Denkmale in der Stadt Viersen |
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Lfd. - Nr. 430 |
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Standort: Heinz - Luhnen - Straße 15, D 41751 Viersen - Dülken GPS: 51o 15' 20,4" N 06o 20' 12,9" O Zuständigkeit: Privat Baujahr: 1921 Tag der Eintragung als Denkmal 18. April 2002 Quellenhinweis: Beschreibung der Denkmalbehörde
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Haus Lehmbach in Dülken Denkmalbeschreibung: Das Wohnhaus Heinz-Luhnen-Straße 15 in Viersen-Dülken einschließlich Garage ist bedeutend für Viersen. An der Erhaltung und Nutzung besteht ein öffentliches Interesse aus wissenschaftlichen, besonders architekturgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal. Das Haus Heinz-Luhnen-Straße 15 in Dülken wurde 1921 von dem in Düsseldorf wohnhaften Unternehmer Dr. Ing. Siegfried G. Werner als Wohnhaus für den Betriebsdirektor seines Dülkener Werkes, Lembach errichtet. Das Eisen- & Stahlwerk Werner in Dülken ("Werner-Werke") lag an der Heiligenstraße und wurde später in Niederrheinische Eisenhütte und Maschinenfabrik Aktiengesellschaft umbenannt. Die Planung des Hauses besorgte der Regierungsbaumeister Carl Conradi mit Büro in Elberfeld und Barmen. Das freistehende, auf ca. 12 x 10 m rechteckiger Grundfläche traufenständig errichtete Wohnhaus wird von einem großen, schiefergedeckten Mansard-Krüppelwalmdach geprägt. Seine über Keller zwei Vollgeschosse treten somit nur in den Giebeln als verputzte Wandflächen nach außen zutage, während rückwärtig und in der Straßenansicht das obere Geschoss als Mansarde mit großem mittigen Zwerchhaus ausgebildet ist. Die hinter einem Vorgarten leicht von der Straße zurücktretende Fassade ist streng achsensymmetrisch aufgebaut. Der mittig gelegene Eingang, bestehend aus der eigentlichen Tür (mit gesprosstem Oberlicht, Vasenmotiv und Laterne) und schmalen seitlichen Begleitfenstern, wird von je einem zweiflügeligen gesprossten Zimmerfenster begleitet, deren nur gering hochrechteckiges Format bei aufgeklappten Fensterläden zu einem querrechteckigen, "liegenden" Format umgesetzt wird. Breite, quaderartig gebänderte Lisenen akzentuieren die Gebäudekanten und rahmen die Eingangsachse. Sie finden sich ebenfalls an den Ecken des großen Zwerchhauses, dessen abschließender Dreiecksgiebel (mit kleiner, radial gesprosster Lünette) mit seiner Firstlinie beinah die Höhe des Hauptdaches erreicht. Zwei kleine Dachgauben, die das Zwerchhaus rechts und links begleiten, sind seitlich nach unten gebaucht und werden von einem Segmentbogengiebel überfangen. Neben diesen Details fallen ferner die kräftigen horizontalen Linien des Traufgesimses, des Mansardenknicks und des Giebelgesimses im Zwerchhaus auf, was auch zu relativ großen Dachüberständen und kräftigen Eckverkröpfungen führt. An den Giebelseiten sind im Gegensatz zu den Längsfassaden die Öffnungen asymmetrisch in der Fläche verteilt. Während dies im linken Giebel noch zurückhaltend lediglich durch ein kleines vergittertes Zusatzfenster im Erdgeschoss bewirkt wird, nimmt der rechte Giebel einen zweiten Zugang (ehemals der Personaleingang, mit originaler durchfensterter Eingangstür) auf und zeigt eine gemäß inneren funktionalen Anforderungen unregelmäßige Fensterverteilung. Je eine Dachgaube besetzt auf beiden Seiten die Dachfläche. Die Gartenseite des Hauses wird im Erdgeschoss von einem zentralen, dreiachsigen Wintergartenausbau bestimmt (Fenstertüren erneuert), dessen Flachdach als Austritt für das darüberliegende Zwerchhaus mit seinen Schlafzimmertüren dient. Rechts und links des Wintergartens öffnen zwei weitere Fenster die gartenseitigen Räume. Im Inneren ist auf vergleichsweise geringer Grundfläche das Raumprogramm herrschaftlichen Wohnens untergebracht. Der Grundriss, übersichtlich und dennoch teilweise von streng symmetrischer Anordnung abweichend, ist beinah unverändert erhalten. Durch die originale Haustür mit dahinterliegendem kleinen Windfang betritt man einen zentralen Flurraum, vom dem aus bis auf die straßenseitige Küche alle Räume des Erdgeschosses erschlossen sind: seitlich links das "Herrenzimmer", gartenseitig Wohn- und Esszimmer, rechts die schmale Treppe. Die direkt vom Eingang aus zugängliche Küche ist mit dem Esszimmer durch einen kleinen Gang hinter der Treppe, entlang der rechten Außenwand, direkt verbunden; in diesen Gang führt auch der Nebeneingang der Giebelseite, was die Trennung zwischen Wohn- und Personalbereich unterstreicht. Wohn- und Esszimmer sind durch eine breite Flügeltür miteinander verbunden. Hier wie auch bei den anderen Zimmern sind alte Rahmenfüllungstüren erhalten. Die Wohnräume sind mit Parkettböden ausgestattet, der Wintergarten mit Fliesen. Heizkörperverkleidungen zeigen ebenso wie das Geländer der Treppe einfache gerade Stäbe. Die Holztreppe mit runden Anfängerpfosten führt mit geradem Lauf nach oben, wo sie mit um 180 Grad gekrümmtem Auslauf in das Schlafgeschoss mündet. Auch hier findet man wieder hinter der Treppe einen schmalen Verbindungsgang vor, der "Herrenschlafzimmer" und Bad direkt verbindet. Durch ein großes Fenster mit dekorativen Oberlicht (vorhangartig gestaltete Sprossen) belichtet dieser Gang zusätzlich auch das Treppenhaus. Der Grundriss entspricht im Prinzip dem des Erdgeschosses; die Wand zwischen den beiden gartenseitigen Räumen enthält beiderseits der mittigen Tür jeweils einen Wandschrank, der linke vom ehemaligen Kinderschlafzimmer aus, der rechte vom Herrenschlafzimmer aus bedienbar. Die Verbindungstür ist im Herrenschlafzimmer in eine rundbogige Nische mit pilasterartiger Verkleidung eingefügt. Von beiden Zimmern aus führen zweiflügelige Fenstertüren auf den Austritt oberhalb des Wintergartens. Das Dachgeschoss war ursprünglich teilausgebaut und enthielt in zeitüblicher Weise ein "Mädchenzimmer" für die Hausangestellte. Als heute selten gewordenes Detail bemerkenswert sind die in beiden Geschossen erhaltenen, von innen mittels Drehgriffen verstellbaren Klappläden. Die Heinz-Luhnen-Straße war im Stadtbauplan von 1894 (Stadtbaumeister Ulrich) als Victoriastraße bereits vorgesehen. Erst 1919 jedoch wurde der Bereich zwischen Friedrichstraße und Viersener Straße als Hindenburgstraße angelegt. Sie ist die geradlinig direkte Verbindung von Stadtkern und Bahnhof. Im Gegensatz z.B. zu der benachbarten Friedrichstraße mit ihrer gründerzeitlichen Reihenbebauung ist die heutige Heinz-Luhnen-Straße in diesem ab 1919 entstandenen Abschnitt geprägt durch eine aufgelockerte Bebauung freistehender Wohnhäuser, z.T. gehobenen Anspruchs. Das Haus Heinz-Luhnen-Straße 15 ist integraler Teil dieser charakteristischen Bebauung. Selbst angesichts der qualitätvollen Nachbarbebauung fällt das Wohnhaus Heinz-Luhnen-Straße 15 durch seine formal ungewöhnliche Gestaltung auf. Mit Sicherheit ist es auf die Herkunft von Bauherr und Architekt und vielleicht auch auf die Absicht, den bergischen Stammsitz des Unternehmens hier abzubilden, zurückzuführen, dass am Niederrhein ein Haus in typischen Formen des sogenannten "neubergischen" Stils errichtet wurde. Es handelt sich dabei um eine jener "traditionellen" Bauweisen, die im Zuge der antihistoristischen Architekturreform nach 1900 "wiederbelebt" wurden. Im