Denkmale in der Stadt Kempen |
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Lfd.-Nr. 263 |
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Standort: Grünkesweg, D 47884, Kempen GPS: 51o 21' 01,3" N 06o 24' 40,1" O Zuständigkeit: Jüdische Gemeinde Baujahr: 1808 Tag der Eintragung als Denkmal 26. November 2003 Quellenhinweis: Beschreibung der Denkmalbehörde
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Jüdischer Friedhof in Kempen
Denkmalbeschreibung: Geschichte
der Juden in Kempen Im Jahre 1287 löste der
mysteriöse Tod des Knaben Werner in Bacharach im gesamten Rheinland
judenfeindliche Verfolgung aus, die auf die so folgenschwer wie
substanzlose Anschuldigung zurückgingen, die Juden hätten an Werner
einen Ritualmord verübt. Möglicherweis sind die jüdischen Toten, die
das Martyrologium des Nürnberger Memorbuchs für Kempen nennt, 1288
einem der von Bacharach ausgehenden Folgepogrome zum Opfer gefallen. Das
Nürnberger Memorbuch nennt auch ihre Namen, so dass man davon ausgehen
kann, dass sich in Kempen gegen Ende des 13. Jahrhunderts eine größere
Gemeinde gebildet hatte: „ der edle R.Isak, Sohn R. Samuels, seine
Frau Mirjam, sein Sohn R. Samuel, seine Tochter, seine Schwiegermutter
Frau Sara, sein Bruder R. Simson und sein Bruder R. Ascher; R. Isak, der
Gesetzesrollenschreiber, seine Frau, seine Kinder und sein Bruder;
R. Vivelin, seine Frau und seine Kinder; der Knabe Abraham, Sohn
R. Davids, welcher den Feuertod wegen Heiligung des göttlichen Namens
erlitt. Bald nach diesen
Ausschreitungen, auf jeden Fall aber in der ersten Hälfte des 14.
Jahrhunderts waren wieder Juden in Kempen ansässig. Im Jahre 1347
flohen einige Juden heimlich aus der Stadt, was den Kölner Erzbischof
Walram als Landesherrn veranlasste, Amtmann, Schöffen und Bürgermeister
von Kempen zu befehlen, daraufhinzuwirken, dass die Judenerst nach
landesherrlicher Genehmigung im Falle ihrer Rückkehr ihre Schulden
eintreiben durften. In der lateinischen Urkunde ist die Rede
von nonnulli iudeorum nostrorum infra terran nostram Kempen ab
olim immanencium. Was der Anlass für die Flucht war – ob sie mit
der den Juden zur Last gelegten Fälschung des Kempener Stadtsiegels
zusammenhing, für die zwei Juden auf den Pesch-Wiesen auf dem
Scheiterhaufen verbrannt worden waren – das lässt sich nicht mehr
feststellen. Auch die Pestpoprome des
Jahres 1349 scheinen an der Kempener jüdischen Gemeinde nicht vorübergegangen
zu sein. Das geht aus einer Vollmacht vom 29. Juni 1350 hervor, mit der
Reynart von Schoenouwen, Herr von Schönforst und weltlicher
Generalvikar des Kölner Erzbischofs, die Kempener Schöffen beauftragt,
bei den Schuldnern, die der Kempener Juden bei deren Lebzeiten
verschuldet waren, die Rückstände einzutreiben. Es ging wohl um die
Aneignung jüdischen Vermögens nach Ermordung der Besitzer. Eine Anzahl
von Juden siedelte vermutlich nach 1350 nach Köln um; so sind 1372
Salomon und sein Eidam Jochanan aus Kempen im Grundbuch
des Kölner Judenviertels nachgewiesen. Bald aber ließen sich
Juden erneut in Kempen nieder. Arnolt Schaluyn, Besitzer des
Schaluynshofes und Truchsess des edlen Ritters Dietrich Luef von Kleve,
war mit seiner hohen Summe bei dem Kempener Juden Salomon verschuldet,
die diesem bei Arnolds Tod 1374 zurückgezahlt wurde. Salomon lebte
zusammen mit den Juden Anselm und Isaac in Kempen zwischen dem Haus des
Peter Kuyt und der Judenstraße (auch bezeichnet als „invico judeorum“,
yn der Joedenstraeten“, „judenstraße“,
nach 1933 Hindenburgstraße, heute wieder Judenstraße) gegenüber
dem Pfarrhaus. Sein Sohn Vyvelin war 1374 bereits nach Dortmund
gegangen, wo offenbar bessere wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten
bestanden, 1377 verließen auch Salomons Tochter Ritza und ihr Ehemann
Johann Kempen in Richtung Dortmund.
