Denkmale in der Stadt Viersen |
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Lfd. - Nr. 388 |
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Standort: Wilhelmstraße 39, D 41747 Viersen GPS: 51o 15' 16,6" N 06o 23' 13,5" O Zuständigkeit: Privat Baujahr: 1875 Tag der Eintragung als Denkmal 28. Juni 2000 Quellenhinweis: Beschreibung der Denkmalbehörde
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Wohnhaus in Viersen Die Gebäude der Wilhelmstraße 33, 35, 37, 39, 41, 43 bilden eine Häuserzeile Denkmalbeschreibung: Das Baugesuch für das Gebäude Wilhelmstraße 39 datiert wie auch das Baugesuch des Nachbarhauses Wilhelmstraße 41 vom 9. April 1875. Das Haus ist Teil einer durchgehenden Reihe ähnlicher dreigeschossiger traufständiger Wohnhäuser (Wilhelmstraße 19-45), und in dieser gehört es zum Ensemble besonders gut erhaltener historistischer Fassaden (Wilhelmstraße 33-43). Es handelt sich um den dreiachsigen Typ mit Eingang in einer der äußeren Achsen, hier links. Seine Backsteinputzfassade ist aufwendig ornamentiert und dem Nachbargebäude Wilhelmstraße 37 so ähnlich, dass hier der selbe Baumeister angenommen werden kann. Über einem niedrigen Sockel sind zunächst bis zu den Sohlbänken der Erdgeschossfenster zwei Reihen Quaderputz angeordnet, darüber beginnt das geschlämmte Backsteinmauerwerk, das die übrige Fassade kleinteilig strukturiert. Die hochrechteckigen Fensteröffnungen mit geradem Sturz besitzen eine breite Putzrahmung, die in den einzelnen Geschossen unterschiedlich ausgestaltet und ornamentiert ist. Im Erdgeschoss hat sie unten, seitlich in der Mitte und oben Ausbuchtungen ("Ohren"), zudem einen Keilstein mit floralem Besatz. Der Eingang ist mit einer Pilasterrahmung ausgezeichnet, mit Postamenten, die die horizontale Linie des Sohlbankgesimses aufnehmen, reich verziertem Kapitell und geradem Gebälk. Die Tür selbst, nach altem Vorbild erneuert, ist etwas eingenischt und über zwei Stufen zu erreichen. Erd- und Obergeschoss trennt ein breiter Geschossfries aus zwischen horizontalen Profilen aneinandergereihten Spitzbögen mit floralen Motiven; sein oberer Abschluss verbindet gleichzeitig die Sohlbänke der Obergeschossfenster. Deren reiche Ausschmückung kennzeichnet das Obergeschoss als Beletage. Besonders betont ist die mittlere Fensteröffnung, die von zwei Säulen auf hohen, floral verzierten Postamenten gerahmt und von einem Konvexbogen überfangen wird. Die Spitze dieses "Bogens" reicht bis zur Unterkante des darüber liegenden Dachgeschossfensters. Das Bogenfeld ziert ein Wappen. Die äußeren Fenster werden von ebenfalls hoch reichenden Kielbögen auf Konsolen bekrönt. Ihr Bogenfeld wie auch die Konsolen und die Säulenkapitelle des Mittelfensters sind wieder mit floralem Schmuck besetzt. Ober- und Dachgeschoss sind nicht durch ein
Gesims getrennt, wohl weil dies nicht mit den hochreichenden Bekrönungen
der Fenster darunter harmonieren. Die Dachgeschoss-Fensteröffnungen
sind etwas niedriger und haben auch nur eine einfache Putzrahmung, so
dass sie typgerecht als die "minderwertigsten" in der Fassade
ausgewiesen sind. Im Inneren sind die typischen Merkmale eines Grundrisses dieser Art von städtischen Wohnhäusern ablesbar. Der seitliche Eingangsflur führt nach hinten zur Treppe. Das Hinterhaus ist ausgebaut erhalten. Eingangs- und Treppenflur sind durch einen Durchgang mit einem stuckierten Rundbogen auf auskragenden Kämpferkonsolen voneinander abgesetzt. Die untere Kehle ist mit zwei Festons besetzt, darüber befindet sich ein mit Laubwerk besetzter Wulst, der wiederum von mehreren Profilplatten überkragt wird, die zum Rundbogen überleiten. Die originale Holztreppe ist der übliche gerade Typ mit gedrechselten Stäben und großem Anfangspfosten. Die Stäbe zwischen Erd- und Obergeschoss wurden nach altem Vorbild erneuert. Bauherr ist ein Franz Röhlen, Angestellter der Samtweberei Schaub & Heckmann an der Burgstraße in Viersen. Zu diesem findet sich in den Jugenderinnerungen von Stephan Stiegen, den Hausbau seiner Eltern am Klosterweiher betreffend, folgendes: "Die noch fehlenden 4000 Mark gab ein Angestellter der Firma Schaub & Heckmann gegen hypothekarische Eintragung zu dem schon damals sehr mäßigen Zinssatz von 4 %. Dieser Herr Röhlen lebte mit seiner Frau in einem schönen eigenen Haus an der Wilhelmstraße; sie hatten keine Kinder. Wenn Vater zu Neujahr die Hypothekenzinsen bar zahlte, nahm er mich meist mit." Die Wilhelmstraße repräsentiert in Verlauf und Bausubstanz die Entwicklung Viersens als einer rasch wachsenden Stadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Städtebaulich gesehen sind die geraden Straßenzüge beiderseits der Hauptstraße mit ihrer großen Zahl historistischer Bauten ein wesentliches Charakteristikum Viersens. Grundlage hierfür ist der Stadtbauplan von 1858/60, auf den auch die Wilhelmstraße zurückgeht. Anhand der erhaltenen zeitgenössischen Pläne entsteht die Bebauung der Straße im wesentlichen in den 1870er Jahren. Ein Großteil dieser Bauten ist heute noch erhalten und verleiht der Straße ein sehr anschauliches historisches Gepräge. Als Teil eines weitgehend erhaltenen ursprünglichen Ensembles an der Wilhelmstraße ist das Gebäude Wilhelmstraße 39 daher bedeutend für Viersen. Da es sich um ein gut erhaltenes Zeugnis städtischer Wohnhausarchitektur der 1870er Jahre handelt, mit einer vergleichsweise aufwendig ornamentierten Fassadengestaltung und einigen typischen Ausstattungselementen innen wie Grundriss und Treppe, besteht an der Erhaltung und Nutzung aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Hinzu kommen ortsgeschichtliche, da das Haus als ursprüngliches Gebäude an der Wilhelmstraße deren geschichtliche, zentral mit der Stadtentwicklung Viersens verknüpfte Ursprünge zeigt. Schließlich liegen auch städtebauliche Gründe vor, da Gebäude Wilhelmstraße 39 Teil eines von gleichartigen Gebäuden geprägten historischen Straßenzuges ist, der Art und Proportion der Bebauung an der Wilhelmstraße prägt. Da somit die Voraussetzungen des § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes NW erfüllt sind, handelt es sich um ein Baudenkmal.
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