Narrenmühle in Dülken
Denkmalbeschreibung:
Geschichte
1505 Erwähnung der Tränkenmühle vor dem Süchtelner Tor als
Treffpunkt aller Gecken außerhalb der Stadtmauer und des Stadtbanns
(evtl. früher)
21.02.1554 Gründung der Mondsuniversität
09.09.1800 Zerstörung der Tränkenmühle durch einen Orkan
1801 Wiederaufbau der Tränkenmühle
1809 Errichtung der heutigen Narrenmühle durch Wittib (Witwe) Holtz zur
Nutzung als Kornmühle vor dem Gladbacher Tor
02.10.1880 Zerstörung der Tränkenmühle durch einen Brand
1906 Stilllegung des Mühlenbetriebes der Holtzmühle Übergang der
Holtzmühle in städtischen Besitz
1912 Anheben der Mühle um 1,80 m. Errichtung eines massiven Unterbaues
und eine damit verbundene völlige Instandsetzung der Mühle
08.09.1912 Eröffnung eines Heimatmuseums
11.11.1937 Übergabe der Narrenmühle von der Stadt an die
Narrenakademie zu treuen Händen zur Nutzung und Betreuung
07.07.1950 Ausbaufertigstellung des "Großen Weisheitssaales"
als Tagungsort der Narrenakademie im Erdgeschoß des Mühlenhauses
03.08.1952 Eröffnung des Narrenmuseums im Unterbau der Mühle
Nov. 1956 großzügige Umgestaltung des Windmühlenplatzes einschließlich
dem Versetzen des Hochkreuzes
11.11.1960 Umbenennung des Windmühlenvorplatzes in Ernst-Hellmund-Platz
(Ernst Hellmund (1887-1960) seit 1937 Leiter der Narrenakademie, maßgebend
und richtungsweisend für den Wiederaufbau der Narrenakademie).
26.09.1961 Fertigstellung folgender Instandsetzungsarbeiten: Erneuerung
der Flügel, neuer Anstrich, Erneuerung des Schindeldaches des Mühlenhauses
03.10.1963 Wahl Dr. Gustav Fetten zum Rektor Magnificus
Okt.1964 Ersatz des kriegsbeschädigten Senatorentisches durch einen
ovalen, rustikalen Eichentisch, um den gewaltigen Eichenkönig
herumgebaut
26.07.1968 Fertigstellung folgender Instandsetzungsmaßnahmen:
Erneuerung der Außentreppe und des Schindeldaches des Museums
06.11.1986 Wahl Dr. Volker Müller zum Rektor Vicarius bei Innehaltung
seines Amtes als Sekretarius
Beschreibung
Die Dülkener Narrenmühle ist eine geschlossene Bockwindmühle. Das
ursprünglich drehbare, kastenförmige Mühlenhaus ruht auf einem Bock,
der mit einem runden Steinbau umbaut ist. Dieser trägt ein mit
Holzschindeln gedecktes Zeltdach.Durch die Anhebung der Mühle um 1,80 m
zeigt sich der Unterbau erheblich vergrößert. Die waagerechten, übereinandergelegten
Kreuzschwellen ruhen auf Mauerscheiben des Unterbaues anstelle von
quaderförmigen Steinsockeln. In der Mitte des Schwellenkreuzes steht
der sehr schwere Holzbaum, ein rohbehauener Eichenstamm, der auch Ständer
genannt wird. Vier diagonale Kreuzstreben stützen den Hausbaum zusätzlich
ab. Über dem oberen Ende der Kreuzstreben befindet sich der Sattel,
d.h. vier verzapfte Eichenbalken umschließen den Ständer und geben dem
Mühlenhaus zusätzlichen Halt. Ein seitliches Aufschlagen des Hauses
bei starkem Wind wird verhindert. Ebenso steht der Bock nicht unter dem
Mittelpunkt der Mühle, sondern ein wenig nach vorne in Richtung der Flügel
versetzt, um den Winddruck besser aufzufangen und die Balance zu
halten.Das Mühlenhaus, auf rechteckigem Grundriß mit schindelgedecktem
Satteldach, besitzt zwei Stockwerke. Im unteren befindet sich der
Mehlspeicher, heute "Großer Weisheitssaal", im oberen der
Steinspeicher, der den Mahlgang beherbergt. Vor dem hinten liegenden
Eingang befindet sich ein Balkon. Darüber ist unter dem Dach ein
Lastenaufzug verankert. Eine Rolle mit darüberlaufendem Seil kann
Getreidesäcke durch eine Falltüre im Boden des Balkons hochziehen. Die
Treppe zum Balkon ist durch die Anhebung der Mühle um einen zusätzlichen
Lauf mit Podest verlängert. Sie schwebt nicht mehr einige Zentimeter über
dem Erdboden. Der "Stert", mit einem Stützbalken unter dem
Balkon am Boden des Mühlenhauses stabil verankert, führt nicht mehr
durch die in Längsrichtung verlaufende Treppe. Er ist an der Stützkonstruktion
des neuen Mittelpodestes befestigt. Bei einer in den Wind zu dre-henden
Mühle schwebt der "Stert" frei über dem Boden. An seinem
Ende trägt er eine Haspel mit einem Seil. Durch Aufrollen des Seiles
kann das Mühlenhaus in jede gewünschte Richtung gezogen werden. Die
Pflöcke rund um die Mühle weisen auf diese frühere Funktion hin. Das
Mahlwerk im Steinspeicher ist noch in Takt. Am Hausbaum ist der
"Mehlbalken", auch "Hammer" genannt, aufgehängt.
