Denkmale in der Stadt Kempen

Lfd.-Nr. 259

 

Standort:

Thomasstraße 1, D 47884, Kempen

GPS:

5122' 01,7" N   06o 25' 30,0" O

Zuständigkeit:

Stadt Kempen

Baujahr:

1926

Tag der Eintragung als Denkmal

1. Februar 2001

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

ehem. städtisches Betriebsamt in Kempen

        

Denkmalbeschreibung:

Baujahr:            1926ff

Architekt: Städt. Bauamt Kempen

Das ehem. städt. Betriebsamt der Stadt Kempen befindet sich östlich des Altstadtkerns, zu Beginn der Thomasstraße direkt am Bahnhof (heute im Denkmalbereich 2, Ringstraße u. angrenzende Gebiete). Anders als die anderen, hinsichtlich ihrer Fluchtlinie älterer Gebäude seiner Straßenseite liegt es etwas zurück hinter einer kleinen offenen Grünfläche, womit es die Ecke zum Bahnhofsvorplatz aufweitet.

Die zugrundeliegenden Entwurfszeichnungen des Stadtbauamtes Kempen datiert vom Juli 1926. Eine 1928 publiziertes Foto zeigt den fertigen Bau. In den Bauakten sind verschiedene Vorstudien enthalten, darunter solche, die rechts anschließend an den Torbogen zum Betriebshof einen weiteren Neubau vorsahen, der wohl zum Betriebsamt zugehören sollte.

Außenbau

Es handelt sich um eine zweigeschossiges Backsteingebäude mit Werksteinsockel und einem hohen verschieferten Walmdach. Die Fassade besitzt vier mittig konzentrierte Fensterachsen, die von flachen Eckrisaliten flankiert werden. In den Eckrisaliten befindet sich jeweils ein Eingang mit einer hölzernen Eingangstür mit kleinem, ornamental gestalteten Sichtfenster (liegendes Quadrat und Raute, einander durchdringend). In klassizistischer Weise überfängt ein Dreieckgiebel die Türen; die Wandfläche darüber ist ohne Öffnungen gehalten. Fenster und Tüten besitzen Werksteingewände. Die vier Fensterachsen werden vertikal durch die dazwischenliegenden Brüstungsfelder mit einer ornamentalen Backsteinanordnung miteinander verbunden; die originalen Kreuzstockfenster sind erhalten. Kleine Kellerfenster haben noch ihre originalen Vergitterungen aus einem Kreuz mit einem zentralen Stern. Oberhalb der Fenster des Obergeschosses befindet sich in großen goldfarbenen (metallenen?) Einzel-Buchstaben die Aufschrift STÄDTISCHES BETRIEBSAMT.

Zum Dach hin werden die Eingangsrisalite und der überhöhte Mittelbau mit einem kräftigen Kranzgesims abgeschlossen. Das steile Schieferdach ist durch vier Dachgauben, die mit den Fensterachsen darunter korrespondieren, und noch einmal drei dreieckige Belichtungsöffnungen darüber gegliedert.

Rechts schließt sich eine rundbogige Durchfahrt zum ehem. Betriebshof (heute ein öffentlicher Parkplatz) an, in Form und Material (Backstein) dem Hauptgebäude angepasst. Sie ist Teil des Baudenkmals.

Die Schmal- und Rückseiten sind in entsprechender Weise gestaltet. Die Schmalseiten besitzen jeweils drei Fensterachsen. Die Rückseite hat anstatt der Echrisalite im Erdgeschoß fünf Fenster und (seitlich) einen Hinterausgang, im Obergeschoß vier mittige Fenster, die mit denen darunter regelmäßige Achsen ausbilden. Ferner befindet sich im Obergeschoß ein  Austritt jüngeren Datums vor einer hierfür eingebrochenen Fenstertür. Sowohl die seitlichen als auch die rückwärtigen Dachflächen sind wie die vordere mit Dachgauben und dreieckigen Öffnungen besetzt.

Innenräume

Da die Planzeichnung vom Juli 1926 im Äußeren dem heute vorhandenen Baubestand entspricht, kann davon ausgegangen werden, dass auch die dort dargestellte Innenraumaufteilung so ausgeführt wurde, Dies ist von Bedeutung, da die Nutzung der einzelnen Räume sich im Laufe der Zeit geändert hat; die grundlegende Grundriss- und Raumstruktur blieb dabei  jedoch unverändert).

