Denkmale in der Stadt Kempen

Lfd.-Nr. 270

 

Standort:

Arnoldstraße 13 E / F, D 47884, Kempen 

GPS:

5122' 09,0" N   06o 25' 41,1" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1905

Tag der Eintragung als Denkmal

15. Dezember 2005

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Ehem. Rohrwerk der Arnoldfabrik  in Kempen

        

Denkmalbeschreibung:

Geschichte

Der in Schorndorf lange Jahre eine Eisenhandlung betreibende Louis Arnold wagte mit seinen Sohn Carl Ludwig in der turbulenten Zeit der Gründerjahre den Sprung in die industrielle Produktion und gründete 1871 die Eisenmöbelfabrik L. & C. Arnold. Schon 1871 konnte in der neuen Fabrik in Schorndorf mit 12 Arbeitern die Produktion aufgenommen werden. Das Unternehmen entwickelte sich gut. Die anfängliche Beschränkung auf Gartenmöbel (daher nannte sich das junge Unternehmen zunächst auch Gartenmöbelfabrik) wurde schon 1872 aufgegeben, indem eiserne Bettgestelle ins Produktionsprogramm aufgenommen wurden. Es folgten:  Blumenständer, Topfständer, Garderoben- und Schirmständer, Flaschenschränke, Schlitten. Die Eisenbetten wurden 1876 auch für Krankenhäuser und Sanatorien geliefert. Das Werk in Schorndorf expandierte kräftig in den 1880er und 1890er Jahren und wurde um drei Zweigwerke ergänzt: Stendal 1889, Ernsbach 1889 und Kempen 1901.

Nach Plänen des Düsseldorfer Architekten Salzmann wurde die Werksanlage innerhalb weniger Monate hochgezogen: Ende März 1901 war Baubeginn und am 10. August 1901 konnte schon Richtfest gefeiert werden (Hermes 1972, S. 1). Das Werk in Kempen nahm 1901 mit 85 Mann den Betrieb auf. Das Produktionsprogramm war ähnlich wie in Schorndorf und Stendal, jedoch mit einem Schwerpunkt bei der Herstellung von Stahlrohrbetten.

Besonders wichtig wurde in diesem Zusammenhang die aus den USA von der Standard Electric Welding Co. Übernommene Lizenz zur Herstellung von elektrogeschweißten Stahlrohren. Die Lizenz wurde 1905 erworben und zugleich im Werk Kempen eine Rohrfabrik gebaut. Die aus den USA gelieferten Maschinen mußten von Fachleuten jedoch noch umgebaut werden.

Auch das Werk Kempen expandierte rasch. Bis 1910 wurde die Fertigung erweitert und 1914/15 wurde der gut ein  Jahrzehnt alten Anlage ein großzügiger Komplex zur Arnoldstraße vorgelagert. Die Belegschaft wuchs bis 1914 auf 250 Mann (Hermes 1972, S. 5).

In den 1920er Jahren wurden Holzmöbel ins Produktionsprogramm aufgenommen. 1926 waren die Arnold-Werke führend in Europa bei der Herstellung von Stahlrohrmöbeln. Mit 1400 Mitarbeitern wurden täglich 1200 Bettgestelle, 1300 Gartenmöbel und 600 andere Modelle produziert.

Die Fa. Arnold wagte nun auch die Zusammenarbeit mit der Avantgarde in Architektur und Disign. 1927 präsentierte der Deutsche Werkbund in Stuttgart die epochemachende Weißenhofsiedlung, zu denen die prominentesten Architekten jener Zeit (Gropius. Le Corbusier, Behrens, Oud) unter Leitung von Mies van der Rohe Beiträge lieferten. In einem von dem Holländer Mart Stam gebauten Reihenhaus war ein ganzes Stahlrohrmöbelprogramm ausgestellt: Stuhl, Sessel, Kinder- und Erwachsenenbett und Regal. Mart Stam präsentiert hier den ersten freitragenden Suhlrohrstuhl, dem später die berühmteren Modelle von Mies van der Rohe und Marcel Breuer folgten. Die von Stam entworfenen Möbel waren von der Fa. Arnold geliefert worden. Auch ein 1932 prämierter Aluminiumstuhl von Marcel Breuer wurde bei der Fa. Arnold gebaut 100 Jahre ...1971, S. 5).

