Denkmale in der Stadt Viersen |
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Lfd. - Nr. 440 |
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Standort: Bahnhofsplatz 1, D 41747 Viersen GPS: 51o 15' 15,6" N 06o 24' 13,2" O Zuständigkeit: Deutsche Bundesbahn Baujahr: 1917 Tag der Eintragung als Denkmal 21. Juni 2002 Quellenhinweis: Beschreibung der Denkmalbehörde
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Bahnhof / Empfangsgebäude in Viersen Denkmalbeschreibung: 1.
Geschichte Seit
1848 war Viersen in das neu entstehende Netz der deutschen Eisenbahnen
einbezogen. Am 5.10.1849 wurde die Strecke Viersen-Homberg der
Ruhrort-Crefeld-Kreis Gladbacher Eisenbahn eröffnet, die Ende 1851 bis
Gladbach fertig gestellt war. 1865 sah die Eröffnung der Strecke nach Dülken,
seit 1861 existierten bessere Verbindungen nach Köln und Duisburg über
Neuss. Über Grevenbroich lief dann ab der Zeit kurz vor dem Ersten
Weltkrieg die Durchgangslinie Köln-Niederlande. In
folge des so angestiegenen Verkehrs auf den nun zügigeren
Bahnverbindungen wurde kurz vor dem Ersten Weltkrieg der Neubau einer
diesen Bedingungen angemessenen Situation notwendig, für die außerhalb
des Zentrums der heutige Platz am damals freien Gelände "Am
Eichelnbusch" gewählt wurde. Gleichzeitig und analog zu anderen Städten
verlegte man die Eisenbahntrasse zur Erleichterung der Kreuzung mit dem
Straßenverkehr in die höhere Ebene, was zur Anschüttung des Dammes nördlich
des Bahnhofes führte und der heutigen Situation entspricht. 1917 (nach
anderen Quellen 1921, was sich vermutlich auf die Fertigstellung der
gesamten Bahnanlagen bezieht) wurde der Bau in Betrieb genommen. 2.
Beschreibung Um
einen dominanten Zentralbau mit vorgelagertem Mittelrisalit unter
Dreiecksgiebel und Pilastern in Kolossalordnung gruppieren sich in
barocker Grundrißdisposition zurücktretende Zwischentrakte und ein
hervortretender, pavillonartiger Eckbau. Die zentrale Halle ist mit
einem Walmdach überdeckt, in dessen Firstmitte ein belvedereartiger
Aufsatz zu finden ist. Das Dreiecks-Giebelfeld über dem Hauptzugang ist
geziert durch einen uhrtragenden Okulus, der ursprünglich von
stuckiertem Rahmenwerk umgeben war. Über der gequaderten Sockelzone
belichten fünf Hochrechteck-Fensterflächen zwischen den Pilastern die
Empfangshalle hinter der klassizierenden Fassade. Nach
Westen schließt unter Sockeldach der niedriger gehaltene, von fünf
Fensteröffnungen belichtete Gastronomietrakt an, der überleitet zu dem
pavillonartigen Eckbau von drei Achsen Breite, dessen Walmdach im
rechten Winkel zum Verbindungstrakt verläuft. Mehrfach gestufte
Laibungszonen des zweigeschossigen Aufrisses sorgen für eine
Eckbetonung, die Brüstungsfelder sind durch Putzmotive schmückend
betont. Nach
Osten hin folgt der Empfangshalle ein vier Achsen breiter,
zweigeschossiger Flügelbau auf winkelförmigem Grundriß, der überleitet
zu einem rechtwinklig ansetzenden, zurückstehenden Seitenflügel,
wiederum parallel zum Gleiskörper. Auch dieser Trakt weist die
Ziermotive des westlichen Eckpavillons auf. Die
Empfangshalle besitzt im Inneren einen dreifachen, über mehrfacher
Kehlung zurückgesetzten Deckenspiegel mit eng stehenden Putzkonsolen,
in dessen Mitte die durch ornamentiertes Gitter geschlossene, zum
Belvedere überleitende zentrale Entlüftungsöffnung sitzt. Es ist dies
nicht die einzige Ornamentierung des ansonsten nüchtern-Strengen
Empfangsgebäudes. Im Westtrakt haben sich zur Gleisseite hin originale
Hölztäfelungen über Hohlkehlen an der Decke des Restaurants erhalten,
ebenso sehr qualitätvolle, rautenförmig angeordnete Stuckierungen im
zum Bahnhofsplatz gelegenen Gebäudeteil. Unterführung und Brückenaufgänge
sowie Bahnsteigaufbauten sind nicht weiter von historischem Interesse.
Hier haben Veränderungen des ursprünglichen Zustands zu weit verunklärt. 3.
Bewertung Der
im Zuge der zusammenfassenden Modernisierung und gleichzeitigen Höherlegung
der Bahntrasse entstandene Viersener Hauptbahnhof ist im oben
beschriebenen Umfang ein Denkmal im Sinne des §2 (1)
Denkmalschutzgesetz NW. Seine Erhaltung und Nutzung liegt im öffentlichen
Interesse, da der Bau bedeutend für die Städte und Siedlungen sowie für
die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse ist. Für
Erhaltung und Nutzung liegen künstlerische, wissenschaftliche und städtebauliche
Gründe vor. Dies gilt für den Außenbau, ebenfalls aber für die unter
römisch zwei genannten Ausstattungsdetails. Der
in dem Zusammenhang einer eigens neu geschaffenen Bahnhofsvorplatzanlage
gestellte Bau macht mit klassizierenden Einzelformen über barocker
Grundrissdisposition die bis zum Ersten Weltkrieg stark gestiegene
Bedeutung der Station Viersen deutlich. Sein repräsentativer Anspruch
unterstreicht das Selbstgefühl der prosperierenden Industriestadt
Viersen im Verbund des rheinischen Wirtschafts- und Verkehrsraums. 1922
hielten in Viersen täglich 12 D-Züge, 20 Eilzüge und 64 Personenzüge
in der noch heute für den grenzüberschreitenden Verkehr Köln-Den Haag
wichtigen Station. Baugeschichtlich
steht die Anlage für die werkgerechte Gestaltung des klassizierenden
Putzbaues nach dem Jugendstil. Die ruhige, aber nicht unlebendige Front
schließt würdig die von weiteren denkmalwerten Bauten umschlossene Fläche
des Bahnhofplatzes. Die vereinfachende Renovierung (Belvedere,
Giebeldreieck) hat die Qualität des Bauwerks nicht beeinträchtigen können.
Der Bau ist ein beispielgebender Repräsentant der zweiten Generation
mittelstädtischer Empfangsgebäude, die nach der Höherlegung der
Bahntrassen seit den 1890er Jahren nötig geworden sind.
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