Denkmale in der Stadt Viersen

Lfd. - Nr. 239

 

Standort:

Ernst - Hellmund - Platz,  D 41751 Viersen - Dülken

GPS:

5114' 46,3" N   06o 19' 56,6" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1809 / 1912

Tag der Eintragung als Denkmal

7. September 1994

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Narrenmühle in Dülken

Denkmalbeschreibung:

Geschichte
1505 Erwähnung der Tränkenmühle vor dem Süchtelner Tor als Treffpunkt aller Gecken außerhalb der Stadtmauer und des Stadtbanns (evtl. früher)
21.02.1554 Gründung der Mondsuniversität
09.09.1800 Zerstörung der Tränkenmühle durch einen Orkan
1801 Wiederaufbau der Tränkenmühle
1809 Errichtung der heutigen Narrenmühle durch Wittib (Witwe) Holtz zur Nutzung als Kornmühle vor dem Gladbacher Tor
02.10.1880 Zerstörung der Tränkenmühle durch einen Brand
1906 Stilllegung des Mühlenbetriebes der Holtzmühle Übergang der Holtzmühle in städtischen Besitz
1912 Anheben der Mühle um 1,80 m. Errichtung eines massiven Unterbaues und eine damit verbundene völlige Instandsetzung der Mühle
08.09.1912 Eröffnung eines Heimatmuseums
11.11.1937 Übergabe der Narrenmühle von der Stadt an die Narrenakademie zu treuen Händen zur Nutzung und Betreuung
07.07.1950 Ausbaufertigstellung des "Großen Weisheitssaales" als Tagungsort der Narrenakademie im Erdgeschoß des Mühlenhauses
03.08.1952 Eröffnung des Narrenmuseums im Unterbau der Mühle
Nov. 1956 großzügige Umgestaltung des Windmühlenplatzes einschließlich dem Versetzen des Hochkreuzes
11.11.1960 Umbenennung des Windmühlenvorplatzes in Ernst-Hellmund-Platz (Ernst Hellmund (1887-1960) seit 1937 Leiter der Narrenakademie, maßgebend und richtungsweisend für den Wiederaufbau der Narrenakademie).
26.09.1961 Fertigstellung folgender Instandsetzungsarbeiten: Erneuerung der Flügel, neuer Anstrich, Erneuerung des Schindeldaches des Mühlenhauses
03.10.1963 Wahl Dr. Gustav Fetten zum Rektor Magnificus
Okt.1964 Ersatz des kriegsbeschädigten Senatorentisches durch einen ovalen, rustikalen Eichentisch, um den gewaltigen Eichenkönig herumgebaut
26.07.1968 Fertigstellung folgender Instandsetzungsmaßnahmen: Erneuerung der Außentreppe und des Schindeldaches des Museums
06.11.1986 Wahl Dr. Volker Müller zum Rektor Vicarius bei Innehaltung seines Amtes als Sekretarius

