Denkmale in der Stadt Wegberg

Lfd.-Nr. 162

 

Standort:

In Beecker Bissen 9, D 41844 Wegberg - Bissen

GPS:

5107' 32,2" N   06o 19' 02,2" O

Zuständigkeit:

Privat

Baujahr:

19. Jahrhundert

Tag der Eintragung als Denkmal

11. Dezember 1997

Quellenhinweis:

Beschreibung der Denkmalbehörde

 

 

Wohnhaus in Beecker Bissen

Denkmalbeschreibung:

Im Jahre 1910 wurde ein Plan zu einem projektierten Wohnhaus für den Eigentümer erstellt. Der Plan ist beim Eigentümer, einem Nachfahren des Erbauers erhalten.

Es war ein giebelständiger Hauptbaukörper über quadratischem Grundriss mit großzügigem Treppenhaus und von hier erschlossenen drei Wohnräumen geplant. Von der Straße etwas zurückliegend sollte ein traufständiger Anbau mit Toreinfahrt angebaut werden. Das Mansarddach erlaubte einen fast zweigeschossigen Ausbau, wobei sich straßenseitig sogar im Spitzboden noch Kammern befanden. Die Giebelfassade gliederte sich in zwei eng bei einander liegenden Achsen, zu denen auch die Eingangsachse gehörte und eine mit etwas größerer Fensteröffnung. Die trapezförmige Giebelfläche des Dachgeschosses war metrisch aufgeteilt. Über der Hofeinfahrt war eine Schleppgaube geplant. Die Gartenseite nahm die Formen der Straßenfassade auf. Hier wechselt nur die Anordnung: die breitere Achse wurde hier durch die das Treppenhaus kennzeichnenden Fenster gebildet. In der Traufseite durchbrach ein Quergiebel die Mansardenfläche. Den Dachraum belichteten Fledermausgauben.

Das fast zweigeschossige verputzte Gebäude mit Ziegelsteinsockel und Mansardendach wurde 1911-12 vom Großvater des heutigen Besitzers errichtet. Es erhielt tatsächlich einen eingeschossigen vierachsigen Anbau, der in Backstein ausgeführt wurde. Die Fenster sind mit Rolläden mit verzierten Zinkabdeckungen der Bauzeit verschließbar. Die Haustür und die Fenster sind, der Entstehungszeit entsprechend, holzsichtig lackiert und ebenfalls mit Zierrat aus der Zeit kurz vor dem ersten Weltkrieg versehen. Die Fassaden und Innenraumgestaltung weist einen für seine Lage erstaunlichen städtischen Charakter auf. Das Gesims ist unterseitig kassetiert, der Flur mit sehr schöne Jugendstilkacheln beleg und darüber stuckiert. Der Stuck in den Räumen nimmt bereits die Formen des Art Deco auf. Die Räume im Erdgeschoß sind, wie für solche Häuser zu erwarten, im reicher dekoriert als die im Obergeschoß. Auch hier findet sich noch Stuck an. In dem linksseitigen Backsteinanbau befand sich ursprünglich ein „Tante Emma Laden“. Dieser Laden wurde vom Bauherrn, einem Landwirt, Lebensmittelimporteur und –händler betrieben. Er versorgte die ersten Rheydter Genossenschaften mit Lebensmitteln. Einige Kunden des Erbauers lebten in Berlin. Hier lernte der Bauherr den modernen städtischen Wohnbau kennen und übertrug ihn nach Wegberg- Bissen. Sein Sohn führte den Lebensmittelgroßhandel fort, bis der Strukturwandel auch auf diesem Gebiet mittelständischen Betrieben die Existenz unmöglich machte.

Die Feststellung des öffentlichen Interesses für den Denkmalwert nach DSchG NW gründet sich auf folgende Beurteilungskriterien:

-         Die Ortsbesichtigung erbrachte:

1.      Das Objekt ist nicht als Denkmal im Ensemble aufzufassen, da es ohne jeden Zusammenhang mit ensemblebildenden Bauwerken steht.

2.      Sowohl die ursprüngliche Fassadengestaltung als auch die innere Aufgliederung und Dekoration ist nachvollziehbar. Der Betrieb fügt sich trotz seiner Modernität in das Baugefüge von Bissen ein.

3.      Die Untersuchung der betreffenden Archivalien lieferte folgende im § 2 aufgelistete Bedeutungsinhalte. Das Objekt ist ortsgeschichtlich für Wegberg bedeutend und durch seinen Bauherrn und Nutzer auch für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse. Es handelt sich um ein weiteres Objekt in der Reihe der Wegberger Unternehmervillen mit angeschlossenem Gewerbebereich. Es ergänzt den Überblick an Bauten vom 18. bis 19. Jahrhundert um eines aus dem Anfang dieses Jahrhunderts. Die für ländliche und kleinstädtische Bereiche häufigere Kombination des bäuerlichen Anwesens mit einem kaufmännischen Gewerbebetrieb ist hier noch relativ ablesbar dokumentiert. Das Wohnhaus selbst ist fast unberührt über die Wirren des Zweiten Weltkrieges gelangt, wie der Vergleich mit der Planung und alten Fotos nachweist.

Als typische Gestaltung der Zeit zwischen Jahrhundertwende und Erstem Weltkrieg liegen die für ein öffentliches Interesse an der Erhaltung und Nutzung eines Denkmals vom Gesetz geforderten wissenschaftlichen, hier insbesondere bauhistorische, Gründe vor. Die heute nicht mehr übliche Mischung von landwirtschaftlichem- und gewerblichen Betrieb begründet das öffentliche Interesse nach Denkmalschutzgesetz volkskundlich und seine Lage und Integration in den Bestand städtebaulich.