Bergischen Land knüpfte man dabei an regionale Vorbilder insbesondere des 18. und frühen 19. Jahrhunderts an: die sog. bergischen Patrizierhäuser, deren barocke bzw. rokoko-gebundene Formensprache dann häufig - wie auch hier in Dülken - mit Elementen des malerischen Landhausstils verschmolzen wurde. Kennzeichen sind dabei die ausgiebige Schieferverwendung (oft als Wandverkleidung, hier lediglich als Deckungsmaterial des immerhin äußerst baukörperprägenden Mansarddaches), der Farbklang aus grünen Klappläden und kräftigen weißen Fenstergewänden sowie kleinteiligen Sprossen, die Eingangsgestaltung aus zentraler Tür mit "bergischem" Oberlicht (ornamentale Sprossung mit Vasenmotiv) und begleitenden kleinen Fensterchen, die charakteristische geschwungene Form der Dachgauben und natürlich die barock-biedermeierliche Grundform des Baukörpers mit großem Mansarddach, Quaderlisenen und Zwerchhaus. Die Verbreitung dieses Stils gerade im Villenbau noch der 1920er Jahre belegt, dass in ihm eine angemessene Würdeform für Industriellenwohnsitze gesehen wurde, die sich als solche teilweise auch von regionaler Beschränkung löste. Ein bezüglich Baugeschichte und einiger Details teilweise vergleichbares, jedoch weniger plakativ „neubergisches" Gebäude im Kreisgebiet befindet sich in Grefrath, Bahnstraße 90, eine 1920 für einen Unternehmer aus Barmen errichtete Villa. Der Architekt des Hauses, Regierungsbaumeister Carl Conradi (1874-1960) entstammte einer Wuppertaler (damals: Barmen-Elberfelder) Architektenfamilie. Bereits Vater und Onkel waren bekannte Bauunternehmer, Carl und sein älterer Bruder Ludwig zählten in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu den wichtigsten und meistbeschäftigten Architekten in Barmen, Elberfeld und auch darüberhinaus. Zahlreiche bedeutende Großbauten von ihnen sind in den zeitgenössischen DARI-Bauten "Deutschlands Städtebau" zu Barmen und Elberfeld angeführt. Obwohl beide getrennte Büros führten, kursieren allerdings z.T. fehlerhafte Zuschreibungen, zumal das Werk beider noch nicht wissenschaftlich aufbereitet ist. Auch ein Werkverzeichnis fehlt.Von Carl Conradi sind eine Reihe z.T. sehr aufwändiger Villenbauten in Wuppertal für bedeutende Unternehmer der Stadt und der Region überliefert (Niepmann, Vorwerk, Springorum, Curt u. Richard Frowein, Meyer-Leverkus u.v.a.m.). De Bruyn-Ouboter vermutet, dass Carl sich daneben Ende der 1920er Jahre auf Großbauten, auch außerhalb Wuppertals, spezialisierte. Das viel publizierte Kindererholungsheim Harzeck bei Schwelm wäre hierfür als ein "Vorläufer" anzusprechen, das Elberfelder Bethesda-Krankenhaus (1929) und das Huyssen-Stift in Essen-Huttrop (1934) folgten. Die Tätigkeit eines im Niederbergischen beheimaten Architekten in Dülken erklärt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die Person des Bauherren. Dr. Ing. Siegfried Werner, geb. 1878 in Bremen, ging nach seiner Promotion 1904 an der TH Charlottenburg für mehrere Jahre in die USA, wo er sich, u.a. als Angestellter der United Steel Corporation, insbesondere mit den dort entwickelten fortschrittlichen wissenschaftlichen Methoden der Betriebsführung beschäftigte. Nach seiner Rückkehr galt er in Deutschland als ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet. Ab 1907 arbeitete er als Betriebsleiter im Eisenwerk G.&J. Jaeger, Zweigwerk Varresbeck (heute Wuppertal). 1912 machte er sich als Unternehmer selbständig und gründete in Erkrath bei Düsseldorf das Eisen- und Stahlwerk Werner, später "Stahlwerke Erkrath AG". Als weitere Unternehmen kamen nach dem Ersten Weltkrieg die "Niederrheinische Eisenhütte u. Maschinenfabrik AG, Dülken" und die "Werner Handelsgesellschaft, Düsseldorf" hinzu. Daneben war er ab 1912 Vorsitzender des Vereins Deutscher Eisengießereien, ferner Vorstandsmitglied im Verein Deutscher Eisenhüttenleute. Am 28. Juni 1951 ist Werner gestorben. Ungewöhnlich weit hinten auf dem tiefen Grundstück angeordnet befindet sich eine Garage aus dem Jahr 1927. Gemäß den in der Bauakte erhaltenen Prospektunterlagen handelt es sich um eine Fertigteil-Garage der Firma Hermann Schwarz (Breidenstein) aus z.T. durchfensterten Betonplatten zwischen Eisenständerwerk auf Betonfundament. Das Tor ist erneuert, ob das flach abgewalmte Dach ursprünglich mit Ziegeln gedeckt war (Standardausführung laut Prospekt), ist nicht bekannt. Mit steigendem Individualverkehr wurden Autogaragen in den 1920er Jahren ein wichtiges neues Aufgabengebiet in der Architektur (1925: 174.665 - 1930: 501.254 zugelassene PKW im Deutschen Reich; Quelle: Conradi, S.77). Entwurfshandbücher und Fachzeitschriften beschäftigten sich folglich mit diesem in der Breite neuen Thema, eine Reichsgaragenbauordnung wurde 1931 verabschiedet. Bei privaten Einzelgaragen war der Regelungsbedarf hinsichtlich gestalterischer und technischer Lösungen naturgemäß am geringsten, zumal es hier direkte Traditionslinien zu Remisen und Kutscherhäusern der vormotorisierten Zeit gab. In der Heinz-Luhnen-Straße in Dülken lassen sich in enger Nachbarschaft Garagen-Lösungen jener Zeit nachvollziehen. Beim Baudenkmal Heinz-Luhnen-Straße 1 ist die Garage (1925) als Massivbau baulich und gestalterisch eng an das Wohngebäude angebunden. Im vorliegenden Fall des Hauses Heinz-Luhnen-Straße 15 (1928) wurde eine Fertigbauweise gewählt, die in der zeitgenössischen Literatur in der Regel als "transportabel" oder wie hier "zerlegbar" bezeichnet und beworben wurde. Die 1920er Jahre waren im allgemeinen eine erste Hochzeit der Entwicklung und Verbreitung von industriellen Vorfertigungsmethoden - im Wohnungsbau nach wie vor eher punktuell, bei anderen Bauaufgaben wie z.B. Garagen bereits selbstverständlicher. Die Bedeutung solcher "Kleinbauten" für die Weiterentwicklung und Durchsetzung dieser Fertigungsmethoden sollte daher nicht unterschätzt werden. - Der hier verwendete Typ ist im zeitgenössischen Standardwerk zum Thema (Handbuch der Architektur) als Muster für "Transportable Garagen aus Beton zwischen Stahl- oder Holzrahmen" abgebildet (Conradi, Seite 22, Abb. 36). Als Bestandteil der Reihe architektonisch hochwertiger Bauten an der Heinz-Luhnen-Straße und ehemaliges Wohnhaus des Direktors eines bekannten Industriebetriebes in Dülken ist das Haus Heinz-Luhnen-Straße 15 bedeutend für Viersen. Seine qualitätvolle Gestaltung in einer regional äußerst ungewöhnlichen, aus der Entstehungsgeschichte jedoch ableitbaren Formensprache ist außen und innen in den wesentlichen Elementen substanziell anschaulich erhalten. An der Erhaltung und Nutzung dieses intakten Zeugnisses neubergischer Bauweise in ungewöhnlicher Umgebung von der Hand eines bedeutenden Architekten besteht daher aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Im Zusammenhang der Heinz-Luhnen-Straße mit ihrem Ensemble hochwertiger freistehender Wohnhäuser überwiegend der 1920er Jahre kommen städtebauliche Gründe hinzu. Es handelt sich daher gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz um ein Baudenkmal. Als bereits wieder selten gewordenes, baugeschichtlich jedoch wichtiges Zeugnis einer frühen Autogarage in Vorfertigungsbauweise ist die zum Wohnhaus gehörige Garage Teil des Baudenkmals.
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