Beschreibung

Die Fabrikanlage in Kempen von 1901 (Foto bei Hermes 1972, S.2) hatte optisch drei wesentliche Bezugspunkte: die parallel zur Bahnlinie entstehende dreigeschossige Endmontage, die Lackiererei mit Schlosserei, der axial ein Wasserturm in reichhaltiger Backsteinarchitektur vorangestellt wurde und die Gießerei mit prächtiger Giebelausstattung zur Bahnlinie. An der vorbeiführenden Straße, dem Werkseingang zugeordnet, wurde das Verwaltungsgebäude errichtet. Das für die Firmengeschichte so wichtige Rohrwerk von 1905 arrondiert die Werksanlage im Osten. Die Werkserweiterung von 1910 (Endmontage) und 1914/15 (Lackiererei) ergaben eine neue, aus drei Giebeln sich bildende Hauptschauseite, in der ein vorgelagerter Treppenturm einen ähnlichen Akzent setzt, wie zuvor der Wasserturm bei der Gründungsanlage.

Rohrwerk 1905

Zweigeschossiger Backsteinbau über hohem Sockelgeschoss auf winkelförmigem Grundriß mit Satteldach. Wechsel von rotem Mauerwerk und gelben Ziegeln für Architekturgliederungen. Große Rechteckfenster überwiegend mit liegenden Formaten. Im Sockelgeschoss sind die Fenster durch Backsteinpfeiler geteilt. Stürze aus Doppel-T-Träger, kleinteilige Metallsprossenfenster, Wandvorlagen zwischen den Fensterachsen sind unter der Traufe durch Konsolfries verbunden. Südgiebel mit gekappten Fialen über den Eckpfeilern und treppenförmig gestufter Mittelzone. Der Südgiebel wird teilweise verstellt durch einen Anbau von 1960.

Zum Werkshof orientiert gliedert sich an den Hauptbau des Rohrwerkes rechtwinklig ein zweigeschossiger Backsteinbau für Sägerei und Rohrlager an.

Bedeutung

Die Firma L.&C. Arnold ist ein Beispiel für einen Zweig der industriellen Produktion, der darauf ausgerichtet war, in der Vergangenheit handwerklich erzeugte Produkte seriell herzustellen, um sie damit über Massenproduktion einem wachsenden Markt in der Industriegesellschaft zugänglich zu machen. Dieser Vorgang wurde von der zeitgenössischen Zivilisationskritik zunächst mit großen Vorbehalten begleitet und wurde erst als Teile unserer Kultur in den 20er Jahren anerkannt. Stahlrohre als Konstruktionselement der neuartigen Möbel spielte dabei eine überragende Rolle, prägte insbesondere das Stuhldesign der Avantgarde jener Zeit, aber auch die Alltagskultur in Krankenhäusern, Sanatorien etc.

Die Firma Arnold dokumentiert mit ihrem Werk in Kempen den Herkunftsort dieser Produkte und vermittelt mit der Größe der Werksanlagen einen Eindruck von der Bedeutung dieses Produktionszweiges.

In der architektonischen Ausbildung zeigt das Werk Kempen eine qualitätsvolle Backsteinarchitektur des Historismus. Bemerkenswert ist der Übergang von den althergebrachten Segmentbogenfenster zu den schon 1901 verwendeten großen Rechteckfenstern, die eine günstigere Belichtung der Fabrikräume ermöglichten und zusammen mit den Wandvorlagen eine das innere Konstruktionssystem spielende Rasterarchitektur im Fassadenaufbau ergeben und auf die zukünftige Architektur der klassischen Moderne verweisen. Die betrieben Bauten sind daher für die Entwicklung der Architektur von Bedeutung.

Das Werk L.&C. Arnold lieferte schließlich einen Beitrag für die Industrialisierung des Niederrheins und der Stadt Kempen.

Das Werk der Firma L. & C. Arnold in Kempen ist daher in den beschriebenen Teilen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für die Entwicklung der Produktions- und Arbeitsverhältnisse und für die Geschichte der Stadt Kempen.

Seine Erhaltung liegt aus städtebaulichen und wissenschaftlichen, insbesondere wirtschafts-, technik- und architekturgeschichtlichen Gründen im öffentlichen Interesse.