Beschreibung
Die Dülkener Narrenmühle ist eine geschlossene Bockwindmühle. Das ursprünglich drehbare, kastenförmige Mühlenhaus ruht auf einem Bock, der mit einem runden Steinbau umbaut ist. Dieser trägt ein mit Holzschindeln gedecktes Zeltdach.Durch die Anhebung der Mühle um 1,80 m zeigt sich der Unterbau erheblich vergrößert. Die waagerechten, übereinandergelegten Kreuzschwellen ruhen auf Mauerscheiben des Unterbaues anstelle von quaderförmigen Steinsockeln. In der Mitte des Schwellenkreuzes steht der sehr schwere Holzbaum, ein rohbehauener Eichenstamm, der auch Ständer genannt wird. Vier diagonale Kreuzstreben stützen den Hausbaum zusätzlich ab. Über dem oberen Ende der Kreuzstreben befindet sich der Sattel, d.h. vier verzapfte Eichenbalken umschließen den Ständer und geben dem Mühlenhaus zusätzlichen Halt. Ein seitliches Aufschlagen des Hauses bei starkem Wind wird verhindert. Ebenso steht der Bock nicht unter dem Mittelpunkt der Mühle, sondern ein wenig nach vorne in Richtung der Flügel versetzt, um den Winddruck besser aufzufangen und die Balance zu halten.Das Mühlenhaus, auf rechteckigem Grundriß mit schindelgedecktem Satteldach, besitzt zwei Stockwerke. Im unteren befindet sich der Mehlspeicher, heute "Großer Weisheitssaal", im oberen der Steinspeicher, der den Mahlgang beherbergt. Vor dem hinten liegenden Eingang befindet sich ein Balkon. Darüber ist unter dem Dach ein Lastenaufzug verankert. Eine Rolle mit darüberlaufendem Seil kann Getreidesäcke durch eine Falltüre im Boden des Balkons hochziehen. Die Treppe zum Balkon ist durch die Anhebung der Mühle um einen zusätzlichen Lauf mit Podest verlängert. Sie schwebt nicht mehr einige Zentimeter über dem Erdboden. Der "Stert", mit einem Stützbalken unter dem Balkon am Boden des Mühlenhauses stabil verankert, führt nicht mehr durch die in Längsrichtung verlaufende Treppe. Er ist an der Stützkonstruktion des neuen Mittelpodestes befestigt. Bei einer in den Wind zu dre-henden Mühle schwebt der "Stert" frei über dem Boden. An seinem Ende trägt er eine Haspel mit einem Seil. Durch Aufrollen des Seiles kann das Mühlenhaus in jede gewünschte Richtung gezogen werden. Die Pflöcke rund um die Mühle weisen auf diese frühere Funktion hin. Das Mahlwerk im Steinspeicher ist noch in Takt. Am Hausbaum ist der "Mehlbalken", auch "Hammer" genannt, aufgehängt. Der "Mehlbalken" ist die Stützkonstruktion für die zweite Etage des Mühlenhauses mit dem Mahlwerk. Im Dach der Mühle befindet sich die Flügelwelle, ein grob behauener Eichenbalken. In seinem hinteren Ende ist ein zylindrischer Eisenkörper eingelassen, der wiederum in einem Gleitlager aus Katzenstein (ein weicher ölhaltiger Schiefer) ruht. Ein Eisenbügel verhindert das Ausschlagen der Flügelwelle. Das Gleitlager ist in einem Trägerbalken der Dachkonstruktion eingesetzt. An der Flügelwelle ist das große, ganz aus Eichenholz konstruierte Kammrad angebracht. Es besitzt ca. 65 Zähne oder Kämme von ca. 50 cm Länge. Um das Kammrad sind hölzerne Bremsbacken ringförmig angeordnet, die an den Seitenflächen mit Eisen beschlagen sind. Die waagerechte Drehbewegung der Flügelwelle wird vom Kammrad über den Bunker, auch Kronrad genannt, auf die senkrechte Königswelle übertragen. Der "König" ist an seinem oberen Ende in einem querlaufenden Trägerbalken der Dachhaube gelagert. Sein unteres Ende ruht auf dem Mahlgang des Steinbodens. In ca. 2,00 m Höhe ist an der Königswelle das Stirnrad angebracht. Dieses bewegt ein kleineres Spindelrad. Das Spindelrad ist starr mit der eisernen Spindel verbunden, die den Mahlgang antreibt. Der Mahlgang besteht aus einem fest verankerten Bodenstein (20 cm stark) und einem darauf drehenden Läuferstein (35 cm stark). Der Mahlgang wird durch eine runde hölzerne Verkleidung abgedeckt. Darauf sitzt der Mahltrichter einschließlich Rüttelschutz, über eine Mehlrutsche kann das gemahlene Korn in Säcke gefüllt werden. Leider fehlt zur Zeit die Verkleidung und der Mahltrichter. Eine Ergänzung ist wünschenswert, um die Mahlfunktion vorführen zu können.Die Flügelform der Windmühle wird dem Segelgattertypus zugeordnet. Die Flügel bestehen aus zwei Ruten, die in ihrer Mitte am Kopf der Flügelwelle befestigt sind. Je eine halbe Rute bildet den tragenden Balken der Flügel. Jeder Flügel hat auf einer Seite der halben Rute drei Längslatten und 22 kurze Querlatten.

Bedeutung
Die Windmühle an der Rheindahlener Straße ist die einzig erhaltene, von ehemals vier Windmühlen in Dülken. Die Höckmühle am Amerner Weg und die Mühle am Cap Horn werden beide 1811 abgebrochen, die Tränkenmühle vor dem Süchtelner Tor, die ur-sprüngliche Narrenmühle, brennt 1880 vollständig nieder. Nur die Mühle vor dem Gladbacher Tor dokumentiert noch die Schönheit einer vergangenen bäuerlichen Kultur. Die geschlossene Bockwindmühle, nur zum Getreidemahlen erbaut, ist bis auf die fehlende hölzerne Verkleidung der Mahlsteine und des Mahltrichters voll funktionstüchtig in ihrem Mahlgang. Sie kann den Arbeitsablauf des in Vergessenheit geratenen Müllerhandwerks aufzeigen. Ferner ist sie seit dem Abbruch der Tränkenmühle Mittelpunkt des karnevalistischen Treibens der Narren Dülkens. Seit mindestens 1554 steht die weit über die Stadt- und Landesgrenzen bekannte Narrenakademie unter dem Zeichen der Windmühle. Die Narrenakademie ist die einzige Gesellschaft, die den niederrheinischen Humor wissenschaftlich prägt. Im "Großen Weisheitssaal" der Narrenmühle finden die Treffen der Senatoren statt. Im Unterbau zeigt eine umfangreiche Sammlung eine Vielzahl von Dokumenten und Kuriositäten der Narrenakademie. Bilder stellen die Senatoren, mit ihren Steckenpferden um die Windmühle reitend, dar. Dieser Ritt findet traditionell am 11.11. jeden Jahres statt und zieht zahlreiche Schaulustige an. Die Narrenmühle, als Wetterfahne den Halbmond als Wahrzeichen der Mondsuniversität tragend, ist somit ein unverwechselbares Wahrzeichen Dülkens. Aus wissenschaftlichen, insbesondere aus volkskundlichen und ortsgeschichtlichen Gründen stehen Erhaltung und Nutzung der Windmühle gemäß §2 (1) des Denkmalschutzgesetzes im öffentlichen Interesse.