Denkmale in der Stadt Viersen |
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Lfd. - Nr. 392 |
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Standort: Kreyenbergstraße 2a, D 41751 Viersen - Schirick GPS: 51o 15' 43,9" N 06o 20' 12,0" O Zuständigkeit: Kath. Pfarrgemeinde Herz - Jesu Baujahr: 1953 / 1954 Tag der Eintragung als Denkmal 30. Juni 2000 Quellenhinweis: Beschreibung der Denkmalbehörde
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Kath. Herz - Jesu - Pfarrkirche in Schirick Denkmalbeschreibung: Lage und Geschichte Beschreibung Das sichtbar belassene konstruktive Gefüge besteht aus einem weiß gefassten Stahlbetonskelett mit einer Backsteinausfachung. Markante Dachform und ein mächtiger freistehender Turm prägen das Erscheinungsbild des auf einfach rechteckigem Grundriss errichteten Baues. Stahlbetontonnen, quer zur Traufrichtung über jedem Joch, bilden ein wellenförmiges Dach aus insgesamt sieben Bögen, welches an seinen Enden in zusätzlichen Halbbögen ausläuft. Da die dünnen Bogenschalen ohne horizontale Trennlinie direkt auf den Ständern des Stahlbetonskeletts aufsitzen, ergibt sich optisch eine Aneinanderreihung von sieben schlanken hochrechteckigen Elementen, von denen jedes zweite zu zwei Dritteln, im Chorbereich sogar bis fast auf den Boden in ein (Stahl-) Fenster aufgelöst ist. Diese betonte Vertikalität kontrastiert die gedrungen lagernde Grundform des Gebäudes. Hinzu tritt ein vor die Eingangsfassade, jedoch aus der Mittelachse versetzt gestellter Turm auf quadratischem Grundriss mit Flachdach. In seinen unteren Geschossen (1.-3. Obergeschoss) ist er durchfenstert, da sich hier Tageskapelle und die Räume eines Jugendheimes befanden bzw. befinden. Das obere Geschoss mit dem Glockenstuhl (Stahlstuhl, noch aus der Erbauungszeit) war ursprünglich offen, ist heute jedoch mit Schallarkaden geschlossen. Die von einem auskragenden Halbbogen auf dünner Rundstütze überfangene Eingangsfassade besitzt drei nebeneinander flächig in der Wand liegende Eingangsportale mit einem Rundfenster darüber. Der Kirchenraum ist einschiffig und endet mit einer leicht gekrümmten, optisch gerade wirkenden Chorwand. Die ursprüngliche Chorgestaltung wurde nach den Liturgiereformen der 1960er Jahre verändert (herabgezont; Altar von der Wand abgerückt). Erhalten blieb aber die insgesamt bewusst nüchtern-schlichte Raumgestaltung mit frontal auf den Altar ausgerichteten Bankreihen, in der die Ausstattungselemente umso deutlicher zum Ausdruck kommen: Kruzifix (Josef Krautwald; vom selben Künstler auch die modernen Passionstafeln), Fenster (Wilhelm Geyer) aus der Erbauungszeit bzw. unmittelbar darauf, ebenso Lesepult und Tabernakel; Altarkreuz und Tabernakel der ehem. Kapelle von Hein Minkenberg. Die bemerkenswerte Anlage einer frei in den Raum eingestellten und vorkragenden Orgelempore ist heute durch die Abtrennung einer Vorhalle verunklärt. Neben dem Kirchenraum finden sich niedrige seitliche Annexräume auf der rückwärtigen Seite: Neben dem Chor war ursprünglich die Sakristei, die später in ihrem vorderen Bereich zur Werktagskirche umgebaut und zum Kirchenraum geöffnet wurde, mit dem später entstandenen, benachbarten Altenheim räumlich verbunden. Die Sakristei dehnte sich dafür zusätzlich in den Raum der ursprünglich vorhandenen Bücherei aus. Der Architekt Architekturgeschichtliche Einordnung Es war also die markante Gestalt, die schon den Zeitgenossen auffiel und die Kirche auch heute noch zu einem Blickfang an einer wichtigen Ausfallstraße Dülkens macht. Dabei ist zum einen die Anordnung der Baukörper aus einem langgestreckten, breit gelagerten "kastenförmigen" Hauptschiff und einem (ungewöhnlich großen) freistehenden Glockenturm zu nennen, von der Straße zwar abgerückt, hinter einer Grünfläche aber dennoch frei zu sehen. Diese Komposition einschließlich einer bewussten Schlichtheit oder auch "Strenge" sowohl des Innenraums als auch des Außenbaus entspricht verbreiteten Tendenzen