Salomon und seine Familie gaben ihr Kempener Haus im Jahre 1385 auf;
wohin sie gingen, ist nicht überliefert. In den Kempener Ratsprotokollen des 17. und 18. Jahrhunderts werden ab und an fremde Juden erwähnt, eine Niederlassung von Juden in der Stadt war erst mit der Reform in der „Franzosenzeit“ (Dekret über die Integration der Juden und ihrer Gemeinden in den Staatv. 18.03.1808) möglich; im Jahre 1808 hören wir erstmals seit dem Mittelalter wieder von in Kempen wohnenden Juden. Im Jahre 1826 lebten bereits 82 Juden in Kempen, 1840 waren es 87 und 1846 108 Personen jüdischer Konfession. Die Juden der Stadt Kempen gehörten seit 1854 zur Synagogengemeinde Kempen, die alle im Kreis Kempen – mit Ausnahme der Bürgermeisterei Vorst – wohnenden Juden umfasste. Daten zur Geschichte
der Synagoge Ca 1808, also kurz nach Wiederzulassung der Juden in der Stadt, Einrichtung eines Betraumes in einem Privathaus (wahrscheinlich Judenstraße / Ecke Schulstraße) 1848 7 49 Bau einer Synagoge mit Schule in der Umstraße / Ecke Donkwall (damaliger Vorsteher der jüd. Gemeinde: Isaak Kounen) 1938 (10.11.) Zerstörung der Synagoge 1961 Abriss der Ruine, 1982 Einweihung eines Mahnmals in der Nähe des alten Standortes Der Jüdische
Friedhof Zu Beginn des 19. Jahrhunderts konnte die jüdische Gemeinde von der Gemeinde Schmalbroich ein Grundstück erwerben, auf dem alsbald ein Begräbnisplatz angelegt wurde. Der Vertrag wurde am 4. April 1809 unter Dach und Fach gebracht. „Wir unterschriebenen Maire und Adjunkt mit Vorwißen und Begenehmigung des Municipal Raths der Gemeinde Schmalbroich Mairie Kempen verkaufen hierdurch, und Kraft dieses der hiesigen Judenschaft folgendes Stück Gemeinheits Grund, um darauf einen Kirchhof zu ihrer Beerdigung einzurichten, und zwar unter folgenden Bedingnißen: 1. Verkaufen nämlich Wir Maire und Adjunkt ein Stück Gemeinheits Grund von einem halben Morgen gelegen ohnweit der Landstraß, so von Kempen auf Öd gehet, einerseits Grünles Hof, andererseits den dortigen Domanial Busch, und welches Stück auch wirklich zu einem halben Morgen abgemessen worden ist, wes Endes die Judenschaft einen Stüber für Vermeßungs Kösten per Ruthe zu zalen hat.2. Wird ausdrücklich hiermitt vorbehalten, und conditionniert, auf Kösten der Judenschaft eine Maur um diesem Stück zu ziehen, welche fünf Fuß hoch sein müsste, aber außer der Maur einen Graben von drei Fuß breit aufzuwerfen. 3. Ist die Kaufsumme festgesezt auf 150 Francs, welche alsofort zu Händen des Empfängers Henrich Goertsches ausbezalt werden solde. 4. Schließlich wird noch erinnert, dass zwar
bunter 27ten Februar 1808 bei der Regierung die Autorisation zu
Verkaufung des Stückes nachgesuchet worden, inmittels bis auf die
heutige Stunde nicht erfolget wäre, auch schwerlich erfolget wird, weil
die Regierung zu solchen Verkäufen nicht gern einwilliget, auch übrigens
mit zu vielen Formalitäten verknüpfet ist, um desfalls fernere
Sollicitationen einzulegen, so wird hiermitt ausdrücklich vorbehalten,
daß falls frühe oder spät dieser Verkauf von der Regierung umgestoßen
