Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 446

 

Standort:

Josefstraße 9,  D 41747 Viersen

GPS:

5115' 04,6" N   06o 23' 48,6" O

Zuständigkeit:

Kath. Kirchengemeinde St. Josef

Baujahr:

1892

Tag der Eintragung als Denkmal

6. Mai 2003

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Kath. Pfarrhaus St. Josef in Viersen

Denkmalbeschreibung:

Ende des 19. Jahrhunderts machte das starke Bevölkerungswachstum im südlichen, zunehmend industriell geprägten Stadtbereich von Viersen die Einrichtung einer neuen Pfarre erforderlich. Ab 1879 wurde von der Pfarrei St. Remigius eine Neugründung betrieben, die bis dahin (neben Helenabrunn) die einzige Pfarrei in Viersen war und inzwischen mehr als 17.000 Einwohner zu betreuen hatte. 1882 wurde ein Bauverein gegründet und schließlich 1889-1891 die Kirche St. Josef als ein neuer Mittelpunkt des Ortsteiles Rintgen errichtet. Im Jahr der Fertigstellung der Kirche erfolgte dann auch die Erhebung des Bezirkes zum Rektorat und schließlich 1895 zur Pfarrei.

Außer der Kirche benötigte der neue Seelsorgebezirk, der sich in starkem Maße sozial-karikativen Aufgaben widmete, weitere bauliche Einrichtungen. So entstanden u.a. 1893, 1913 und 1916 drei Kleinkinder-Bewahrschulen, 1892/93 an der neuen, unmittelbar südlich an der Kirche vorbei führenden Josefstraße das Pfarrhaus (Josefstraße 9) und zunächst zwei Kaplaneien (Josefstraße 5/7), 1900 eine weitere Kaplanei (Josefstraße 3) sowie 1910 an der benachbarten Gereonstraße das Josefskloster.

Beschreibung Das Gebäude Josefstraße 9 wurde 1892 von der Pfarrei St. Remigius als Pfarrhaus für den neu gegründeten Pfarrbezirk St. Josef erbaut, zusammen mit den benachbarten Kaplaneien. Planverfasser war der Bauunternehmer Martin Küppers. Das zweigeschossige Backsteingebäude mit Walmdach folgt in seiner Stellung dem gekurvten Verlauf der Josefstraße und ist dem entsprechend gegenüber den Kaplaneien Josefstraße 3-7 leicht schräg gestellt. Links steht der Bau frei, rechts schließt unmittelbar die Nachbarbebauung an. Der Hauptbaukörper ist in der Grundfläche annähernd quadratisch (ca. 11,00 x 12,00 m); an der linken Seite ist ein kleinerer, ebenfalls fast quadratischer und Baukörper nach hinten versetzt angebaut, so dass für den hier seitlich angeordneten Hauseingang ein kleiner Hof ausgebildet wird, der nach vorne durch ein kniehohes Mäuerchen abgeschlossen wird. Das Mauerwerk besitzt noch die originalen kleinen Fugen-Wulstprofile. Die Fassade ist horizontal betont durch ein Sohlbank-/Brüstungsgesims zwischen den beiden Geschossen und einen Spitzbogenfries unterhalb der profilbetonten Traufkante. An den Gebäudekanten sitzt der Fries auf flachen Ecklisenen auf, dazwischen auf kleinen und drei größeren Backstein-Konsölchen. Die Fensteröffnungen sind segmentbogig und besitzen die zeittypische T-Teilung. An der Straße bilden sie vier regelmäßige Achsen sowie je eine weitere seitlich und zurückgesetzten Teil, wobei bei diesem im Obergeschoss eine Josefsfigur das Fenster ersetzt. Diese steht auf einer kelchblattkapitellförmigen Konsole in einer Spitzbogennische, deren profiliertes Gewände mit reliefierten Krabben besetzt und von einer ebenfalls reliefierten Kreuzblume bekrönt ist. Der Hauseingang liegt erhöht über einer kleinen, geraden Freitreppe. Das Innere wurde teilweise modernisiert, jedoch sind wesentliche Grundriss- und Ausstattungsmerkmale wie das originale Treppenhaus, Ornamentfliesen im Flur, als Klötzchenfries stuckierte Kehlprofile an einer Decke im Erdgeschoss sowie Rahmenfüllungstüren mit den zugehörigen Laibungen im Obergeschoss erhalten. Die hölzerne Treppe, seitlich links neben dem Eingang im nach hinten verschobenen Bauteil, zeigt die zeittypische gerade zweiläufige Form, mit Wendepodest, kandelaberförmig gestaltetem Anfänger und gedrechselten Geländerstäben. Die ohnehin ursprünglich schmucklose Gartenseite ist durch Flickungen, materialfremde Reparaturen und einen kleinen Anbau von 1939 gestört, was jedoch für den gut erhaltenen Gesamtcharakter des Hauses ohne nennenswertes Gewicht ist.

Der Planverfasser, Martin Küppers, war mit seinem Baugeschäft um 1900 ein viel beschäftigter Bauunternehmer in Viersen. Für die Pfarrei St. Josef errichtete er außer den Bauten an der Josefstraße auch das Josefskloster an der Gereonstraße. 1920/21 besitzt er zudem eine Ziegelei An der Eisernen Hand, mit eigenem Gleisanschluss an die Industriebahn – eine für Bauunternehmer im späten 19./Anfang des 20. Jahrhunderts nicht unübliche und zweckmäßige Kombination.

Das Gelände für Kirche und Pfarrhaus / Kaplaneien stammte wohl aus dem Besitz des Unternehmers Friedrich Wilhelm Greef, dessen mechanische Weberei an der benachbarten Straße (heute: An der Josefskirche) lag. Die Josefstraße wurde erst mit der Errichtung von Pfarrhaus und Kaplaneien zu einer öffentlichen Straße ausgebaut. So verzögerte sich auch die Erteilung der Baugenehmigung für die Häuser um einige Tage, da die Stadt zunächst die Fertigstellung der Straße verlangte. Die katholische Kirchengemeinde musste versichern, dass eine Fertigstellung zwar nicht vor Inangriffnahme, aber vor dem Abschluss der Neubauten gewährleistet sei. Hierfür garantierte sie selbst sowie die mit ihren Grundstücken anliegenden Unternehmer Greef und Weyers.

Als baulich weitgehend unversehrt erhaltenes Pfarrhaus der für die südliche Innenstadt zuständigen Pfarrei St. Josef ist das Gebäude Josefstraße 9 bedeutend für Viersen. Aufgrund seines guten Erhaltungszustandes zeugt es anschaulich von der typischen Bauweise eines kirchlichen Zweckgebäudes um 1900, nämlich einer einfachen Backsteinarchitektur mit einigen religiösen bzw. neugotischen Motiven. Gleichzeitig hebt es sich durch seine etwas aufwändigere Gestalt (Walmdach, Eingangshöfchen, Josefsfigur an der Fassade) deutlich von den funktional untergeordneten Kaplaneien ab. Zusammen mit seinen Nachbargebäuden bis hin zum ehemaligen Josefskloster an der Gereonstraße bildet es südlich der Josefskirche gleichsam einen eigenen baulichen Bereich aus. Die Josefstraße wird von dieser Gebäudegruppe geprägt. An der Erhaltung und Nutzung des Pfarrhauses Josefstraße 9 besteht daher aus wissenschaftlichen, architektur- und insbesondere ortsgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse. Da die Vorgaben des §2 (1) Denkmalschutzgesetz erfüllt sind, handelt es sich um ein Baudenkmal.