Der "Mehlbalken" ist die Stützkonstruktion für die zweite
Etage des Mühlenhauses mit dem Mahlwerk. Im Dach der Mühle befindet
sich die Flügelwelle, ein grob behauener Eichenbalken. In seinem
hinteren Ende ist ein zylindrischer Eisenkörper eingelassen, der
wiederum in einem Gleitlager aus Katzenstein (ein weicher ölhaltiger
Schiefer) ruht. Ein Eisenbügel verhindert das Ausschlagen der Flügelwelle.
Das Gleitlager ist in einem Trägerbalken der Dachkonstruktion
eingesetzt. An der Flügelwelle ist das große, ganz aus Eichenholz
konstruierte Kammrad angebracht. Es besitzt ca. 65 Zähne oder Kämme
von ca. 50 cm Länge. Um das Kammrad sind hölzerne Bremsbacken ringförmig
angeordnet, die an den Seitenflächen mit Eisen beschlagen sind. Die
waagerechte Drehbewegung der Flügelwelle wird vom Kammrad über den
Bunker, auch Kronrad genannt, auf die senkrechte Königswelle übertragen.
Der "König" ist an seinem oberen Ende in einem querlaufenden
Trägerbalken der Dachhaube gelagert. Sein unteres Ende ruht auf dem
Mahlgang des Steinbodens. In ca. 2,00 m Höhe ist an der Königswelle
das Stirnrad angebracht. Dieses bewegt ein kleineres Spindelrad. Das
Spindelrad ist starr mit der eisernen Spindel verbunden, die den
Mahlgang antreibt. Der Mahlgang besteht aus einem fest verankerten
Bodenstein (20 cm stark) und einem darauf drehenden Läuferstein (35 cm
stark). Der Mahlgang wird durch eine runde hölzerne Verkleidung
abgedeckt. Darauf sitzt der Mahltrichter einschließlich Rüttelschutz,
über eine Mehlrutsche kann das gemahlene Korn in Säcke gefüllt
werden. Leider fehlt zur Zeit die Verkleidung und der Mahltrichter. Eine
Ergänzung ist wünschenswert, um die Mahlfunktion vorführen zu können.Die
Flügelform der Windmühle wird dem Segelgattertypus zugeordnet. Die Flügel
bestehen aus zwei Ruten, die in ihrer Mitte am Kopf der Flügelwelle
befestigt sind. Je eine halbe Rute bildet den tragenden Balken der Flügel.
Jeder Flügel hat auf einer Seite der halben Rute drei Längslatten und
22 kurze Querlatten.
Bedeutung
Die Windmühle an der Rheindahlener Straße ist die einzig erhaltene,
von ehemals vier Windmühlen in Dülken. Die Höckmühle am Amerner Weg
und die Mühle am Cap Horn werden beide 1811 abgebrochen, die Tränkenmühle
vor dem Süchtelner Tor, die ur-sprüngliche Narrenmühle, brennt 1880
vollständig nieder. Nur die Mühle vor dem Gladbacher Tor dokumentiert
noch die Schönheit einer vergangenen bäuerlichen Kultur. Die
geschlossene Bockwindmühle, nur zum Getreidemahlen erbaut, ist bis auf
die fehlende hölzerne Verkleidung der Mahlsteine und des Mahltrichters
voll funktionstüchtig in ihrem Mahlgang. Sie kann den Arbeitsablauf des
in Vergessenheit geratenen Müllerhandwerks aufzeigen. Ferner ist sie
seit dem Abbruch der Tränkenmühle Mittelpunkt des karnevalistischen
Treibens der Narren Dülkens. Seit mindestens 1554 steht die weit über
die Stadt- und Landesgrenzen bekannte Narrenakademie unter dem Zeichen
der Windmühle. Die Narrenakademie ist die einzige Gesellschaft, die den
niederrheinischen Humor wissenschaftlich prägt. Im "Großen
Weisheitssaal" der Narrenmühle finden die Treffen der Senatoren
statt. Im Unterbau zeigt eine umfangreiche Sammlung eine Vielzahl von
Dokumenten und Kuriositäten der Narrenakademie. Bilder stellen die
Senatoren, mit ihren Steckenpferden um die Windmühle reitend, dar.
Dieser Ritt findet traditionell am 11.11. jeden Jahres statt und zieht
zahlreiche Schaulustige an. Die Narrenmühle, als Wetterfahne den
Halbmond als Wahrzeichen der Mondsuniversität tragend, ist somit ein
unverwechselbares Wahrzeichen Dülkens. Aus wissenschaftlichen,
insbesondere aus volkskundlichen und ortsgeschichtlichen Gründen stehen
Erhaltung und Nutzung der Windmühle gemäß §2 (1) des
Denkmalschutzgesetzes im öffentlichen Interesse.