Denkmale in der Stadt Viersen |
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Lfd. - Nr. 434 |
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Standort: Gerberstraße 20, D 41748 Viersen GPS: 51o 15' 41,2" N 06o 23' 52,4" O Zuständigkeit: Privat Baujahr: 1921 Tag der Eintragung als Denkmal 18. April 2002 Quellenhinweis: Beschreibung der Denkmalbehörde
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Villa Marx in Viersen Denkmalbeschreibung: Die ehemalige Villa des Lederfabrikanten Karl Marx wurde 1921 nach Plänen des bekannten Mönchengladbacher Architekten Robert Neuhaus erbaut. 1950 wurde das Anwesen von seinen damaligen Besitzern, den Geschwistern Rath, an das Bistum Aachen veräußert, jedoch erst 1957 von Besatzungseinrichtungen geräumt und anschließend zum Exerzitienhaus des Bistums Aachen ("Remigiushaus") umgenutzt und erweitert. Das Gebäude liegt etwas zurück von der Straße hinter einer zeitgenössischen Einfriedungsmauer. Hinter dem Haus erstreckt sich ein zwar schmales aber ungewöhnlich tiefes Gartengrundstück. In ihm wurde 1957/58 ein langgestreckter Neubau errichtet (Architekt: Hermann Josef Leo, Viersen). Bei der Villa handelt sich um einen über Sockelgeschoss zweigeschossigen Putzbau in neubarocker Formensprache mit Mansard-Schieferdach (der obere Teil heute mit Ziegeln gedeckt). Der auf annähernd quadratischer Grundfläche errichtete Bau ist auf allen vier Seiten durch verschiedenförmige Ausbauten erweitert - ein in der Villenarchitektur seit der Renaissance "klassisches" Motiv, später in anderem Maßstab auch bei Maisons de Plaisance des 18. Jahrhunderts anzutreffen. Das Mansard-geschoss besitzt in regelmäßigen Abständen segmentbogige Dachgauben. Das Äußere der Villa zeigt sich in vornehmer Zurückhaltung, zu der allerdings im Detail auch kleine Purifizierungen der 1950er Jahre beitragen. Die Mitte der straßenseitigen Fassade wird im Erdgeschoss durch einen dreiseitigen erkerartigen Vorbau betont, der im Obergeschoss einen Austritt vor einer Dreiergruppe Fenster bzw. Fenstertür ausbildet. Rechts und links flankiert jeweils eine Fensterachse diese Mittelachse. Ein umlaufendes dünnes Sohlbankgesims trennt die beiden Geschosse, das Kranzgesims wird durch einen flachen klassizierenden Klötzchenfries akzentuiert. Die hochrechteckigen Fenster haben gerade Stürze; nach vorne im Erdgeschoss werden sie von einem geraden Gebälk mit Halbrund und Muschelmotiv bekrönt. Der Haupteingang befindet sich an der linken Seite in einem eingeschossigen rechteckigen Vorbau mit Walmdach und Dreiecksgiebel. Die originale Haustür (zweiflüglig mit Glaseinsätzen in kassettierten, mit Kreuzformen geschmückten Feldern und trophäenartig ornamentiertem Oberlicht) sitzt über drei Stufen erhöht in einer Werksteinrahmung. Flankiert wird der Eingang von kleinen Annexräumen (Ablage / Garderobe), an deren Rückseite sich ein ehemaliger Dienstboteneingang (ebenfalls mit originaler Tür) befindet - in den Entwurfsplänen war ihm benachbart die Küche vorgesehen. Die kleinen hochrechteckigen Fenster dieses Vorbaus sind mit Ziergittern versehen. Auf der Gartenseite war der bei Bauten dieses Typs übliche eingeschossige Wintergarten mit Austritt im Obergeschoss angeordnet. Beim Umbau 1957/58 wurde der Austritt geschlossen; der Anbau schließt mit einem Gelenkbau seitlich an den dreiseitig vor die Flucht tretenden Wintergarten an, der heute als eine Art Vestibül zu den Räumen des Altbaus dient. Im Innern sind trotz der Nutzungsänderung der 1950er Jahre