe ist sicher auf die viel größere Dimension der geplanten vierzehnklassigen Schule bezogen.

Auf den einzelnen Geschossen sind als bautypspezifisches Detail im Treppenhaus die alten Trinkbrunnen innerhalb ornamental mit Fliesen gestalteter Wandflächen erhalten. Im Dachgeschoss überliefert eine Rahmen-Füllungstür mit giebelartigem Gewände das ursprüngliche Aussehen der Innentüren. Der große zentrale Saal im Dach wurde ursprünglich als Turnsaal genutzt.

An den Stirnseiten der Mittelflure sind zwei kleinere Räume angeordnet, ursprünglich Lehrmittelraum und Lehrerzimmer. Die Raumteiler mit Oberlichtern gehören zur ursprünglichen Planung.Für den Keller ist im Entwurfsplan u.a. eine Kochschule vorgesehen gewesen. Zwei nebeneinanderliegende Zugänge vom Schulhof aus, im Entwurf nicht verzeichnet, deuten auf getrennte Sanitärräume für Jungen und Mädchen hin.

Der Ausbau des Schulwesens zählt zu den zentralen Infrastrukturmaßnahmen der wachsenden Städte zwischen etwa 1850 und dem Ersten Weltkrieg. Auch in Viersen waren diese Jahre eine Hochphase des Schulbaus. Zwischen 1908 und 1914 entstanden nach Entwurf des Stadtbaumeisters Eugen Frielingsdorf die Schulen an Klosterstraße (1908/09), Wilhelm- bzw. Heimbachstraße (evangelische Volkschule; 1909), Regentenstraße (1911) und Körnerstraße (1913/14). Mit ihnen kam der im 19. Jahrhundert begonnene Ausbau des Schulwesens aber auch vorläufig zu einem Ende. Die Bedeutung der Baumaßnahmen jener Jahre wird deutlich, wenn die Verwaltung 1930 (im Buch Deutschlands Städtebau: Viersen, Dülken, Süchteln) feststellen muss, dass nach dem Krieg in Viersen keine nennenswerten baulichen Entwicklungen auf diesem Gebiet mehr statt gefunden hatten. Erst die Grundschule in Hamm brachte wieder einen zeitgemäßen Neubau, dessen bemerkenswerte architektonische Gestaltung durch Willy Esser im Vergleich mit u.a. dem Schulhaus an der Regentenstraße einen auffälligen architektonischen Wandel verdeutlicht.

Mit ihrer neubarocken Gestalt und mit ihrem auf Erweiterung angelegten, heute etwas fragmentarisch wirkenden Charakter ist die Schule Regentenstraße mit der ehemaligen evangelischen Volksschule an der Heimbachstraße vergleichbar.

Eugen Frielingsdorf (1869-1946) war von 1906 bis 1934 der erste Stadtbaurat in Viersen. Zuvor hatte er nach einem Studium an der renommierten Technischen Hochschule in Hannover ab 1902 im städtischen Hochbauamt in Köln gearbeitet, wo er bereits mit Schulbauten betraut gewesen war. Zahlreiche öffentliche Gebäude der seinerzeit wachsenden Stadt stammen aus seinem Büro, darunter neben der Festhalle auch die genannten Schulbauten. "An Eugen Frielingsdorfs Wirken in Viersen lässt sich exemplarisch ablesen, wie eine aufstrebende Mittelstadt den städtebaulichen und baulichen Aufgaben in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts gerecht zu werden versuchte" (Mellen, Seite 221).

Als ehemalige Volksschule, heute Grundschule in der Siedlung Rahser ist die Schule an der Regentenstraße bedeutend für Viersen. An Erhaltung und Nutzung des Altbaus von 1909-11 besteht ein öffentliches Interesse aus den genannten wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und ortsgeschichtlichen Gründen. Hinzu kommen städtebauliche Gründe, da der Baukörper in seiner Ecklage von Beginn an einen städtebaulichen Mittelpunkt innerhalb der Siedlung Rahser bildet. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz NRW um ein Baudenkmal.