Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 386

 

Standort:

Wilhelmstraße 14,  D 41747 Viersen

GPS:

5115' 15,3" N   06o 23' 21,8" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1877

Tag der Eintragung als Denkmal

28. Juni 2000

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Wohnhaus in Viersen

Denkmalbeschreibung:

Das Wohnhaus Wilhelmstraße 14 ist, neben der benachbarten ehemaligen Schule, das größte und repräsentativste der historischen Gebäude in der Wilhelmstraße. Es wird von dem Bauunternehmer Louis (Ludwig) Hansen 1877 für sich selbst errichtet. 1903 wird es an die Familie der heutigen Besitzer verkauft.

Aus der Reihe der drei- oder vierachsigen Wohnhäuser der Zeit zwischen 1870 und 1890, die in der Wilhelmstraße noch zahlreich vertreten sind, hebt sich Gebäude Wilhelmstraße 14 durch seine breite Lagerung, sieben Fensterachsen bei straßenseitig zwei Geschossen, und seine aufwendigeren Schmuckformen, u.a. Erker und Dreieckgiebel hervor. Gleichwohl ist es in die Straßenzeile an beiden Seiten eingebaut und hält die Traufhöhe der Nachbarhäuser ein.

Das Erdgeschoss besitzt über hohem Sockel einen Quaderputz; rechts enthält es die zwei Achsen breite Durchfahrt in den Hof, nach links folgen der erhöht über einigen Stufen liegende Eingang mit alter Haustür und vier hochrechteckige Fenster mit Putzrahmung und volutenförmigen Keilsteinen. Der Hauseingang wird überfangen von einem einachsigen Kastenerker im Obergeschoss, der auf reich ornamentierten, geschwungenen Konsolsteinen auskragt, die jenen des Balkons am Nachbarhaus Wilhelmstraße 16 entsprechen, das ebenfalls von Louis Hansen errichtet wird. Eckpilaster und antikisierendes Gebälk schmücken zusätzlich den dreiseitig belichteten Erker, um den das Geschossgesims herumgeführt ist. Die vier Fensterachsen links neben ihm sind durch im unteren Bereich kannelierte Pilaster voneinander geschieden. In der Archivtravzone darüber wechseln Triglyphen mit Girlanden in den Interkolumnien. Die Fenster sitzen in profilierten Putzrahmungen mit großen Ohren und werden von kräftigen Keilsteinen bekrönt. Die beiden Fenster über der Durchfahrt enden im Gegensatz zu den anderen in Rundbögen und werden von beinah vollplastischen kannelierten Säulen auf Postamenten mit unten ornamentierten Schäften gerahmt. Auch die Zwickelfelder über den Bögen und die Architravzone mit zentraler Kartusche sind mit reichem Flächenornament versehen. Ein niedriger Dreieckgiebel mit Rundöffnung bildet den oberen Abschluss dieses sehr repräsentativ gestalteten rechten Fassadenabschnitts.

Im Inneren des Gebäudes überrascht zunächst, dass anders, als es das repräsentative Äußere erwarten lässt, Eingangsbereich, Flur und Treppe wenig großzügig ausgestaltet sind. Fliesenboden, Stuckdecke und Treppe entsprechen denen in anderen Wohnhäusern in der Straße, sind aber weniger repräsentativ als im Wohnhaus Wilhelmstraße 16, das ja ebenfalls von Hansen errichtet wird. Im Gegensatz zu den erhaltenen Bauantragsunterlagen befindet sich die Treppe geradlinig in der Tiefe des Einganges und nicht zentral im Gebäude. Die Räume sind modern ausgebaut, lediglich Stuckdecken und einige alte Türen besitzen historischen Zeugniswert.

Die Rückseite des Gebäudes zeigt deutlich die Modernisierung der 1960er Jahre (u.a. Ausbau des Dachgeschosses). Die hohe Grundstückstiefe gibt noch einen Eindruck von den ursprünglich hier vorhandenen Parzellenzuschnitten. Nebengebäude wie Pferdestallungen, Remisen, Lager- und Materialschuppen sind bis auf eine Garage aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts inzwischen ebenso beseitigt wie die Gartenmauer (Antragsunterlagen für Gartenmauer und Materialschuppen sind in der Bauakte erhalten).

Der Bauunternehmer Louis Hansen zeichnet für eine Vielzahl der für Viersen charakteristischen Wohnhäuser der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verantwortlich, die wie damals bei solchen Bauten meist üblich ohne Architekten direkt von solchen Bauunternehmern und ihren Baugeschäften geplant und errichtet werden. Das Haus Wilhelmstraße 14 und das Nachbarhaus Wilhelmstraße 16 lässt Hansen wohl für sich selbst bzw. für seine Familie erbauen. Größe und Gestaltung heben das Gebäude Wilhelmstraße 14 aus seiner Nachbarschaft hervor, andererseits fügt es sich aber in Flucht und Höhe ein. Wie hier ein Bauunternehmer mitten in einer Straße, die er in großen Teilen selbst bebaute, sein eigenes Wohnhaus errichtet, ist von hohem sozialgeschichtlichem Zeugniswert für Viersen und darüber hinaus.

Die Wilhelmstraße repräsentiert in Verlauf und Bausubstanz die Entwicklung Viersens als einer rasch wachsenden Stadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Städtebaulich gesehen sind die geraden Straßenzüge beiderseits der Hauptstraße mit ihrer großen Zahl historistischer Bauten ein wesentliches Charakteristikum Viersens. Grundlage hierfür ist der Stadtbauplan von 1858/60, auf den auch die Wilhelmstraße zurückgeht. Anhand der erhaltenen zeitgenössischen Pläne entsteht die Bebauung der Straße im wesentlichen in den 1870er Jahren. Ein Großteil dieser Bauten ist heute noch erhalten und verleiht der Straße ein sehr anschauliches historisches Gepräge.

Als gut erhaltenes Zeugnis dieser Wachstumsphase der Stadt, errichtet für den hierbei entscheidend beteiligten Bauunternehmer Hansen, ist das Haus Wilhelmstraße 14 bedeutend für Viersen.

Da es sich um ein gut erhaltenes Zeugnis gehobener städtischer Wohnhausarchitektur der 1870er Jahre handelt, mit einer aufwendigen Fassadengestaltung und typischen, wenn auch nicht allzu aufwendigen Ausstattungselementen innen, besteht an der Erhaltung und Nutzung aus wissenschaftlichen, insbesondere architekturgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Hinzu kommen orts- und sozialgeschichtliche, da das Haus als ursprüngliches Gebäude an der Wilhelmstraße deren geschichtliche, zentral mit der Stadtentwicklung Viersens verknüpfte Ursprünge zeigt und zudem für einen der wichtigen Bauunternehmer der Stadt errichtet wird. Schließlich liegen auch städtebauliche Gründe vor, da das Gebäude Wilhelmstraße 14 prägender Bestandteil des historischen Straßenraumes der Wilhelmstraße ist.

Da somit die Voraussetzungen des § 2 (1) des Denkmalschutzgesetzes NW erfüllt sind, handelt es sich um ein Baudenkmal.