Raumaufteilung und Ausstattung im Wesentlichen, z.T. bis in Details noch ursprünglich erhalten. Im Mittelpunkt steht eine stattliche Treppenhaushalle mit zweiläufiger Treppe an zwei Seiten und Galerie im Obergeschoss, die zentral die weiteren Räume erschließt. Zwischen Erd- und Obergeschoss ist die Treppe aufwändig verziert (ornamentierte Geländerbretter, Anfängerpfosten), zwischen Ober- und Dachgeschoss wie üblich schlicht gehalten. Hölzerne Wandverkleidungen und Türen samt Gewände tragen zum gediegenen Raumeindruck ebenso bei wie der in Hallen dieser Art übliche Kamin. Der alte Eingangsflur, in dem einige Stufen auf das Erdgeschossniveau führen, ist mit einem Tonnengewölbe ausgestaltet und besitzt eine dezente Stuckgliederung mit Gurtbögen auf Pilastern, Fries und Deckenspiegel. Eine zweiflügelige Flurtür (Holzrahmen mit großen Glaseinsätzen) mit Oberlicht und anschließender kassettierter Deckenverkleidung akzentuiert den Übergang vom Flur in die Treppenhalle. Auch die um die Halle herum im Erdgeschoss angeordneten großen Räume, ehemals Empfangs-, Ess- und Salonzimmer, besitzen noch Parkettböden, Wand- und Heizkörperverkleidungen, meist aus dunklem Edelholz und stuckierten Deckenschmuck (Mittelrosette mit Kehlfries). Bemerkenswert und bezeichnend für die Detailfinesse der Ausstattung sind die variierenden Supraporte-Motive. Flügeltüren und Wandschränke tragen zum weitgehend original erhaltenen Raumbild bei. Der vierte Raum des Erdgeschosses enthielt laut Baugesuchszeichnung ursprünglich die Küche; diese befindet sich heute im Kellergeschoss. Auch in den Räumen des Obergeschosses sind Ausstattungsdetails wie Wandverkleidungen und -schränke erhalten. Die Anordnung untergeordneter Räume im Mansardgeschoss (ehemals u.a. wohl Personalzimmer) ist ebenfalls noch ablesbar. Zur Gerberstraße wird das Grundstück durch einen Metallzaun mit durch große Laternenaufsätze bekrönten Natursteinpfeilern abgeschlossen. Der zugehörige Garten ist in seiner ungewöhnlichen Größe durch den Erweiterungsbau zwar beschnitten, seine Großzügigkeit und Gestaltung gleichwohl noch erlebbar. Die heutige Wegeführung und Raumgliederung geht zwar möglicherweise auf die Umnutzung in den fünfziger Jahren zurück, korrespondiert in Grundzügen der geschwungenen Wege aber mit den Entwurfsplänen von 1921. Der Architekt Robert Neuhaus (1864-1934) war gebürtig aus Krefeld. 1887-94 lebte er in Köln, wo er als freischaffender Architekt gemeinsam mit Carl Schauppmeyer ein Büro unterhielt. 1894/95 zog er nach Rheydt, nachdem ihm dort im Wettbewerb für den Rathausneubau zunächst der dritte Preis und dann die Ausführung zugesprochen worden waren. 1895/96 entstand das monumentale Rheydter Rathaus nach seinen Plänen in historistischem Stil (1902 ähnlich das Rathaus in Hamborn), ebenso wie um 1900 die bekannten Häuser Bismarckstraße 97 und 99 in Mönchengladbach. In der Folgezeit entwickelte sich Neuhaus zusammen mit seinem Teilhaber August Stief zu einem bedeutenden Villenarchitekten in Rheydt und Mönchengladbach, der die Wohn- und Landhäuser für zahlreiche Unternehmerpersönlichkeiten der beiden Städte entwarf. Hervorzuheben sind die überaus stattliche Villa Hecht, Mozartstr. 19 in Mönchengladbach, 1914-16 in neubarockem Stil errichtet, und die Neubauten des Gutes Zoppenbroich für Ernst Bresges. 