Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 444

 

Standort:

Josefstraße 3,  D 41747 Viersen

GPS:

5115' 04,5" N   06o 23' 50,3" O

Zuständigkeit:

Kath. Kirchengemeinde St. Josef

Baujahr:

1900

Tag der Eintragung als Denkmal

6. Mai 2003

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Ehem. Kaplanei der Pfarre St. Josef in Viersen

Denkmalbeschreibung:


Ende des 19. Jahrhunderts machte das starke Bevölkerungswachstum im südlichen, zunehmend industriell geprägten Stadtbereich von Viersen die Einrichtung einer neuen Pfarre erforderlich. Ab 1879 wurde von der Pfarrei St. Remigius eine Neugründung betrieben, die bis dahin (neben Helenabrunn) die einzige Pfarrei in Viersen war und inzwischen mehr als 17.000 Einwohner zu betreuen hatte. 1882 wurde ein Bauverein gegründet und schließlich 1889-1891 die Kirche St. Josef als ein neuer Mittelpunkt des Ortsteiles Rintgen errichtet. Im Jahr der Fertigstellung der Kirche erfolgte dann auch die Erhebung des Bezirkes zum Rektorat und schließlich 1895 zur Pfarrei.

Außer der Kirche benötigte der neue Seelsorgebezirk, der sich in starkem Maße sozial-karikativen Aufgaben widmete, weitere bauliche Einrichtungen. So entstanden u.a. 1893, 1913 und 1916 drei Kleinkinder-Bewahrschulen, 1892/93 an der neuen, unmittelbar südlich an der Kirche vorbeiführenden Josefstraße das Pfarrhaus (Josefstraße 9) und zunächst zwei Kaplaneien (Josefstraße 5/7). 1900 folgte eine weitere Kaplanei (Josefstraße 3), 1910 konnte an der benachbarten Gereonstraße das Josefskloster bezogen werden.

Beschreibung
Das 1900 errichtete Kaplaneigebäude Josefstraße 3 hebt sich mit seiner gelben, hart gebrannten Klinkerverkleidung (über dunklerem Sockel) einerseits deutlich von dem erdfarbenen Nachbargebäude des Jahres 1892 ab. Andererseits übernimmt es Trauf-, Gesims- und Geschosshöhen des Doppelhauses Josefstraße 5/7, wodurch eine dennoch harmonische, breit gelagerte Front entsteht. Planleger war in beiden Fällen der Bauunternehmer Martin Küppers.

Das Haus erhebt sich traufständig zweigeschossig auf annähernd quadratischem Grundriss. Rechts ist es direkt an das Nachbargebäude angebaut, die linke Seite steht als fensterloser Brandgiebel frei. Nach vorne sind die beiden linken der insgesamt vier regelmäßigen Fensterachsen als Risalit leicht vorgezogen und werden von einem Staffelgiebel-Zwerchhaus bekrönt. In der rechten Achse ist der über Stufen eingenischte Hauseingang angeordnet. Während die Fenster im Erdgeschoss einfach segmentbogig in die Wand eingeschnitten sind, werden jene des Obergeschosses von Spitzbogenblenden gerahmt und überfangen, in deren Spitze kleine Kreuze eingebracht sind. Blenden und Fenster sitzen auf einem Sohlbankgesims auf. Die Fenster selbst besitzen die für die Erbauungszeit typische T-Teilung.

Den Zwerchhausgiebel gliedert ein Paar kleiner Spitzbogenfenster und darüber ein kleines Kreismotiv. Hier wie auch im Obergeschoss fällt auf, dass der Bauantragsentwurf in der Ausführung abgeändert wurde, sah dieser doch einen Dreiecksgiebel mit steigendem Spitzbogenfries sowie einem großen Rundfenster vor, entsprechend dem Giebel an Josefstraße 5/7. Auch sollte der Trauffries des Nachbarhauses fortgeführt werden, was zugunsten der Blendgliederung ebenfalls unterblieb.

Durch die originale Eingangstür betritt man innen zunächst einen Seitenflur, der übereck zu dem mittig an der hinteren Seite angeordneten Treppenhaus führt. Schmuckfliesenboden und die originale Holztreppe, gerade zweiläufig mit Wendepodest sind erhalten, letztere mit kandelaberförmigem Anfänger und gedrechselten Geländerstäben. Unter der Treppe führt eine Tür in den Garten. Die backsteinsichtige Rückseite des Hauses ist abgesehen von der relativ symmetrischen Fensteranordnung schmucklos gestaltet.

Die heute in dem Haus untergebrachte, 1900 gegründete Bücherei des Borromäusvereins ist die einzige kirchliche Öffentliche Bibliothek in Alt-Viersen.

Der Planverfasser, Martin Küppers, war mit seinem Baugeschäft um 1900 ein viel beschäftigter Bauunternehmer in Viersen. Für die Pfarrei St. Josef errichtete er außer den Bauten an der Josefstraße auch das Josefskloster an der Gereonstraße. 1920/21 besitzt er zudem eine Ziegelei An der Eisernen Hand, mit eigenem Gleisanschluss an die Industriebahn - eine für Bauunternehmer im späten 19./Anfang des 20. Jahrhunderts nicht unübliche und zweckmäßige Kombination.

Das Gelände für Kirche und Pfarrhaus/Kaplaneien stammte wohl aus dem Besitz des Unternehmers Friedrich Wilhelm Greef, dessen mechanische Weberei an der benachbarten Straße (heute: An der Josefskirche) lag. Die Josefstraße wurde erst mit der Errichtung von Pfarrhaus und Kaplaneien zu einer öffentlichen Straße ausgebaut. So verzögerte sich auch die Erteilung der Baugenehmigung für die Häuser um einige Tage, da die Stadt zunächst die Fertigstellung der Straße verlangte. Die katholische Kirchengemeinde musste versichern, dass eine Fertigstellung zwar nicht vor Inangriffnahme, aber vor dem Abschluss der Neubauten gewährleistet sei. Hierfür garantierte sie selbst sowie die mit ihren Grundstücken anliegenden Unternehmer Greef und Weyers.

Als baulich weitgehend unversehrt erhaltene Kaplanei der für die südliche Innenstadt zuständigen Pfarrei St. Josef ist das Gebäude Josefstraße 3 bedeutend für Viersen. Aufgrund seines guten Erhaltungszustandes zeugt es anschaulich von der typischen Bauweise eines kirchlichen Zweckgebäudes um 1900, nämlich einer einfachen Backsteinarchitektur mit einigen religiösen bzw. neugotischen Motiven. Zusammen mit seinen Nachbargebäuden bis hin zum ehemaligen Josefskloster an der Gereonstraße bildet es südlich der Josefskirche gleichsam einen eigenen baulichen Bereich aus. Die Josefstraße wird von dieser Gebäudegruppe geprägt. An der Erhaltung und Nutzung des Kaplaneigebäudes Josefstraße 3 besteht daher aus wissenschaftlichen, architektur- und insbesondere ortsgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse. Da die Vorgaben des § 2 (1) Denkmalschutzgesetz erfüllt sind, handelt es sich um ein Baudenkmal.