Denkmale in der Stadt Mönchengladbach

 Nr. K 095

 

Standort:

Konstantinstraße 303,  D 41238 Mönchengladbach - Giesenkirchen

GPS:

5109' 16,2" N   06o 29' 52,4" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

1907

Tag der Eintragung als Denkmal

18. Mai 2010

Quellenhinweis:

Teilbeschreibung der Denkmalbehörde

 

 

 

 

Industriekomplex in Mönchengladbach - Giesenkirchen

    

Denkmalbeschreibung:  

Das Objekt liegt an der Konstantinstraße östlich des Ortskerns zwischen Dycker Schelsen und Giesenkirchen. Westlich davon liegt in einer Parkanlage die früher dazugehörige Unternehmervilla Haus Langmaar.

Nördlich der heutigen Konstantinstraße, die früher Hauptstraße hieß, liegt die orthogonal organisierte Fabrikanlage der ehemaligen Baumwollspinnerei "Pferdmenges & Scharmann" mit den früheren Funktionselementen der Verwaltung, der Krafterzeugung und der Produktion.

Der zeitliche Rahmen des Baubestandes reicht von 1907 (vermutlich Schornsteinunterbau, ggf. Shedzonen) bis in die 1940/50er Jahre. Inschriftlich durch Aufschrift datiert ist lediglich das ehemalige Verwaltungsgebäude, dessen Funktion aber vermutlich sowohl ursprünglich als auch im Laufe seiner Geschichte vielfältiger gewesen sein könnte.

Verwaltungsgebäude Der zur Straße giebelständige, zweigeschossige Backsteinbau unter steilem Satteldach zeigt werksteingerahmte, querrechteckige Fensteröffnungen und zur Konstantinstraße hin ein eingetieftes, mit Halbrundprofil in Werkstein überfangenes Portal. Die Holztür ist selbst zweiflügelig in Formen des Neo-Rokoko nach Art des Breuhaus - de Groot. Westlich anschließend in gleicher Form eine kleinere Türöffnung, daran anschließend ein Okulus. Das steile Satteldach in Nord-Südrichtung wird an der Ostseite geschnitten von einem über dem Seiteneingang angeordneten Zwerchgiebel mit einfachem Backsteingesims, belichtet wiederum von einer sandsteingefassten Fenstergruppe. Nach Westen schließt sich ein eingeschossiger, traufenständiger langer Flügelbau, parallel zur Konstantinstraße gelegen, an. Das Satteldach wird durchbrochen von einer langen, flach gedeckten Schleppgaube. Kesselhaus

Zur Genese der die Hofseite im Norden begrenzenden und der Energieerzeugung dienenden Bauten liegen keinerlei Aktenunterlagen vor. Vermutlich handelt es sich um Ersatzbauten nach Kriegszerstörungen, Daten hierzu sind nicht bekan

Maschinenhaus Die Front des Maschinenhauses ist von einer verblüffend modernen, puristischen Anmutung geprägt. Auf den ersten Blick könnte man hier einen der klassischen Meister der Moderne als Entwurfsverfasser vermuten. Die vollkommen ebene Backsteinfläche wird von zweimal drei schmalhohen, großen Rundbogenfensteröffnungen stereometrisch glatt durchschnitten - eine Lakonik und ein Minimalismus, wie er in diesem Zusammenhang verblüffen muss. Zur Genese dieser Fassade ist nichts bekannt. Erkennbar ist sie aber in zwei Bauabschnitten entstanden. Eine senkrechte Trennlinie scheidet Backsteinflächen von leicht unterschiedlicher Farbgebung und Textur. Für den Passanten ist dieser kompromisslose Kubus das am meisten ins Auge fallende Element der gesamten Fabrikanlage, eine Fassade von nahezu festlich zu bezeichnendem Charakter. Hinter dieser hochgezogenen, vereinheitlichenden Wandscheibe  verbergen sich zwei Teile der ehemaligen Maschinenhalle unter je einem eigenen Satteldach..

Shedhalle An das Maschinen- oder Turbinenhaus nach Osten bzw. an den Winkelbau nach Norden anschließend folgt eine Shedhalle der ehemaligen Spinnerei Pferdmenges & Scharmann. In seiner heutigen Gestalt haben sich neun Shedstaffeln erhalten. Ihre Konstruktion zeigt gusseiserne Stützen mit Doppel-T-Profilträgern, auf denen Holzsparren aufliegen, die die Dachfläche sowie die nach Norden ausgerichteten Fensterzonen tragen. Die Guss-Stützenköpfe zeigen Flansche für die Transmissionseinrichtungen, die vor Einführung des Maschineneinzelantriebs durch Elektromototen nötig waren, um die Kraftübertragung vom zentralen Antrieb der Dampfmaschine zu den einzelnen Arbeitsmaschinen zu ermöglichen.

