Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 459

 

Standort:

Am Alten Gymnasium 6, D 41747 Viersen

GPS:

5115' 15,6" N   06o 23' 21,5" O

Zuständigkeit:

Stadt Viersen

Baujahr:

1909

Tag der Eintragung als Denkmal

30. August 2005

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Ehem. evangelische Volksschule in Viersen

        

Denkmalbeschreibung:

Es handelt sich um ein über hohem Sockelgeschoss zweigeschossiges Gebäude, auf querrechteckigem Grundriss mit teilweise abgewalmtem Steildach. Sockel- und Erdgeschoss bis halbe Höhe sind verklinkert. Der ursprünglich wohl helle Putz darüber ist derzeit durch einen dunklen Rauhputz ersetzt.

An der südwestlichen Längsseite ist eine Hälfte der Fassade als Risalit geringfügig vor die Flucht gezogen und endet mit einem Schweifgiebel. Durch den vorgesehenen zweiten Bauabschnitt hätte dieser Risalit ein Pendant auf der anderen Eckseite bekommen, ein weiterer Eingangsrisalit hätte auf der anderen Längsseite die Mitte betont. So hat der Baukörper seine asymmetrische Form und Erschließung bis heute behalten. Die mittig angeordnete Fensterachse des Risalits, in einem stehenden Oval-Okulus endend, markiert das dahinter liegende Treppenhaus.

Auf der nordöstlichen Längsseite kennzeichnen sechs, zu zwei Dreiergruppen zusammengefasste Fensterachsen die Klassenräume. Dies hätte die Hauptfassade werden sollen, gerichtet zum Verbindungsweg zwischen Wilhelm- und Heimbachstraße. Die Fenster auf der Rückseite sind als Flurfenster schmaler. Eck- und Mittellisenen, in der Ausführungszeichnung von 1910 dargestellt, sind derzeit nur noch schwach erkennbar. Der Zugang erfolgt heute ebenerdig von der südlichen Schmalseite aus (der Eingang an der nördlichen Schmalseite, noch mit originaler Tür, liegt erhöht auf Erdgeschossniveau und wäre bei einem Weiterbau zum Flurdurchgang geworden).

Man betritt das Innere durch eine originale zweiflügelige Holztür mit kleinen Fenstereinsätzen und Oberlicht. An den Glaseinsätzen der Tür sind, wie auch an einigen Fenstern, schmiedeeiserne Ziervergitterungen angebracht. Im Inneren sind innen neben dem einhüftigen Grundriss und Fenstern das Treppenhaus mit Steinstufen und Metallgeländer sowie alte Türrahmen erhalten.

Architekturgeschichtliche Würdigung und Denkmalwert

Die nicht mehr historistische, in sachlicher Weise jedoch weiter mit traditionellen Baukörpergliederungen und Formen arbeitende Gestaltung des Außenbaus entspricht der üblichen Praxis gemäßigt-konservativer Reformarchitektur vor dem Ersten Weltkrieg. Zwar blieb der Bau ein Torso, und die ursprüngliche Außengliederung ist zurzeit etwas beeinträchtigt, die ursprüngliche Gestaltungsabsicht ist aber nach wie vor vorhanden und ablesbar. Fenster und ihre Teilung tragen dazu wesentlich bei.

Gemäßigte Reformvorstellungen prägen auch die Grundrissanordnung. Dass die Klassenräume aus städtebaulichen Gründen nach (Nord-) Osten ausgerichtet sind, widerspricht auch damals schon bekannten Erkenntnissen über deren optimale Belichtung. Die Einhüftigkeit (direkt belichteter Seitenflur statt dunklem Mittelflur) ist hingegen bemerkenswert fortschrittlich.

Eugen Frielingsdorf (1869-1946) war von 1906 bis 1934 der erste Stadtbaurat in Viersen. Zahlreiche öffentliche Gebäude der seinerzeit wachsenden Stadt stammen aus seinem Büro, darunter neben der Festhalle auch zahlreiche Schulbauten. Die evangelische Schule steht zeitlich und auch gestalterisch zwischen der Schule Klosterstraße (1908) und der Körnerschule (1914), deren Abstand voneinander Werner Mellen so beschreibt: „Der achsiale Aufbau der Schule Klosterstraße wird an der Körnerstraße abgelöst von einer freieren Grundrißdisposition, der relativ reiche Fassadenschmuck mit leichten Anklängen von Jugendstilmotiven weicht zurückhaltenden Putzgliederungen in der Fassade der Körnerschule.“

Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war in Viersen wie vielerorts eine Hochphase des Schulbaus. 1930 musste die Verwaltung andererseits (im Buch Deutschlands Städtebau: Viersen, Dülken, Süchteln) feststellen, dass nach dem Krieg in Viersen keine nennenswerten baulichen Entwicklungen auf diesem Gebiet mehr statt gefunden hatten. Erst die Grundschule in Hamm brachte wieder einen zeitgemäßen Neubau, dessen bemerkenswerte architektonische Gestaltung durch Willy Esser im Vergleich mit u.a. der evangelischen Schule Wilhelmstraße einen auffälligen architektonischen Wandel verdeutlicht.

Als ehemalige evangelische Volksschule im Zentrum Viersens ist das Gebude Wilhelmstraße 12 bedeutend für Viersen. An ihrer Erhaltung und Nutzung besteht ein öffentliches Interesse aus den genannten wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und schulentwicklungsgeschichtlichen Gründen. Sie ist daher ein Baudenkmal gemäß §2 (1) Denkmalschutzgesetz NW.