1934 ist Neuhaus in Wassenberg gestorben.Das Gesamtwerk von Robert Neuhaus ist erst in Ansätzen gesichtet. Die Prominenz seiner Auftraggeber und der ihm übertragenen Bauaufgaben weisen ihn als einen regional überaus gefragten und bedeutenden Architekten aus. Stilistisch spiegelt sich in seinen bekannten Bauten der wechselnde Geschmack der Jahrzehnte zwischen 1890 und 1930 wider. Neben neugotischen und Neurenaissance-Entwürfen stehen vor allem in der Spätzeit nach dem Ersten Weltkrieg zahlreiche neubarocke Beispiele, zu denen auch die Villa Karl Marx in Viersen zählt. Weitere Gebäude von Neuhaus in Viersen sind die Villa Ernst Heine, Heimbachstr. 12, und das ehemalige Verwaltungsgebäude der Maschinenfabrik Gebr. Heine, Greefsallee / Ringstraße, beide Bauten als Baudenkmäler geschützt bzw. beantragt. Seine Entwurfsphilosophie beschrieb Neuhaus in einer Selbstdarstellung seines Büros, die etwa zur selben Zeit wie die Villa Karl Marx entstand, wie folgt: "Bei den Wohnhäusern sind einige reich in echtem Werkstein gestaltet, aber die einfachen Putzbauten sind vorherrschend. Sie können gleichsam als Schulbeispiel dafür dienen, wie aus der Notzeit der Baukunst das schlichte Bürgerhaus wieder hervorgegangen ist. Dabei fällt es auf, daß diese höchst einfachen Häuser vornehmer wirken, wie die mit Erkern, Türmchen, Zierformen und Giebeln allzusehr geschmückten Villen der verflossenen üppigen Zeit vor dem großen Kriege. Daß diese glatte Bauart mit den einfachen Dachformen dem Wetter wenig Angriffspunkte bietet und Schäden hierdurch nicht so leicht entstehen können, mag als besonderer Vorzug vermerkt werden. Indem nach außen aller Aufwand vermieden wurde, konnten umso mehr die zur Verfügung stehenden Mittel zur behaglichen und gediegenen Einrichtung im Innern verwandt werden. Wurden außerdem die Mittel bewilligt, um bei der Ausstattung der Haupträume auch die Möbel nach besonderen Entwürfen der Architekten neu zu beschaffen, so konnten in kultivierter Sachlichkeit vorbildliche Wohnungen entstehen. Die gute Verbindung des Hauses mit dem Garten ist in der Regel durch eine offene Halle herbeigeführt und in den Fällen, wo die Neugestaltung des Gartens in die Hände der Architekten gelegt war, wurden vollkommene Lösungen erreicht, so daß hier der Garten wirklich als erweiterte Wohnung erscheint." (Quelle: Lit 1, Seite 5f.) Es handelt sich um ein anschaulich erhaltenes Beispiel gehobener bürgerlicher Wohnkultur der frühen 1920er Jahre in Viersen. Stilgeschichtlich steht das Gebäude für eine vom Historismus und Jugendstil abgesetzte neubarocke Richtung im Villenbau, die in den frühen zwanziger Jahren als Würdeform verbreitet war. Das Haus ist daher ein wichtiges Bindeglied zwischen den bedeutenden Viersener Unternehmervillen der Gründer- und Kaiserzeit vor 1914 und den moderneren Wohnhäusern der späten zwanziger Jahre, dann mit backsteinexpressionistischen Elementen oder in neusachlicher Formensprache. Als Entwurf von Robert Neuhaus ist das Haus darüber hinaus das Werk eines bedeutenden Architekten und deshalb ebenfalls von architekturgeschichtlichem Interesse. Wesentlicher Bestandteil seiner architekturhistorischen Qualität sind die erhaltene historische Raumaufteilung und -ausstattung sowie die stattliche Einfriedung zur Gerberstraße. Die Villa Karl Marx, Gerberstraße 20, ist aus den genannten Gründen bedeutend für die Geschichte des Menschen und für Viersen. An ihrer Erhaltung und Nutzung besteht ein öffentliches Interesse aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen Gründen. Sie ist daher gemäß § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes ein Baudenkmal.
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