des Kirchenbaus der fünfziger Jahre, ebenso die Einbeziehung z.B. des Chors und weiterer "Teilräume" in die Großform. Nicht zuletzt verdankt sich diese Komposition dem Streben, auch im Kirchenbau eine den "neuen" Baumaterialien Stahlbeton und Glas eine entsprechende Gestalt- und Raumform zu verwirklichen. Zeittypisch ist die Beiordnung eines "Campanile" zu diesem kubischen Hauptbaukörper, als weithin sichtbares "Zeichen" des Kirchengebäudes; bemerkenswert und erst in den sechziger Jahren stärker verbreitet ist allerdings die Unterbringung von Gemeinderäumen wie hier dem Jugendheim in den Turmgeschossen. Das herausragende gestalterische Merkmal der Herz-Jesu-Kirche ist aber die Deckengestaltung aus aneinandergereihten halbkreisförmigen Betonschalen, die in der Seitenansicht, wie sie sich z.B. von der Straße aus bietet, ein wellenförmiges Motiv ergibt. Auch hier steht die Herz-Jesu-Kirche in der Tradition des Kirchenbaus der fünfziger Jahre: "Die Gestaltung der Decken geriet in der Mitte der fünfziger Jahre wieder zu einem wichtigen architektonischen Anliegen (...). Wesentliche Impulse gingen von der Entwicklung des Schalenbetons aus, in der die dem Material Beton eigentümliche Fähigkeit des beliebig gestaltbaren, freigespannten Tragens zur vollen Entfaltung gebracht wurde." (Kahle, Seite 87). Unverkennbar ist dabei die Anlehnung der Herz-Jesu-Kirche an die 1948-53 errichtete Kirche St. Martinus in Aldenhoven von Alfons Leitl, sowohl hinsichtlich der Dachgestaltung als auch z.B. der vollflächigen Verglasung der Außenwände, im Chorbereich bis fast zum Boden. Leitls ähnlicher Entwurf für den Wiederaufbau der Propsteikirche in Jülich ist hier ebenfalls zu nennen. Da beide Kirchen im Bistum Aachen liegen, kann die Kenntnis dieser Entwürfe bei Schlüter als sicher angenommen werden. Anders als Leitl reduzierte er in Dülken die Großformen aber konsequent auf ihre kubischen Grundmuster, wohingegen Leitl z.B. in Aldenhoven eine traditionelle Doppelturmfassade entwarf und deren oberen Abschluss dann auch noch als (wenn auch leicht abstrahierte) Turmhelme ausgestaltete. Als weitere Kirche mit "wellenförmigem" Dachabschluss jener Zeit muss schließlich St. Sebastian in Aachen (Auf dem Hörn), ebenfalls von Leitl, genant werden, wobei hier das Wellenband stärker ornamental wirkt (Spitzname der Kirche: "St. Ondula"), da es auf dem Gebäudekörper eher aufzuliegen scheint anstatt aus dem konstruktiven Gerüst beinah "nahtlos" hervorzugehen, wie es am stringentesten wiederum in Dülken ausformuliert ist, wo die Betonschalen tatsächlich die Dachhaut tragen. Im Innenraum der Herz-Jesu-Kirche besticht trotz aller inzwischen erfolgter Veränderungen auch heute noch die strenge Schlichtheit der Raumgestalt, die gerade auch in ihrer Wirkung hinsichtlich der Vermittlung der Glaubensinhalte an die Gemeinde in der Art und Weise zum Ausdruck kommt, wie das große Kruzifix vor der großen, ansonsten schmucklosen Chorrückwand zur Geltung kommt. Diese "Kargheit als Instrument der Vergewisserung" (Karin Keydecker) nach Nationalsozialismus und Kriegsende ist ein eminent ausdrucksstarkes, heute aus verschiedenen Gründen gefährdetes Element der Architektur der frühen fünfziger Jahre. Im Kirchenbau, wo sie zudem auch schon in den zwanziger Jahren anzutreffen ist (vgl. aus dem Bistum Aachen: Fron-leichnamskirche in Aachen von Rudolf Schwarz), war sie zudem Sinnbild einer Konzentration auf "das Wesentliche" in der Zelebration der Messe in der Gemeinde, wie sie die einflussreiche "liturgische Bewegung" um Romano Guardini vertrat. Denkmalwert Die Herz-Jesu-Kirche in Dülken ist bedeutend für die Geschichte des Menschen und die Stadt Viersen. An ihrer Erhaltung und Nutzung besteht ein öffentliches Interesse aus wissenschaftlichen, insbesondere religions- und architekturgeschichtlichen sowie städtebaulichen Gründen. Sie ist daher ein Baudenkmal gemäß § 2 Denkmalschutzgesetz NW.
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