Während der linke Eingang mit dem dahinter liegenden Treppenhaus der internen Erschließung diente, war der rechte Eingang wohl der Publikumseingang. Er führt nämlich über einige Stufen lediglich in das etwas erhöht liegende Erdgeschoss, in dem sich zentral eine Buchhaltung- und Kassen- „Halle“ befand. Davor diente ein kleinerer Raum laut Planzeichnung als „Schalter“; zu ihm führt durch eine doppelflügelige Tür der genannte Publikumseingang. Die beiden nach vorne gelegenen Räume sind im Plan als „Ausstellung“ und „Direktor“ bezeichnet. Auffallend am Grundriss des Erdgeschosses ist ferner, dass kein Flur dir Räume erschließt, sondern dass diese direkt neben oder hintereinander geschaltet sind, bzw. dass der interne Bereich der Kassenhalle als Verteiler dient. Dies ist im Obergeschoss anders gelöst, wo ein mittlerer Flur die Räume beidseitig bedient. Hier befand sich ausweislich der Planzeichnung ursprünglich eine Wohnung, später wurden hier Büroräume  eingerichtet. Das Treppenhaus mit der originalen, gerade gegenläufigen Treppe öffnet sich wieder mit einer doppelflügeligen Tür mit Glaseinsätzen und Oberlicht zu diesem Flur. Ein mittlerer Raum im Obergeschoss wird durch eine große Schiebetür erschlossen.

Denkmalwert

Als ehem. städt. Betriebsamt(Verwaltungsgebäude der Stadtwerke) ist das Gebäude Thomasstraße 1 bedeutend für Kempen, da sich in ihm etwa sieben Jahrzehnte ein wesentlicher Teil einer zentralen Infrastruktureinrichtung der Stadt befand, die von moderner städtischer Verwaltung und Daseinsfürsorge zeugt.

Es ist ein substantiell weitgehend original erhaltenes Beispiel des traditionalistischen Bauens der zwanziger Jahre, wie es häufig von öffentlichen Bauverwaltungen gepflegt wurde. Vor allem durch den Backstein sollte eine „Landschaftsbindung“ hergestellt werden, die aber mit modernen sachlichen Baukörperformen verbunden ist. Einzelne Detail- und Schmuckelemente (Fenstergitter, Türen) besitzen zeittypische Andeutung expressionistischer Formen, die Giebel über den Eingängen und das kräftige Kranzgesims unterstreichen aber die eher strenge Grundhaltung des Gebäudes. Dieses Zurückgehen auf eine klassizistisch - biedermeierliche Strenge und Schlichtheit ist kennzeichnend für diese Architekturströmung(„Um 1800“ hieß ein seinerzeit weit verbreitetes Buch mit vorbildhafter Wirkung). Ebenso charakteristisch  ist die baukörperprägende Funktion des großen Daches mit seinen gliedernden Gauben und Öffnungen.

Wie verbreitet dieser Stil bei den lokalen Architekten war, ist der öffentlichen Bauverwaltung und bei freien Architekten gleichermaßen, zeigt die u.g. Veröffentlichung über die zeitgenössische Bautätigkeit im Kreis Kempen, innerhalb derer auch das städt. Betriebsamt als ein vorbildlicher Neubau vorgestellt wurde.

Da es sich um ein weitgehend original erhaltenes, charakteristisches Beispiel einer wichtigen, Architekturströmung der zwanziger Jahre handelt, besteht aus wissenschaftlichen, besonders architekturgeschichtlichen Gründen an seiner Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse. Als Zeugnis des eigenen Bauschaffens der Stadt und als langjähriges Verwaltungsgebäude einer für das moderne städt. Gemeinwesen wichtigen Einrichtung wie der Stadtwerke besteht ferner aus ortsgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Erhaltungs- und Nutzungsinteresse. Die bewusste Gestaltung der markanten städtebaulichen Situation des Bauplatzes durch die zeittypische („Licht, Luft, Sonne“) Aufweitung der Ecke Thomasstraße 1/ Am Bahnhof gibt dem Gebäude schließlich auch städtebaugeschichtlich und städtebaulich eine besondere Dimension. Es steht damit für eine weitere Zeitebene in der baulichen Entwicklung Kempens, die im Falle der Ringstraße und der in sie mündenden Seiten- bzw. Ausfallstraßen (auch der Thomasstraße) ja eigentlich noch durch ältere städtebauliche Strukturen des 19. Jahrhunderts geprägt ist. Das ehem. Städtische Betriebsamt der Stadt Kempen, Thomasstraße 1, ist bedeutend für Kempen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen, insbesondere Architektur-, ort- und städtebaugeschichtlich sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse.