Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 437

 

Standort:

Heinz - Luhnen - Straße 19,  D 41751 Viersen - Dülken

GPS:

5115' 21,8" N   06o 20' 13,7" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1925

Tag der Eintragung als Denkmal

23. Mai 2002

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Postgebäude in Dülken

Denkmalbeschreibung:

Das Postgebäude an der Heinz-Luhnen-Straße in Dülken wurde 1925 als Postamt an der aus dem Stadtkern zum Bahnhof hinaus führenden Straße errichtet. Es handelt sich um ein zweigeschossiges Backsteingebäude in neubarocker Formensprache mit Mansarddach. Charakteristisches Merkmal des Außenbaues ist der breit gelagerte Baukörper mit seiner regelmäßigen Reihung von Fensterachsen - an der Längsseite zur Heinz-Luhnen-Straße dreizehn, an der Schmalseite fünf Achsen hochrechteckiger Fenster, die von sechs Achsen eines eingeschossigen Anbaues fortgeführt werden. An der Eingangsfassade zur Heinz-Luhnen-Straße sind zwei Eingänge symmetrisch zueinander in den jeweils äußeren Achsen angeordnet. Diese Eingangsachsen sind über beide Geschosse durch Backstein-Bänderung hervorgehoben, ebenso eine weitere Achse in der Mitte, die jedoch nur Fensteröffnungen enthält. Zusätzlich akzentuieren die Brüstungsflächen der Obergeschossfenster die Fassade, deren Symmetrie durch die regelmäßige Reihung von Gaubenfenstern im Mansardgeschoss ergänzt wird, wobei dort aus gestalterischen Gründen jeweils die äußere Achse ohne Gaube bleibt.

Seitlich entlang der Friedrichstraße schließt sich ein formal angepasster eingeschossiger Anbau an.

Die Rückseite des Hauptgebäudes ist verputzt.

Die sprossengeteilten Kreuzstockfenster sind augenscheinlich alt, möglicherweise ursprünglich, und in dem auf Materialwirkung und Fensterachsen-Rhythmisierung angelegten Baukörper ein integrales Gestaltungselement.

Würdigung
Das Dülkener Postgebäude ist in seiner unmittelbaren Nachbarschaft der mit Abstand größte Bau mit straßenraumprägender Wirkung an der Ecke Heinz-Luhnen-Straße / Friedrichstraße. Dennoch fügt es sich bezüglich Höhe und Stellung gut in die städtebaulich sehr qualitätvolle Umgebung ein. Die Heinz-Luhnen-Straße war im Stadtbauplan von 1894 (Stadtbaumeister Ulrich) als Victoriastraße bereits vorgesehen. Erst 1919 jedoch wurde der Bereich zwischen Friedrichstraße und Viersener Straße als Hindenburgstraße angelegt. Sie ist die geradlinig direkte Verbindung von Stadtkern und Bahnhof. Im Gegensatz z.B. zu der benachbarten Friedrichstraße mit ihrer Reihenbebauung der Jahrhundertwende ist die heutige Heinz-Luhnen-Straße in diesem ab 1919 entstandenen Abschnitt geprägt durch eine aufgelockerte Bebauung freistehender Wohnhäuser, z.T. gehobenen Anspruchs.

Architekturgeschichtlich ist das Dülkener Postgebäude ein augenscheinlich in seinen wesentlichen Elementen gut erhaltenes Zeugnis der traditionalistischen Moderne der 1920er Jahre. Die bedeutende Rolle der Reichspost und ihrer verschiedenen Bauabteilungen für die Entwicklungsgeschichte der modernen Architektur ist in der bauhistorischen Forschung der letzten Jahre prägnant herausgearbeitet worden. Die Verwendung des Backstein-Sichtmauerwerks verweist auf das Bemühen um eine Fortschreibung regionaltypischer Bauweisen. Dieses bereits vor dem ersten Weltkrieg formulierte Ziel brachte in den zwanziger Jahren bemerkenswert qualitätvolle Formfindungen hervor, die den Backstein z.B. auch zur Ausbildung von flächig-geometrischen Zierformen heranzogen. Dies ist in Dülken an Eingangsachsen und Brüstungsflächen der Fall. Die strenge Symmetrie und regelmäßige Axialität der Fassade samt Mansarddach ist neubarocken Tendenzen verpflichtet, die einerseits gerade bei großen öffentlichen Bauaufgaben als repräsentative Würdeform galten, andererseits bei der angestrebten "Überwindung" der historistischen "Stilarchitektur" eine zentrale Rolle spielten. Beabsichtigt war im Sinne moderner Architekturreform eine Beruhigung und Flächenbetonung des Baukörpers, hinsichtlich der Schmuckformen auch eine Purifizierung in Abkehr von Historismus und Jugendstil. Die Verwendung traditioneller Gestaltungs- und Formelemente, wozu hier auch die hochrechteckigen Fensterformate und -formen zu zählen sind, bezeichnet dabei das konservative Element, das sich von avantgardistischen Lösungen im Sinne etwa des Bauhauses deutlich unterschied, und in der Forschung daher zur Bezeichnung "traditionalistische Moderne" geführt hat. Das kurze Zeit später errichtete Viersener Postgebäude an der Freiheitsstraße zeigt eine ganz ähnliche Grundhaltung, ist aber innerhalb dieses Rahmens einer stärker monumentalisierenden Formensprache verpflichtet. In Dülken waren sicher auch die geringere Größe und die in ein geschlosseneres städtebauliches Umfeld integrierte Lage Gründe für eine etwas konventionellere Gestaltung.

Das Dülkener Postgebäude zeugt also in anschaulicher Weise von einer wichtigen architekturgeschichtlichen Strömung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ferner zeigt es die große Bedeutung der Reichspost als Bauherr moderner Architektur in den zwanziger und dreißiger Jahren.

Als bis heute über 75 Jahre in Betrieb befindliches Postgebäude ist es darüber hinaus von ortsgeschichtlicher Bedeutung, zählt das Postwesen doch zu den zentralen Infrastruktureinrichtungen neuzeitlichen städtischen Gemeinwesens. Nach Doergens gehen die Anfänge des Postwesens in Dülken auf das Jahr 1760 zurück, als ein regelmäßiger Botendienst zwischen Dülken, Viersen und St.Tönis / Krefeld eingerichtet wurde. Dülken wurde Hauptpostort im Kanton Bracht, ein erstes Postamt wurde 1816 in einem Wohnhaus an der Langen Straße eingerichtet, 1855 in das Mostertzsche Haus am Markt verlegt. 1861 und dann wieder 1895 wurden an der Viersener Straße eigenständige Postgebäude errichtet. Doergens beschließt sein Kapitel zum Postwesen mit dem vorliegenden Neubau: "Die beschränkten Räumlichkeiten des alten Postamtes, die den Anforderungen der Zeit nicht mehr genügten, hatten den Bau eines neuen zu einer unabweisbaren Notwendigkeit gemacht. Dasselbe wurde Ecke Friedrich- und Hindenburgstraße gebaut und am 16. August 1925 in Betrieb genommen. Es enthält 19 Amtsräume und in der Beletage und dem Dachgeschoss 17 Wohnräume. In ersterer befindet sich die Dienstwohnung für den Postdirektor" (Seite 313).

Das Gebäude Heinz-Luhnen-Straße 19 ist als Dienstgebäude der Post bedeutend für Viersen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht aus den dargelegten wissenschaftlichen, insbesondere architektur- und ortsgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz NRW um ein Baudenkmal.