Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 448

 

Standort:

Mühlhausener Straße 33,  D 41749 Viersen - Hagen

GPS:

5117' 30,6" N   06o 23' 25,7" O

Zuständigkeit:

Stadt Viersen

Baujahr:

1879

Tag der Eintragung als Denkmal

23. März 2004

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Volksschule in Hagen

Denkmalbeschreibung:

Geschichte
Jahrhundertelang war die östliche Grenze Süchtelns, gleichzeitig auch Territoriengrenze zwischen dem Herzogtum Jülich und Kurköln, ein Streitpunkt mit der Nachbargemeinde Oedt. Im Mittelpunkt stand dabei der Lauf der Niers, einerseits Grenze, andererseits aber bis zu ihrer Begradigung ein verzweigtes System aus verschiedenen Armen, Kanälen und Bächen. Im 20. Jahrhundert erfolgten zunächst nach der Niers-Melioration in den 1930er Jahren und dann im Zuge der Gebietsreform 1970 Umlegungen und Grenzkorrekturen zwischen Süchteln und Oedt. Das östlich der Niers gelegene Hagen, bis dahin eine zu Oedt bzw. kirchlich zur Pfarrei Anrath zählende Honschaft, wurde dadurch als "fünfte Sektion" Süchteln zugeschlagen.

Hagen hat den Charakter einer bauernzeilenartigen Streusiedlung bis heute bewahrt, mit lediglich einer kleineren Verdichtung an der Kreuzung der beiden Landstraßen Tönisvorster Straße/Mülhausener bzw. Anrather Straße.

Eine Schule ist in Oedt-Hagen angeblich bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch ein kinderloses Ehepaar gestiftet worden, da die Pfarrschule in Anrath zu weit entfernt war. Urkundlich überliefert ist die Anstellung eines Lehrers für das Jahr 1722, seither sind relativ kontinuierlich Lehrer in Hagen belegt. Am 8. Juli 1879 wurde das noch bestehende Schulgebäude an der Mülhausener Straße eingeweiht.

Beschreibung
Es handelt sich um ein zweiteiliges Backsteingebäude mit Satteldächern, bestehend aus einem zweigeschossigen giebelständigen Wohnteil (ehemals Lehrerwohnung) und einem rechts anschließenden, eingeschossigen und traufständigen Klassensaal. Dazwischen (noch im traufständigen Teil) ist ein gemeinsamer Eingang gespannt, mit gerade nach hinten durchlaufendem Flur. Beide Bauteile zeigen nach vorne je drei Fensterachsen, die Fenster des Klassenraumes sind den Bestimmungen für großzügige Belichtung von Klassenräumen gemäß größer gehalten. Bemerkenswert ist die saubere, relativ aufwändige Detaillierung der Außenseiten mit den Mitteln der Backsteinbauweise: Trauffries, gestufte Gewände der stichbogigen Öffnungen, Ohrungen der Giebel-Fußpunkte. Zur harmonischen Proportion tragen ferner die kleinen Doppelfenster in den Giebelspitzen bei (im Wohnteil eine zusätzliche Nische). Weitere Elemente wie die Zieranker, die zusätzliche Differenzierung der Dachlandschaft durch Abschleppung des Daches über dem Eingang und die ehemals vorhandenen fialenartigen Aufsätze auf Giebelspitzen und -füßen, die wohl bei Erneuerung der Dachhaut im 20. Jahrhundert verloren gingen, heben das Gebäude über das durchschnittliche Niveau zeitgenössischer Kommunalbauten hinaus.

Auf der Rückseite befinden sich derzeit einige jüngere Anbauten, die den Baukörper des Altbaus jedoch nicht durchbauen. Dieser kann daher insgesamt als intakt bewertet werden. An der rechten Giebelseite sind außerdem alte Sprossenfenster erhalten.

Im Inneren sind die charakteristischen Grundrisselemente erhalten. Hervorzuheben ist vor allem, dass der Klassensaal nach wie vor ungeteilt und daher anschaulich vorhanden ist. Auch die Teilung des Flures in einen vorderen Windfang, von dem aus der Klassenraum erschlossen wird, und einen hinteren Teil, der in den Wohntrakt führt und zudem die Treppe enthält, dürfte noch ursprünglich sein. Die Treppe selbst, gerade zweiläufig mit Wendepodest ist an den Wangen erneuert, Stufen und Substruktion sind aber wahrscheinlich original. Der Innenausbau stammt ansonsten aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Volksschulen besaßen als öffentliche Gebäude in den oft sehr weitläufigen Honschaften durchweg große identitätsstiftende Bedeutung, zumal in Fällen wie hier, wo Kirchen bzw. Kapellen fehlen und die Bauernschaft zudem relativ weit abseits am Rande des Gemeindegebiets liegt (was für Hagen sowohl innerhalb Oedts als auch heute in Süchteln gilt). Hieraus erklärt sich sicher auch zum Teil die vergleichsweise aufwändige Gestaltung der Hagener Schule. Sie ist heute im gesamten Viersener Stadtgebiet das mit Abstand am besten erhaltene Beispiel für eine Honschaftsschule. In Süchteln erhielten die Honschaften um 1870 eigene Schulhäuser, nur das Gebäude der Schule in Hagenbroich (Heerbahn/Mühlenheuweg) ist mit Baujahr 1845 älter. Mit der Aufgabe des Zwergschulwesens in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde diese Nutzung zu einer abgeschlossenen Geschichtsepoche.

In Hagen fand an der Fassade der Schule auch ein hölzernes Wegekreuz, möglicherweise aus dem Jahr 1776, seine Aufstellung.

Das Gebäude Mühlhausener Straße 33 ist daher als ehemalige Volksschule der Honschaft Hagen bedeutend für Viersen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht aufgrund der anschau-lichen Überlieferung der Gestalt und der funktionalen Konzeption aus wissenschaftlichen, insbesondere orts- sowie architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse.