Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 38

 

Standort:

Propsteistraße 8 / Ostring 24 - 26,  D 41749 Viersen - Süchteln

GPS:

5117' 09,9" N   06o 22' 16,1" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1797 / 1771

Tag der Eintragung als Denkmal

16. April 1985

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Propstei Zehntscheune in Süchteln

Denkmalbeschreibung:

Im Ortskern Süchtelns, unmittelbar hinter der Pfarrkirche und noch innerhalb des alten Stadtmauerverlaufs und diesen mit einer hohen Backsteinmauer nachvollziehend, liegt die dreiflügelige Anlage aus ehemaliger Propstei, Zehntscheune, Remise sowie ihrer Parkanlage.

Hinter deren nördlichen Umfassungsmauer lag das abgerissene Pfarrhaus, zu dem man durch ein kleines Tor Zugang hatte. Über diesem war früher ein Wappenstein in einer Nische angebracht. Diese reliefierte Wappenplatte befindet sich heute über der Innenseite des Eingangstores. Auf ihr sind Rocaille und als Wappen ein Baum zwischen drei Kugeln eingemeißelt.

Auf dem ehemaligen zugehörigen Hof lebten als Pächter die Schultheißen von Süchteln. Sie waren zugleich die Verwalter des gesamten Besitztums der Abtei St. Pantaleon in Süchteln und wurden von dem Kölner Stift ernannt. Der früheste (1240) bekannte Schultheiß war ein Gerhard Pilatus.
Im Volksmund wurde der Hof Propstei genannt, weil der letzte hier lebende Schultheiß Birkenbusch, ein Mönch aus St. Pantaleon, seit 1792 Propst war. Er lebte von 1785 bis 1808 auf dem Hof. Der Schultheißenhof wurde nach der Sekularisation 1803 von der Abtei St. Pantaleon für 7.025,00 Franc an Ernst-Friedrich Ebisch aus Süchteln verkauft; seitdem blieb es in Privatbesitz (seit Anfang dieses Jahrhunderts in dem Besitz der Familie Rossié).

Propstei
Das herrschaftliche Wohngebäude wurde 1797 als freistehender, dreigeschossiger Putzbau von fünf Achsen Breite und drei Achsen Tiefe errichtet. Es besitzt ein stark vorspringendes, hohes Walmdach auf kräftigen Konsolen. Von den paarweise übereinander angelegten schmal-hohen Fledermausgauben sind nur noch zwei auf der Südseite nach der Renovierung (1961-64) erhalten geblieben.
Das Sockelgeschoss in Bänderputz besitzt Rundbogenfenster mit mächtigen Schlusssteinen; es wird vom betonten Gurtgesims optisch nach oben abgeschlossen.

Die Fenster des Mittelgeschosses sind hoch-rechteckig und nehmen mit krönendem Rundbogenprofil als angedeutete Fensterverdachung zwar das Thema der Rundbogenfenster des Erdgeschosses auf, leiten aber auch hin zu den nahezu quadratischen Fenstern des dritten Geschosses. Diese besitzen in Anlehnung der stark ausgebildeten Schmuckschlusssteine der Erdgeschossfenster flacher gestaltete Schlusssteine.
Im umlaufenden Fries des Kniegeschosses sitzen kleine breitliegende Fenster.
Die klare Fenstergliederung wird durch die Ecklisenen vertikal betont. Einige Fenster wurden geschlossen. Bis auf zwei Fenster an der Nordseite sind alle zu unterschiedlichen Zeitpunkten erneuert worden.
Auf der nördlichen Breitseite befindet sich der betont gestaltete Hauseingang mit der ursprünglichen Holztür.
Der süd-östliche Teil mit Eingang des eingeschossigen rückwärtigen Anbaues (ehemaliges Gartenzimmer) wurde 1928 errichtet.

Das Gebäude ist nur teilunterkellert (nördliche Hälfte, auch nur unter dem nördlichen Anbau). Alte Gewölbe wurden auf dem Gelände vor der Haustür (im Bereich des vergitterten Fensters) gefunden.

Auf alten Katasterplänen ist eine Bebauung entlang der west-südlichen Grundstücksmauer eingezeichnet. Womöglich standen hier die früheren Wirtschaftsgebäude und die heutige Villa wurde teilweise über dem ehemaligen Schultheißenhof erbaut. Doch nur Grabungen könnten hier über die ursprüngliche Bebauung dieses ältesten Besiedlungskerns Süchteln Aufschluss geben.

Im Inneren ist die ursprüngliche Einteilung gut ablesbar. Der heutigen Nutzung entsprechend, sind die einzelnen Stockwerke im Flurbereich vom Treppenhaus abgetrennt worden.
Im Zentrum steht ein großes hölzernes Treppenhaus mit gedrechseltem Geländer und geschnitztem (Löwenköpfe und Lorbeerkränze) Geländerpfosten.
Die aufwendig gestalteten Innenholztüren (häufig Doppeltüren) stammen zum großen Teil aus der Erbauungszeit oder sind im Laufe der Zeit gut nachgearbeitet worden. Im Obergeschoss befindet sich noch eine von ursprünglich zwei Rundbogenzimmertüren mit hölzernem, angedeutetem Schlussstein. Es wird vermutet, dass dieses Zimmer als Andachtsraum des damaligen Propstes gedacht war.
Im Eingangsbereich (der Windfang wird von einer gewölbten Decke überspannt) und im Treppenhaus liegt der ursprüngliche schwarz-graue großformatige Steinfliesenboden.
Im Erdgeschoss ist das frühere sogenannte Herrenzimmer sechseckig (Kamin?) gestaltet und besitzt eine feine Stuckdecke in Empireornamentik.
In den anderen Räumen, so auch im Obergeschoss, laufen nur Stuckkehlfriese um.
Die Innenholzfensterläden sind noch im Erdgeschoss erhalten. Die Holzvertäfelung mag in späterer Zeit hinzugekommen sein.
In den Flurbereichen liegt der alte Dielenbohlenboden aus Eiche, in den Zimmern des Obergeschosses aus Fichte.
Durch die ca. 1,00 m dicken Außenmauern sind tiefe, niedrige Fensterbrüstungen entstanden.

Auf der Hofseite liegt Kieselbelag, teils als Wege auf die gegenüberliegenden Eingänge der Zehntscheune ausgerichtet und auch auf der Eingangsseite. Dort stehen zwei (heute in Beton erneuerte) Pfosten, die die Jahreszahl 1802 und Initialen eingraviert hatten. Ihre ehemalige Funktion ist nicht klar erkennbar.

Auch der große straßenseitige Platz vor der Propstei war früher großflächig mit Kieselsteinbelag bedeckt.

Von dort öffnen sich die zwei Einfriedungsmauern, hier ebenfalls in Bänderputz, eine im Zuge der Südwand, die andere in dem der Westwand, durch drei hofgerichtete Rundtore und ein rundbogiges Eingangstor, deren schöne Holztüren zum Teil unter Benutzung der alten Beschläge nachgearbeitet sind. Das Tor als Garageneinfahrt, ursprünglich ein Pendant zu der kleineren Tür, wurde erst in den 50er Jahren vergrößert. Die alten Schwellsteine sind noch erhalten.
Neben dem Eingangstor befindet sich eine reliefierte Wappenplatte mit Abtsmitra, in die das Wappen des Abtes Schallenberg von St. Pantaleon und die Jahreszahl 1746 eingemeißelt ist. Die inzwischen stark verwitterte Platte stammt vermutlich von einem Vorgängerbau. Auch der verwendete Sandstein an den Toren und Fenstersohlbänken ist brüchig.

Zehntscheune
Ein eingeschossiger Trakt in Backstein mit zwei alten Eingängen und breiten Rundbogenöffnungen (zum Bau von 1797 gehörige, ehemalige Remise?) entlang der südlichen Umfassungsmauer führt zur ehemaligen Zehntscheune.
Dieser sehr große, (ca. 38,5 auf 13,5 m ) langgestreckte Backsteinbau mit Krüppelwalm wurde 1771 (Ankersplinte und AO) errichtet.
Alle hoch-rechteckigen Fenster sind später ausgebrochen. Nur eines der beiden Zufahrtstore ist noch ablesbar. Fenster und Türen wurden mehrfach geändert.

Auch im Inneren ist die Einteilung der heutigen Nutzung als Wohnungen und Werkstatt (bereits seit 1949, dann später Umbau seit 1981) entsprechend verändert. In geringen Teilen sind die Eichenstützen noch erhalten.

Der davor liegende Hof ist mit Basaltsteinen, Ziegeln sowie Kieseln gepflastert.
Die Parkanlage ist mit alten hohen Bäumen bestanden.

Der gesamte Gebäudekomplex mit Propstei, Zehntscheune und Remise einschließlich der Parkanlage und der Einfriedungsmauer tradiert die Ortsgeschichte Süchtelns, indem sie die stadtprägende Situation von kirchlicher und weltlicher Verwaltung (Herrschaftsverhältnisse) widerspiegelt. Die historischen Zusammenhänge haben hier zum einen städtebaulich auf den Stadtgrundriss und zum anderen auf die Funktionsgebäude (nämlich Schultheißenhof: Verwaltung, Repräsentation und Zehntscheune: wirtschaftliche-herrschaftliche konkrete Rechtssituation der Zehntpflichtigen) eingewirkt.

So muss auch heute noch Aufgabe der schlichten Backsteinmauer sein, Umfassung eines solchen gewachsenen geschichtlichen Raumes zu bilden sowie die wichtige Funktion, den mittelalterlichen, auf dem Stadtplan noch völlig eindeutig ablesbaren Stadtkern, mit seinem Mauerzug abzugrenzen.

Aus wissenschaftlichen, insbesondere kunst- und architekturhistorischen, städtebaulichen, orts- und rechts- sowie sozialgeschichtlichen Gründen stehen Erhaltung und Nutzung des Komplexes gemäß § 2 (1) Denkmalschutzgesetz im öffentlichen Interesse.