Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 399

 

Standort:

Wilhelmstraße 16,  D 41747 Viersen

GPS:

5115' 15,0" N   06o 23' 21,1" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1877

Tag der Eintragung als Denkmal

4. Oktober 2000

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Wohnhaus in Viersen

Denkmalbeschreibung:

Es handelt sich um ein zweigeschossiges traufständiges Wohnhaus mit drei Fensterachsen. Zwei Dachgauben zeugen von einem Dachgeschossausbau Anfang der 1960er Jahre.

Das Erdgeschoss besitzt über verputztem Sockel einen Quaderputz; die einfach gerahmten Fenster stehen auf einem Sohlbankgesims auf. Der in der linken Achse angeordnete Eingang ist tief eingenischt und von repräsentativer Breite, die eine (erneuerte) doppelflügelige Haustür aufnimmt. Die Mauerwangen der Nische sind mit einem Putzspiegel gegliedert. Ausgezeichnet wird der Eingang von Pilastern mit korinthischen Kapitellen und einem bekrönenden Balkon darüber, der auf weit auskragenden, geschwungenen und in Voluten auslaufenden Konsolen aufsitzt. Ihre Seitenflächen sind mit Blattwerk ornamentiert. In Form und Ornament sind sie identisch mit denen des Erkers am Nachbarhaus Wilhelmstraße 14. Die Balkonplatte übernimmt das Profil des Stockgesimses, das Schmuckgitter mit floralen Motiven entspricht in seiner Höhe der Brüstungszone der Obergeschossfenster. Diese Brüstungszone zwischen Geschoss- und Sohlbankgesims wird rhythmisiert durch kleine Wandpostamente, auf denen die Rahmung der Obergeschossfenster optisch aufsitzt. Besonders hervorgehoben ist die Balkontür, die von Pilastern, Gebälk und flachem Dreiecksgiebel gerahmt wird, die alle stark plastisch vor die Wand treten. Die Gewände der beiden anderen Fenster hingegen liegen flach in der Wandfläche, lediglich ihre bekrönenden Segementbogengiebel treten einschließlich ihrer kleinen, ornamental gestalteten Konsölchen ebenso hervor. Ein kräftiges Kastengesims schließt die Wandzone zum Dach hin ab.

Das Innere des Gebäudes wird in den 1960er Jahren modernisiert. Das Prinzip der Raumaufteilung und einige wesentliche historische Elemente sind jedoch erhalten. So findet sich im Eingangsflur als bemerkenswertestes Ausstattungsstück ein mit Kreismotiven aufwendig ornamentierter Fliesenboden, dessen Muster im hinteren Treppenhaus in einfachere Formen wechselt. Das Treppenhaus befindet sich in charakteristischer ursprünglicher Lage seitlich hinter einem mit Oberlicht über Klötzchenfries abgesetzten Durchgang. Die typische Holztreppe, gerade gegenläufig mit Wendepodest ist ursprünglich; ihr Anfangspfosten ist erneuert, das Geländer ruht auf gedrechselten Stäben. Bauzeit und der durchaus repräsentative Anspruch des Hauses, der in Eingang und Flur erkennbar wird, lassen darauf schließen, dass sich in den Wohnräumen ehemals (eventuell sogar aufwendige) Stuckdecken befinden. Möglicherweise sind diese ganz oder in Teilen noch unter den heute sichtbaren abgehangenen Decken der 1960er Jahre erhalten. Das Hinterhaus ist erhalten (modern ausgebaut), rückwärtig schließt sich noch eine tiefe Gartenparzelle an, wie sie zur Bauzeit der Häuser an der Wilhelmstraße üblich, heute jedoch zumeist durch Teilungen oder Einbauten beseitigt ist.

Die Bauunternehmung Ludwig Hansen zeichnet für eine Vielzahl der für Viersen charakteristischen Wohnhäuser der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verantwortlich, die wie damals bei solchen Bauten meist üblich ohne Architekten direkt von Maurermeistern und ihren Baugeschäften geplant und errichtet werden. Das Nachbarhaus Wilhelmstraße 14 lässt Hansen wohl für sich selbst bzw. für seine Familie erbauen. Von ihm übernimmt das Wohnhaus Wilhelmstraße 16 Details. Balkon und breiter doppelflügeliger Eingang heben es aus den sonst hier üblichen Bauten hervor. An den repräsentativen Charakter von Wilhelmstraße 14 reicht es schon wegen seiner geringeren Größe aber nicht heran.

Die Wilhelmstraße repräsentiert in Verlauf und Bausubstanz die Entwicklung Viersens als einer rasch wachsenden Stadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Städtebaulich gesehen sind die geraden Straßenzüge beiderseits der Hauptstraße mit ihrer großen Zahl historistischer Bauten ein wesentliches Charakteristikum Viersens. Grundlage hierfür ist der Stadtbauplan von 1858/60, auf den auch die Wilhelmstraße zurückgeht. Anhand der erhaltenen zeitgenössischen Pläne ist die Bebauung der Straße im wesentlichen in den 1870er Jahren entstanden. Ein Großteil dieser Bauten ist heute noch erhalten und verleiht der Straße ein sehr anschauliches historisches Gepräge.

Als gut erhaltenes Zeugnis dieser Wachstumsphase der Stadt, errichtet durch den hierbei entscheidend beteiligten Bauunternehmer Hansen, ist das Haus Wilhelmstraße 16 bedeutend für Viersen.

Da es sich um ein gut erhaltenes Zeugnis städtischer Wohnhausarchitektur der 1870er Jahre handelt, mit einer teilweise aufwendigen Fassadengestaltung (Balkon) und typischen Ausstattungselementen innen (Grundrissschema, Treppe, Fliesenboden), besteht an der Erhaltung und Nutzung aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Hinzu kommen ortsgeschichtliche, da das Haus als ursprüngliches Gebäude an der Wilhelmstraße deren geschichtliche, zentral mit der Stadtentwicklung Viersens verknüpfte Ursprünge zeigt und zudem durch einen der wichtigen Bauunternehmer der Stadt errichtet wird. Schließlich liegen auch städtebauliche Gründe vor, da das Gebäude Wilhelmstraße 16 prägender Bestandteil des historischen Straßenraumes der Wilhelmstraße ist. Da somit die Voraussetzungen des § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes NW erfüllt sind, handelt es sich um ein Baudenkmal.