Zweigeschossiger Winkelbau als Nord- und Ostbegrenzung des Werkhofes Ebenfalls von hoher und der Moderne in der Architektur des 20. Jh. bestimmter Qualität ist der schmale, zweigeschossige Winkeltrakt von geringer Gebäudetiefe, der die Hälfte der Nord- sowie der Ostseite  des Werkhofes begrenzt. Auch hier sind in die glatte Backsteinfläche bündig rechtwinklig begrenzte Fensteröffnungen eingeschnitten. Im Norden sind sie im 1. OG paarweise gruppiert, nach Osten in gleichmäßigen Abständen  mit jeweils größeren Öffnungen im EG. Sie bilden hier mit der Architektur der 1920er Jahre und den Ergänzungsbauten, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind, ein nach Material und Formgebung überzeugendes Ensemble

Begrenzungsmauer im Süden des Werkhofes Von historischem Wert  ist die in einem Viertelkreis zur Werkseinfahrt einschwenkende, etwa mannshohe Begrenzungsmauer. Wohl gegenüber einer älteren Mauer um sechs Steinlagen erhöht, zeigt sie auf der Hofinnenseite Einrichtungen, die man als Elemente (Tröge oder Tränken) des früheren Betriebs mit Pferdefuhrwerken bezeichnen könnte.

Der Name der alteingesessenen Familie Pferdmenges ist in Zusammenhängen der Textilindustrie bereits im frühen 19. Jh. ein fester Begriff. Auf der Basis einer 1846 erworbenen Mehl-, Öl- und Bauholzmühle, die zu Schloss Rheydt gehörte, gründete Johann Heinrich Pferdmenges 1865 eine mechanische Weberei unter dem Namen "H. Pferdmenges jr." Mit englischen Maschinen produzierte er Anzug- und Hosenstoffe und erweiterte 1875 den Betrieb mit dem Bau einer neuen Weberei und Färberei sowie Anlagen für den Dampfmaschinenbetrieb. Bis 1968 bestand der Betrieb, der dann in der "Mechanischen Seidenweberei Viersen" aufging. 1907 gründete ein anderes Familienmitglied, Heinrich Pferdmenges, einen Betrieb, der zunächst unter "Pferdmenges & Keller", später als" Pferdmenges & Scharmann" firmierte. Standort dieser Neugründung war das damals noch vorwiegend agrarisch dominierte Giesenkirchen. Um das Areal an der damaligen Hauptstraße 175 zusammenzubekommen, vermittelte die Gemeindeverwaltung den Verkauf von Privat- und Kirchenland. Eine gewisse textile Basis fand das neugegründete Unternehmen vor: neben dem Ziegelbrennergewerbe florierte in Giesenkirchen die Hausweberei.

Um 1880 war mit 384 Webern dieses Gewerbe mit Prozent an der Wohnbevölkerung beteiligt, im benachbarten Schelsen waren von 1404 Einwohnern 205 tätig zehn waren. Im Einklang mit der allgemeinen Wirtschaftsgeschichte brach 1864 in Giesenkirchen das Industriezeitalter in der Weberei beschäftigt. In beiden Gemeinden waren es vorwiegend Strumpfweber, die in Heimarbeit an, als nach der Gründung der Fa. "Bresges" in Zoppenbroich die ersten Heimarbeiter zu Fabrikarbeitern wurden. In der Folge siedelten sich auch in Giesenkirchen selbst Textilfabriken an: 1897 die Wollspinnerei "Otto Klöters" an der Konstantinstraße und 1898 die Spinnerei und Färberei "Mühlen, Pelzer & Co." Die dritte Fabrikgründung im Jahre 1907 in Giesenkirchen war dann "Pferdmenges & Scharmann". Beschäftigtenzahlen lassen sich für das Jahr 1962 mit 500 Beschäftigten angeben. 1969 waren es noch 350-400, also eine beträchtliche Größenordnung für Giesenkirchen. Die Anlage ist in bauhistorisch und dokumentatorisch gutem bis ausreichendem Zustand erhalten und in ihren historischen Funktionen und funktionalen Betriebsabläufen klar ablesbar.  

Nach Aufgabe des ursprünglichen Produktionszweckes wurde die Anlage seit Jahrzehnten zu großen Teilen sinnvoll und denkmalverträglich genutzt. Die Unterschutzstellung steht diesen Absichten in keiner Weise im Wege.

Bei den o. g. Bauteilen handelt es sich um ein Denkmal im Sinne des § 2 DSchG NW. An der Erhaltung und Nutzung der Anlage besteht ein öffentliches Interesse. Das Objekt ist bedeutend für die Geschichte des Menschen und für Städte und Siedlungen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht ein öffentliches Interesse aus wissenschaftlichen, insbesondere künstlerischen Gründen.