werden sollte, alsdann die Judenschaft verpflichtet sein solle, gegen Rückbezahlung
der Kaufschillingen diese Stück an der Gemeinde hinwiederum abzustehen,
und liegen zu lassen.“ Der jüdische Friedhof in
Kamperlings in der Nähe der Oedter Straße, heute an der Breslauer Straße
Ecke Grünkesweg gelegen, beherbergt 94 Grabsteine aus der zeit zwischen
1845 und 1944. Herausragend sind die Grabsteine der Familie Kounen, fünf
Granitstelen von gleicher Form, aber mehr oder weniger aussagekräftiger
Inschrift. Die beiden rechten Steine, die der Krefelder Steinmetz Wolff
geschaffen hat, erinnern an Esther (1816 – 1894) und Isaac Kounen
(1810 – 1886). Isaac Kounen war einer der wohlhabendsten Kempener
Juden, Besitzer einer Seidenmanufaktur, zudem lange Jahre in der
Stadtverordnetenversammlung tätig. Die Inschriften loben die außerordentliche
Frömmigkeit, die Stiftertätigkeit und das besondere Engagement im
Sinne der Zedeka des kinderlosen Ehepaares. Isaac Kounens unermüdliches
Studium der Thora wird herausgehoben. Sehr selten auf jüdischen
Grabsteinen ist die Bezeichnung der Frau als Kohenet, als
„Priesterin“: „ Als Kohenet geboren, ward sie einem Kohen zugeführt,
darum auch sind ihre Hände zum Segen ausgebreitet“. Der Kempener jüdische Friedhof wurde während der NS-Zeit stark in Mitleidenschaft gezogen und Anfang der 1970 Jahre von der Kommune wiederhergerichtet. Im November 1968 wurde der jüdische Friedhof in Oedt nach Kempen verlegt: die Gebeine von 25 Toten in 19 Gebeintruhen sowie die Grabdenkmäler kamen nach Kempen. Neben Kounen betreffen weitere Namenshäufungen die Familien Lambertz, Winter (darunter der bekannte Rechtsanwalt Dr. Karl Winter u. Familie, Goldschmidt und Rahm. Viele Grabsteine sind hebräisch und deutsch beschriftet, teilweise auf Vorder- und Rückseite. Ein mehrmals gebrauchtes Zeichen sind die „Zwei Hände“. Häufig tragen die Grabsteine einen Spruch aus der Thora oder auch weitere Sprüche, wie z.B. „Erst Verlorenes wird Erworben / Ewig lebt dir nur Gestorbenes“ Nach jüdischer Sitte werden
auf den Gräbern keine Blumen gesetzt. Grabfeldeinfassung existieren
nur ganz vereinzelt, die stelenartigen Steine (meist Sandstein,
teilweise Granit u.a.) sind zu mehreren Gruppen
bzw. „Reihen“ in einer baumbestandenen Grünfläche
zusammengefasst. Die ehemalige Einfriedungsmauer ist nicht mehr
vorhanden. Als Zeugnis des jüdischen Lebens und seiner wechselvollen Geschichte ist der jüdische Friedhof bedeutend für die Geschichte der Menschen und für Kempen. An seiner Erhaltung besteht aus Wissenschaftlichen, hier geschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. In Bezug auf die Gestaltung der Grabsteine und die Texte ihrer Inschriften kommen künstlerische und religionsgeschichtliche Gründe hinzu. Die Voraussetzung des § 2 (1) Denkmalschutzgesetz für eine Eintragung in die Denkmalliste sind daher gegeben. Der Friedhof bildet im Sinne dieses Gesetzes in seiner Gesamtheit ein Baudenkmal, mit den historischen Grabsteinen als konstituierenden und schützenswerten substanziellen Bestandteilen.
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